von Julia Groth, Euro am Sonntag

Es gab viele Marktphasen in den vergangenen Jahren, in denen sich Anbieter von Aktienfonds schwer taten, den Anlegern zu erklären, warum sie gerade jetzt in Aktien investieren sollten. Aktuell haben dieses Problem eher die Rentenfondsanbieter. Gesellschaften, die Wandelanleihefonds verkaufen, scheinen dagegen in einer anderen Welt zu leben: Geht es nach ihnen, ist quasi jeder Zeitpunkt ideal für ein Investment in ihre Produkte. So auch der jetzige.

"Im aktuellen Marktumfeld können Wandelanleihen eine intelligente Portfolio-Ergänzung sein", sagt Marc-Alexander Kniess, Manager eines Wandelanleihefonds bei der Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset & Wealth Management.

Die Eigenwerbung scheint zurzeit tatsächlich gerechtfertigt. Wandelanleihen, auch Convertible Bonds oder Convertibles genannt, bringen Anlegern wie normale Anleihen regelmäßige Zinszahlungen. Sie haben aber eine Besonderheit: Die Investoren können sie zu einem vorab bestimmten Zeitpunkt und Preis in Aktien des Unternehmens umwandeln, das sie ausgegeben hat. Die Papiere machen deshalb, so die Faustregel, zwei Drittel der Aufwärtsbewegungen am Aktienmarkt mit, aber nur ein Drittel der Abwärtsbewegungen. Wandler haben, so der Fachjargon, ein asymmetrisches Risikoprofil.

Das macht sich langfristig in der Wertentwicklung bemerkbar: Mit Wandelanleihen können Anleger im Schnitt bei geringerem Risiko eine höhere jährliche Rendite erreichen.
Zwei Gründe sprechen derzeit für Wandelanleihen: Erstens werfen herkömmliche Rentenpapiere kaum noch Rendite ab, und wenn die Zinsen wieder steigen, drohen ihnen Kursverluste. Zweitens könnte es an den Aktienmärkten in den kommenden Monaten auch eine Korrektur geben, vor allem in den USA.

"US-Aktien sind mittlerweile sehr teuer, und der Geldfluss der Notenbank schwächt sich allmählich ab", sagt Beat Thoma, Leiter des Portfolio­managements des auf Convertibles spezialisierten Schweizer Anbieters Fisch Asset Management. Fährt die US-Notenbank ihre Politik des billigen Geldes weiter zurück, könnten die Kurse kurzzeitig fallen. "Teuer bewertete Märkte sind anfällig für Korrekturen", sagt Thoma.

Mit Wandelanleihen bleiben Anleger über einen Umweg im Aktienmarkt investiert und sind gegen eventuelle Kursstürze zumindest teilweise abgesichert. Das ist besser, als sich vorübergehend ganz von Aktien zu verabschieden. Ob und wann die erwartete Korrektur kommt, ist nämlich unklar - das erschwert es, den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg zu erwischen. Zudem dürften auf lange Sicht die Kurse von US-Aktien weiter steigen, weil sich die amerikanische Wirtschaft erholt.

Zugleich schützen Wandler vor den Risiken steigender Zinsen. Im Lauf des Jahres dürfte die US-Notenbank den Leitzins anheben und damit die Kurse vieler Anleihen auf Talfahrt schicken. "Wandelanleihen sind die einzigen Anleihen, die einen Zinsanstieg kompensieren oder sogar überkompensieren können", sagt Frederik Hildner, Portfoliomanager beim Convertible-Spezialisten Salm-Salm & Partner. Sie haben meist eine kurze Laufzeit, ihre Kurse bleiben deshalb relativ stabil, wenn die Zinsen steigen. Zudem gewinnt die Aktienkomponente der Wandler an Wert, wenn sich die Konjunkturaussichten aufhellen - was vor einem Zinsanstieg meist der Fall ist.

In Europa dürften die Zinsen nach dem Willen der Europäischen Zentralbank (EZB) noch wesentlich länger auf einem Rekordtief bleiben, die europäischen Aktienmärkte werden unterdessen von der ultralockeren Geldpolitik der Notenbank getrieben. Ein Wandelanleihe-Investment ist aktuell also vor allem für Anleger interessant, die sich gegen Turbulenzen am amerikanischen Aktienmarkt absichern wollen. Investoren, die US-Aktien im Portfolio haben, rät Thoma von Fisch Asset Management derzeit sogar, den Großteil in US- Wandelanleihen umzuschichten.

