Strauchelnder Gasversorger |
11.07.2022 17:51:00
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Uniper-Aktie fällt: Weiterhin Unklarheit um Stabilisierungsmaßnahmen - Finnland gegen weitere finanzielle Hilfe an Uniper durch Fortum - Uniper leidet unter drohendem Gasstopp
Hauptaktionär von Uniper ist der finnische Energieversorger Fortum, der rund 80 Prozent des Grundkapitals hält, und der wiederum zu etwas mehr als 50 Prozent dem finnischen Staat gehört. Fortum schlug am Freitag eine Restrukturierung Unipers vor - mit dem Ziel, eine Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes zu gründen. "Wir glauben, dass eine Neuordnung des Geschäftsportfolios von Uniper, also eine Bündelung der systemkritischen deutschen Geschäftsbereiche, die akuten Probleme langfristig am besten lösen kann", sagte Fortum-Finanzchef Bernhard Günther.
Eine Entscheidung für konkrete Maßnahmen der Bundesregierung bei Uniper gab es am Freitag nach Angaben aus Regierungskreisen noch nicht. Ein milliardenschwerer Einstieg des Bundes bei Uniper über eine Beteiligung beim Eigenkapital sei möglich. Denkbar sei aber auch ein Mix mit der Möglichkeit, dass Uniper hohe Preissteigerungen beim Gaseinkauf an die Kunden weitergebe.
Die Bundesregierung werde die Option wählen, die für den deutschen Steuerzahler die beste und günstigste und für die Versorgungssicherheit die sicherste sei, hatte Habeck gesagt. "Wir können nicht sagen, nur, weil was jemandem anders gehört, halten wir uns da komplett raus. Ich habe eine Verantwortung für die Energiesicherheit in Deutschland und der muss man sich stellen", sagte er nun dem Deutschlandfunk. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Uniper Unterstützung zugesichert.
Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, bezeichnete finanzielle Unterstützung des Bundes für Uniper als "zwingend". "Trotz der Dramatik müssen aber die Bedingungen für Staatsmilliarden stimmen", sagte Bartsch. "Der Einstieg darf nicht zulasten von Verbrauchern und Beschäftigten erfolgen."
Uniper steht als größter deutscher Gasimporteur nach der starken Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 schwer unter Druck. Die Firma muss teures Gas einkaufen, um Verträge mit seinen Kunden bedienen zu können. Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert mehr als hundert Stadtwerke und Industriefirmen.
"Höhere Beschaffungspreise dürfen nicht auf die Verbraucher umgelegt werden", sagte Bartsch. "Hier braucht es einen Gaspreisdeckel, eine unbefristete Schutzklausel." Zudem forderte der Linken-Fraktionschef einen Schutz für die Beschäftigten. "Uniper darf keine Lufthansa 2.0 werden. Was fahrlässig zugesagte Milliarden des Bundes anrichten, erleben in diesen Tagen Hunderttausende Flugreisende."
Das Hilfegesuch von Uniper sei keine Überraschung gewesen, sagte Habeck im Deutschlandfunk-Interview. "Wir sind mit allen Versorgungsunternehmen in intensiven Gesprächen. Wenn ich täglich sage, untertreibe ich." Er schloss nicht aus, dass auch andere Energieversorger noch um Hilfe bitten - Uniper sei nur wegen seines großen Anteils an russischen Gaseinkäufen zuerst und am stärksten in Schieflage geraten.
Bundesregierung: Um zeitnahe Lösung für Uniper bemüht
Die Bundesregierung bemüht sich um eine zeitnahe Lösung für eine Stabilisierung des angeschlagenen Energieversorgers Uniper. Das sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin. Einzelheiten nannte sie nicht. Eine Regierungssprecherin wollte keine Stellung dazu nehmen, dass die finnische Regierung keine Hoffnung darauf gemacht hatte, dass sich Unipers Mehrheitsaktionär Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den deutschen Energiekonzern weiter beteiligt.Als Fortums Mehrheitseigner sehe die finnische Regierung es für den Konzern nicht als möglich an, mehr in Uniper zu investieren, sagte Europaministerin Tytti Tuppurainen, die auch die finnischen Staatsbeteiligungen beaufsichtigt, der finnischen Nachrichtenagentur STT.
Uniper hatte bei der Bundesregierung am Freitag einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Habeck hatten dem Unternehmen Unterstützung zugesagt.
