Frage: Sie können in Ihrem Fonds zwischen Aktien und Anleihen wählen. Welche dieser Anlageklassen dürfte sich 2013 besser entwickeln?
Pulido: "Wir rechnen damit, dass Aktien in diesem Jahr die Anleihen schlagen werden. Ein Grund dafür ist die Erholung auf dem US-Häusermarkt. Schließlich hatte das Platzen der Immobilienblase in den USA 2007 die Finanzkrise ausgelöst, die weltweit die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt hatte. Zudem sind Aktien aktuell günstig bewertet, wenn man das Kurs-Buchwert- und Kurs-Gewinn-Verhältnis zugrunde legt."
Frage: Dennoch halten Sie in Ihrem Portfolio weiterhin Anleihen.
Pulido: "Wir sehen derzeit bei den festverzinslichen Wertpapieren einige wenige Chancen, etwa bei Aktienanleihen und Schwellenländertiteln. Allgemein jedoch bieten Anleihen angesichts der jüngsten Rally nur noch geringes Aufwärtspotenzial. Zudem sollten sich die Anleger fragen, wie liquide die Papiere eigentlich sind. Denn die Finanzinstitute haben seit Beginn der Krise den Bestand an Unternehmensanleihen kontinuierlich reduziert, um ihre Risiken zu reduzieren. Es ist also nicht mehr selbstverständlich, dass Banken und Versicherer auch in Zukunft noch verkaufswilligen Anlegern in dem Maße als Gegenpart zur Verfügung stehen wie derzeit."
Frage: Welche Aktienmärkte sind für Sie als wertorientierter Investor derzeit besonders attraktiv?
Pulido: "Aktuell sind die Perspektiven für den japanischen Aktienmarkt besonders gut. Wer als Value-Investor dort nicht investiert ist, ist kein Value-Investor. Nach den jahrelangen Kursrückgängen sind die japanischen Aktien momentan attraktiver bewertet denn je, und zwar sowohl mit Blick auf andere Märkte als auch gerade im historischen Vergleich. Hinzu kommt: Der Yen hat 2012 seinen langfristigen Aufwärtstrend gebrochen und schwächt sich ab, so dass die für Japan überaus wichtigen Exporte billiger werden."
Frage: Welche weiteren Faktoren sprechen für ein Comeback Japans?
Pulido: "Die japanischen Unternehmen betrieben eine konservative Bilanzpolitik, die die Gewinnqualität erhöht. So spiegeln etwa die Abschreibungsregeln ein realistischeres Bild der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen wider als die Regelungen in anderen Industrieländern. Rückenwind erhält der Markt zudem von der Politik: Die neue Regierung besitzt eine Zweidrittel-Mehrheit im Unterhaus und kann damit in den nächsten Monaten Gesetze auch ohne Zustimmung des Oberhauses auf den Weg bringen."
Frage: Abseits der Industrieländer haben viele Aktienmärkte im letzten Jahr enttäuscht. Vor allem die hoch gelobten BRIC-Staaten konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Kommt es hier zur Trendwende?
Pulido: "Wir stehen den Emerging Marktes insgesamt eher skeptisch gegenüber. Wir sehen nur erste Anzeichen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in den Ländern, die hauptsächlich von der Binnenwirtschaft abhängen und damit nicht so deutlich von einem Anziehen der Weltkonjunktur profitieren. Unter den gescholtenen BRIC-Staaten aber sticht Brasilien positiv hervor: Die Zinsen, welche in den vergangenen zwölf Monaten gesunken sind, das starke Lohnwachstum und verschiedene Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur haben dafür gesorgt, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufgenommen hat."/la/zb
--- Gespräch: Lutz Alexander, dpa-AFX ---