Großes Angebot in den USA

Der Convertibles-Markt ist in den Vereinigten Staaten deutlich größer als in Europa, US-Wandelanleihen stellen über die Hälfte des weltweiten Volumens. Anleger haben dort eine entsprechend große Auswahl, obwohl das Emissions­volumen im laufenden Jahr bisher im Vergleich zu 2014 zurückgegangen ist.

Viele Neuemissionen stammten zuletzt aus der Hochtechnologie- oder der IT-Branche, berichtet Portfoliomanager Hildner. Im vergangenen Jahr machte etwa Elektroauto-Hersteller Tesla mit einer großen Wandelanleiheemission auf sich aufmerksam. Eine Tranche bietet einen Kupon von 0,25 Prozent und läuft bis 2019, die andere Tranche bietet 1,25 Prozent und ist 2021 fällig.

Im Januar dieses Jahres hat unter anderem SunEdison - das Unternehmen baut und betreibt Solarkraftwerke - eine Wandelanleihe mit Laufzeit bis 2022 und einem Kupon über 2,375 Prozent ausgegeben. "Die Solarenergiebranche ist wegen des gesunkenen Ölpreises zurzeit kein Boomsektor, bleibt mittelfristig aber spannend", erläutert Hildner. "Auch im Pharma- und im Immobiliensektor gibt es immer wieder interessante Wandelanleiheemissionen." Er versucht, seine Portfolios grundsätzlich breit über verschiedene Branchen aufzustellen.

Für Privatanleger ist das kaum möglich. Denn die Papiere sind meist nur in großen Stückelungen von 50.000 oder 100.000 Euro zu haben, ein ausreichend gestreutes Wandlerportfolio können die meisten Privatleute deshalb kaum zusammenstellen. Aufbau und Ausgestaltung der Papiere sind zudem komplex, und auf die Kurse wirkt eine Vielzahl von Einflussfaktoren.

Investment über Fonds

Wer sein Depot mit Convertibles diversifizieren will, sollte deshalb besser zu einem Wandelanleihefonds (siehe Investor-Info) greifen. Die Ergebnisse der Produkte können sich sehen lassen: In den vergangenen zwölf Monaten konnten global investierende Fonds durchschnittlich um rund 21 Prozent zulegen, seit Anfang Januar haben sie ein Plus von circa zehn Prozent erzielt.

Beim Kauf sollten Anleger allerdings genau hinschauen, denn die Produkte haben unterschiedliche Rendite-Risiko-Profile. Je nach Strategie des Managers können sich Convertible-Fonds eher wie Aktien- oder eher wie Anleihefonds verhalten, mit den dazugehörigen Renditechancen und Verlustrisiken.

Investor-Info

Wandler mit Vorsprung
Mehr Rendite, weniger Risiko

Anleger können auf längere Sicht mit einem Investment in globale Wandel­anleihen höhere Erträge erzielen als mit einer weltweiten Anlage in Aktien oder Unternehmensanleihen. Trotz der im Schnitt höheren jährlichen Rendite ist das Risiko bei den Wandlern geringer als bei einem Aktieninvestment.

M & G Global Convertibles
Bewährtes Dickschiff

Der Fonds investiert weltweit in Wandelanleihen, größtes Gewicht haben US-Titel. Mit einem Delta von 0,48 ist er aktuell eher defensiv aufgestellt. Die Kennzahl zeigt, wie stark Wandler auf Aktien­änderungen reagieren - bei 1,0 bewegt sich der Wandler im Gleichklang mit der Aktie der Firma.

Salm-Salm IG Convertibles
Solider Europa-Fan

Der Fonds hat den Schwerpunkt auf Europa, kann aber global investieren. Mit einem Delta von 0,55 agiert er etwas aggressiver als viele Konkurrenzprodukte. Die Performance ist kurzfristig etwas unterdurchschnittlich, über mehrere Jahre aber solide.

Fisch Int. Convertible Expert
Ausgewogenes Investment

Der Fonds investiert weltweit in Wandelanleihen und legt dabei ebenso wie der Fonds von Salm-Salm derzeit das Hauptgewicht auf Europa. Mit Delta 0,5 liegt der Fonds aktuell ­ausgewogen zwischen einem aktien- und einem ­anleiheähnlichen Investment.

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