Habeck hatte gesagt, er wolle die Uniper-Eigentümer in die Pflicht nehmen: "Es gehört ja jemandem, auch jemandem, der solvent ist und der stützen kann", sagte der Grünen-Politiker am Wochenende dem Deutschlandfunk.
Finnland gegen weitere finanzielle Hilfe an Uniper durch Fortum
Anders als die Bundesregierung macht die finnische Regierung keine Hoffnung darauf, dass sich Unipers Mehrheitsaktionär Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den strauchelnden deutschen Energiekonzern weiter beteiligt. Als Fortums Mehrheitseigner sehe die finnische Regierung es für den Konzern nicht als möglich an, mehr in Uniper zu investieren, sagte Europaministerin Tytti Tuppurainen, die auch die finnischen Staatsbeteiligungen beaufsichtigt, der finnischen Nachrichtenagentur STT. Fortum habe sein Engagement bereits gezeigt. Der finnische Staat hält gut 50 Prozent der Fortum-Aktien.
Dem finnischen Konzern gehören wiederum rund 78 Prozent an Uniper. Fortum hat seinem deutschen Ableger bereits rund vier Milliarden Euro als Barmittel und nochmal genauso viel als Garantien zu Verfügung gestellt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Eigentümer hingegen in die Pflicht nehmen: "Es gehört ja jemandem, auch jemandem, der solvent ist und der stützen kann", sagte der Grünen-Politiker am Wochenende dem Deutschlandfunk.
Die Fortum-Aktie verlor an der Börse in Helsinki am Montag mehr als vier Prozent. Auch für die Uniper-Aktie ging es am Morgen abwärts. Eineinhalb Stunden nach Handelsbeginn lag ihr Kurs mit rund 8 Prozent im Minus bei 10,03 Euro. Dabei dürfte auch die am Montag erfolgte Abschaltung der Gaspipeline Nord Stream 1 bei den Anlegern auf die Stimmung drücken. Vorerst handelt es sich nur um einen geplanten Wartungsstillstand. Allerdings ist ungewiss, ob Russland die Lieferung nach der mehrtägigen Pause wieder aufnehmen wird.
Uniper hatte bei der Bundesregierung am Freitag einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt. Der Düsseldorfer Konzern muss wegen der reduzierten russischen Gaslieferungen Gas am Markt zukaufen. Die Kosten dafür kann der Konzern jedoch bislang nicht an seine Kunden weitergeben, was bei Uniper zu Liquiditätsproblemen führt./lew/stw/mis
Uniper-Aktie leidet unter drohendem Gasstopp - Auch Fortum-Aktie schwach
Die Aktien von Uniper sind am Montag angesichts der Sorgen über die weitere Gasversorgung aus Russland ans MDAX-Ende abgerutscht. Nach dem Antrag des strauchelnden Gasversorgers auf staatliche Unterstützung ist weiter unklar, wie diese genau aussehen wird. Die Bundesregierung bemühe sich um eine zeitnahe Lösung für eine Stabilisierung des angeschlagenen Energieversorgers, sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin. Einzelheiten nannte sie nicht.
Zuletzt büßten die Uniper-Papiere im XETRA-Handel 14,42 Prozent auf 9,345 Euro ein. Damit näherten sie sich nach der jüngsten Stabilisierung wieder ihrem am vergangenen Dienstag markierten Rekordtief von 9,245 Euro. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar steht für die Aktie aktuell ein Wertverlust von fast 70 Prozent zu Buche. Der Index der mittelgroßen deutschen Börsenunternehmen hat in diesem Zeitraum 18 Prozent nachgegeben. Uniper war erst 2016 durch die Abspaltung vom Energiekonzern EON SE entstanden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will bei der Rettung des Unternehmens auch dessen Hauptaktionär Fortum in die Pflicht nehmen. Fortum schwebt hingegen eine Umstrukturierung Unipers vor, mit dem Ziel, eine Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes zu gründen. Der finnische Konzern hat seinem deutschen Ableger bereits rund vier Milliarden Euro als Barmittel und nochmal genauso viel als Garantien zu Verfügung gestellt.
Der finnische Energieversorger hält 78 Prozent des Uniper-Grundkapitals und gehört selbst wiederum zu etwas mehr als 50 Prozent dem finnischen Staat. Dabei machte die finnische Regierung am Wochenende keine Hoffnung darauf, dass sich Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den strauchelnden deutschen Energiekonzern weiter beteiligt. Die Fortum-Papiere sackten an der Börse in Helsinki um 2,3 Prozent ab.
