18.11.2008 16:42:00
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UPDATE: Lufthansa plant mit Gewerkschaften Spielregeln für Streiks
(NEU: Aussagen Deutsche Bahn, Gewerkschaften UFO und Vereinigung Cockpit)
Von Kirsten BienkDow Jones NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Das Management der Deutschen Lufthansa AG will vor dem Hintergrund kommender Tarifauseinandersetzungen mit allen Gewerkschaften Spielregeln für den künftigen Umgang miteinander erarbeiten. So sollen die Auswirkungen von Arbeitskämpfen auf das Unternehmen, aber auch auf unbeteiligte Dritte und die gesamte Volkswirtschaft reduziert werden.Um dieses Ziel zu erreichen, hat Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer Vertreter der drei im Unternehmen aktiven Gewerkschaften ver.di, Vereinigung Cockpit und UFO Ende November zu einem Gespräch an einen Runden Tisch gebeten. Die Eingeladenen haben ihr Kommen zwar zugesagt, Lauer ist jedoch mit Blick auf den Ausgang des Gesprächs nicht optimistisch. Er bleibe in diesem frühen Stadium "skeptisch", sagte der Personalvorstand am Montagabend in Frankfurt.
Hintergrund seines Angebots ist der Verlauf der jüngsten Tarifrunde. Bevor er nach dem Gesetzgeber rufe, wolle er freiwillige Angebote machen, sagte Lauer. Ihm seien vor allem die unterschiedlichen Forderungen der drei Gewerkschaften und die Art der Kommunikation ein Dorn im Auge.
Die Gewerkschaften hätten bereits seit geraumer Zeit erkannt, welche Möglichkeiten sie hätten, um den gesamten Flugbetrieb lahm zu legen, sagte er. Diese Macht werde derzeit aber anders ausgelebt als früher. Je kleiner die Gruppe desto sei größer oft ihr Hebel, sagte der Personalvorstand. Wenig streikende Mitarbeiter einer Berufsgruppe könnten den Betrieb zum Erliegen bringen, weil die Flugzeuge nicht mehr starten könnten.
Das nun vorgelegte Gesprächsangebot ist seinen Angaben zufolge ein Versuch, das Miteinander künftig besser zu regeln. Ziel jeglicher Tarifverhandlungen müsse es sein, dass die Tarifvertragsparteien gemeinsam ein Ergebnis erzielen und dies auch akzeptieren würden. Lauer möchte verhindern, dass er getrennt mit jeder einzelnen Gewerkschaft nacheinander verhandelt und eine Arbeitnehmervertretung die Forderung der anderen noch übertrumpft und ein gegenseitiges Hochschaukeln beginnt.
Gerade dies passiert aber bei Deutschlands größter Airline. Nachdem Vorstand und die Gewerkschaft ver.di im Sommer für das Boden- und Kabinenpersonal einen Kompromiss gefunden hatten, haben die Verhandlungen mit UFO noch nicht begonnen. Diese Gespräche sollen zum Jahresende beginnen.
Die Forderung von UFO nach 15% mehr Lohn und Gehalt liegt seit rund sechs Monaten auf dem Tisch und wird dem Vernehmen nach beim Auftakt der Tarifrunde in der zweiten Novemberhälfte bekräftigt. Dies ist für Lauer und seine Vorstandskollegen aber "inakzeptabel". Mit ver.di hatte Lufthansa ein geringeren Anstieg der Gehälter vereinbart.
Lauer kritisiert die unterschiedlichen Forderungen aller im Konzern tätigen Gewerkschaften. Er wolle die Gewerkschafter fragen, wie ein Unternehmen die gegenwärtige Situation aushalten solle, sagte der Personalvorstand. Wenn Lufthansa anfange, Mitarbeiter auf gleichen Positionen nach Gewerkschaftszugehörigkeit zu bezahlen, schade das dem Unternehmen nachhaltig.