Andere Energieversorger zeigten sich von den jüngsten Ereignissen weniger beeindruckt: Im DAX verloren Eon und RWE zu Wochenbeginn mit einem beziehungsweise einem halben Prozent vergleichsweise wenig. Der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Utilities war in der Sektorwertung eine positive Ausnahme in einem weiter eingetrüben Aktienmarkt-Umfeld. Auch europäische Branchenvertreter wie Enel und Iberdrola SA hielten sich im Eurozonen-Leitindex EURO STOXX 50 ganz ordentlich.
Die Uniper-Pressekonferenz am vergangenen Freitag habe wie erwartet gezeigt, dass die Unternehmensführung mit einer Kapitalspritze ein schlechteres Kreditrating vermeiden wolle, kommentierte Analyst Vincent Ayral von der US-Bank JPMorgan. Die Höhe einer Unterstützung werde davon abhängen, ob nach der am heutigen Montag beginnenden, zehntägigen Wartungspause wieder russisches Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland fließen werde. Angesichts der aktuellen Gaspreise drohe Uniper bis Jahresende ein Verlust von über zehn Milliarden Euro, falls es die höheren Preise nicht zeitnah an die Kunden weitergeben könne. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire bereitet sich laut einem Agenturbericht auf eine vollständige Kappung russischer Gaslieferungen vor.
Bernstein-Analystin Deepa Venkateswaran hob bei Uniper die noch fehlenden Einzelheiten eines Rettungsplans hervor. Unklar sei zudem, wie lange es dauern werde, bis die Bundesregierung Uniper bei den Gaspreisen unter die Arme greife und wie hoch der Schaden für die Aktionäre bis dahin ausfallen werde. Sie hält auch für ungewiss, ob die Bundesregierung Interesse an einer Komplettübernahme des Unternehmens oder - wie von Fortum offenbar gewünscht - der für Deutschland systemisch relevanten Teile hat.
Die Expertin bevorzugt Eon und RWE weiterhin gegenüber Uniper und Fortum. RWE sei nur begrenzt von russischem Gas abhängig und die jüngste Kursentwicklung eine Überreaktion auf Unipers Probleme. Die aktuelle Krise stärke zudem den Status von RWE als deutscher Marktführer, der mit Kohlekraftwerken, Flüssigerdgas (LNG) und dem rasch wachsenden Portfolio mit erneuerbaren Energien zur deutschen Versorgungssicherheit beitrage. Bei Eon sieht Venkateswaran als größte Belastungsfaktoren die Miteigentümerschaft an Nord Stream 1 mit einem Buchwert von 750 Millionen Euro sowie den Einfluss von Forderungsausfällen auf die Margen im Falle einer Rezession.
Betriebsrat und ver.di stellen sich gegen Zerschlagung von Uniper
In der Debatte um die Zukunft des kriselnden Energieversorgers haben sich der Uniper-Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di gegen eine Zerschlagung des größten deutschen Gasimporteurs ausgesprochen. Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Harald Seegatz, warnte am Montag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, ein solcher Schritt bringe nur Unsicherheiten für die Beschäftigten. Besser als die Risiken in einer kleinen Einheit zu bündeln, sei es, das Risiko auf alle Unternehmenseinheiten zu verteilen.Zuvor hatte sich bereits ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz gegen den Vorschlag des finnischen Uniper-Mehrheitseigners Fortum ausgesprochen, Uniper zu restrukturieren und die systemkritischen deutschen Geschäftsbereiche in einer Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes zusammenzufassen. "Wir wollen vermeiden, dass der Mutterkonzern Fortum ausschließlich Risiken auslagert und an den Bund abgibt", sagte Schmitz dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". "In dem Fall würden wir in einen offenen Konflikt hineinlaufen."
Stattdessen solle sich der Bund lieber am gesamten Konzern beteiligen. "Dann hätte der Bund auch Gestaltungsmöglichkeiten für den Ausbau der erneuerbaren Energien und des Wasserstoffgeschäfts", sagte Schmitz.
Uniper steht als größter deutscher Gasimporteur nach der starken Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 schwer unter Druck. Die Firma muss teures Gas einkaufen, um Verträge mit seinen Kunden bedienen zu können. Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert mehr als hundert Stadtwerke und Industriefirmen.
BERLIN/HELSINKI/FRANKFURT/DÜSSELDORF/PARIS (dpa-AFX)
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