Der Manager wendet sich nicht per se gegen mehrere Gewerkschaften im Unternehmen. Um aber die Zusammenarbeit zu verbessern und die Auswirkungen von Arbeitskämpfen zu reduzieren, habe der Vorstand Vorschläge für einen gemeinsamen Kodex ausgearbeitet. So wünsche er sich die Einführung bestimmter Verfahrensschritte, wie beispielsweise Vorlaufzeiten für den Beginn von Streiks und Warnstreiks und lokale Begrenzungen der Arbeitskämpfe. Außerdem plädiere er bei bestimmten Verhandlungsstillständen für die Einschaltung von Mediatoren.
Das Streikrecht will Lauer damit nicht begrenzen. Es gehe ihm vielmehr um das Aufstellen von Hürden. Ein Streik von zwei Wochen koste Lufthansa das Jahresergebnis, sagte er. Alleine die Ankündigung eines Warnstreiks koste viel Geld, weil die Kunden verunsichert und auf alternative Verkehrsmittel umsteigen würden. Da Flüge "verderbliche" Ware seien und nicht nachgeholt werden könnten, sei Lufthansa ein sehr verletzbares Unternehmen. Beide Seiten müssten die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren.
Da ein Streik bei Deutschlands größter Airline Lauer zufolge auch Auswirkungen auf Dritte und die gesamte Volkswirtschaft hat, bedürfe es zudem noch Regelungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes.
Diese Forderung unterstreicht Margret Suckale, Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG, Berlin. Auch sie sieht bei einem Streik gegen die Bahn unbeteiligte Dritte und die gesamte Volkswirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Diese unbeteiligten Dritten würden in dieser Diskussion zu wenig Beachtung finden, sagte sie.
Suckale hat im jüngsten Lokführerstreik gute Erfahrungen mit Mediation gemacht. Allerdings habe sie festgestellt, dass die Diskussion darunter gelitten habe, weil das Unternehmen zuvor keine Spielregeln aufgestellt habe. Aus diesem Grund empfiehlt sie, ruhige Zeiten zu nutzen, um sich Regeln zu geben für den Umgang in Krisenzeiten.
Fehler des Bahnmanagements beim jüngsten Streik mag der Personalvorstand nicht erkennen. Allerdings ist Suckale der Einschätzung, dass das Management allgemein die "Wucht" der Gewerkschaften unterschätzt habe. Spartengewerkschaften würden sich nur ihrem kleinen Kreis von Mitgliedern verantwortlich fühlen und nicht allen Beschäftigten oder gar dem gesamten Unternehmen.
Die Gewerkschaften UFO und Vereinigung Cockpit reagierten am Dienstag positiv auf die Einladung der Lufthansa. "Wir wollen uns diesem Gesprächsangebot nicht entziehen", sagte Joachim Müller, Leiter Tarifpolitik und Recht bei der Gewerkschaft UFO.
Auch er zeigte sich mit Blick auf ein mögliches Ergebnis skeptisch. Die Gewerkschaft ver.di sei eine konkurrierende Gewerkschaft und insofern gebe es bei diesem Verhältnis keinen großen Kooperationsspielraum, sagte er. Bei der Vereinigung Cockpit stelle sich die Situation indes anders da. Hier suche UFO die Zusammenarbeit.
Auch die Vereinigung Cockpit signalisierte Gesprächsbereitschaft, will sich aber nach Angaben von Ilona Ritter, Leiterin Tarifpolitik, vor dem Treffen nicht zu den Vorschlägen Lauers äußern.
Webseite: http://www.lufthansa-financials.com http://www.db.de
-Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0)40 3574 3116, kirsten.bienk@dowjones.com DJG/kib/brb (END) Dow Jones Newswires
November 18, 2008 10:40 ET (15:40 GMT)
Copyright (c) 2008 Dow Jones & Company, Inc.- - 10 40 AM EST 11-18-08
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