21.02.2017 16:39:46
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UPDATE/Bausparkassen dürfen Bausparverträge nach zehn Jahren kündigen
--Bundesgerichtshof fällt Grundsatzurteil
--Für Bausparverträge gilt Darlehensrecht
--Verbraucherzentrale erwartet Kündigungswelle
(NEU: Weitere Details, Hintergrund)
KARLSRUHE (AFP)--Bitteres Urteil für Verbraucher: Bausparkassen dürfen Bausparverträge kündigen, wenn Kunden die Darlehen auch zehn Jahre nach Zuteilungsreife noch nicht abgerufen haben. Mit dem Grundsatzurteil machte der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag die Hoffnung von hunderttausenden Bausparern auf weiter hohe Zinsen durch ihre Altverträge zunichte. Die Verbraucherzentrale Bremen rechnete nun mit weiteren Kündigungen. (Az. XI ZR 272/16 u. XI ZR 185/16)
Unumstritten war bislang, dass Bausparkassen Verträge kündigen dürfen, die vom Kunden voll bespart wurden - und der Kunde deshalb gar kein Darlehen mehr braucht. Die neueren Kündigungen zielen dagegen auf Bausparverträge, bei denen Kunden die gesamte Bausparsumme zwar noch nicht einbezahlt haben, die aber seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind.
Im Streit um solche Kündigungen sind beim BGH mittlerweile über hundert Verfahren anhängig. In einem der beiden aktuellen Fälle hatte ein Ehepaar 1999 bei der Bausparkasse Wüstenrot zwei gut verzinste Bausparverträge über umgerechnet rund 100.000 Euro abgeschlossen. Die Verträge wurden 2001 zuteilungsreif, die gesamte Bausparsumme war aber bis 2015 noch nicht erreicht.
Gleichwohl kündigte Wüstenrot diese Verträge und auch einen weiteren im zweiten Fall über rund 16.000 Euro. Das Unternehmen begründete dies mit einem Gesetz, wonach ein Darlehensnehmer - in diesem Fall die Bausparkasse - einen Vertrag zehn Jahre nach Erhalt des Darlehens grundsätzlich kündigen kann, einerlei was zuvor vereinbart wurde.
Für Bausparverträge gilt Darlehensrecht Der BGH bestätigte diese Rechtsauffassung: Auf Bausparverträge sei Darlehensrecht anzuwenden, denn während der Ansparphase eines Bausparvertrags ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer der Darlehensgeber, heißt es im Urteil. Nach geltendem Darlehensrecht könne ein Darlehensnehmer seinen Vertrag grundsätzlich nach Ablauf von zehn Jahren kündigen.
Bei Bausparverträgen beginnt diese Frist laut BGH mit der Zuteilungsreife zu laufen, weil die Bausparkasse dann mit Blick auf den Sinn eines Bausparvertrags das "Darlehen des Kunden" vollständig erhalten habe. Weitere Zahlungen des Kunden darüber hinaus dienten dann auch nicht mehr der Erfüllung des Vertragszwecks, ein Darlehen zu bekommen.
Wüstenrot-Rechtsvertreter Rainer Hall zufolge machen die Bausparkassen wegen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und den günstigen Krediten der Banken mit ihren bundesweit rund 30 Millionen Bausparverträgen deutliche Verluste. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn die Bausparkassen Altverträge kündigten.
Verbraucherzentrale erwartet Kündigungswelle Hartmut Schwarz, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen, erwartet nun weitere Kündigungen: "Bausparkassen werden nun erst Recht auf massenhafte Kündigung von Bausparverträgen setzen, um Kunden loszuwerden", erklärte er. "Sobald Verträge zuteilungsreif werden, rollt nach zehn Jahren die nächste Kündigungswelle auf Verbraucher zu."
Die Grünen-Politiker Nicole Maisch und Gerhard Schick sprachen von einem schlechten Tag für Verbraucher. "Es wird deutlich, dass es auf Ebene der Gesetzgebung nach wie vor eine Ungleichbehandlung von Verbrauchern und Unternehmen gibt", erklärten sie. Die Bundesregierung habe Bausparer "allein zurückgelassen", während es ihr an anderer Stelle "nicht schnell genug gehen" könne, Kreditinstituten "zur Seite zu stehen".
DJG/apo
(END) Dow Jones Newswires
February 21, 2017 10:09 ET (15:09 GMT)- - 10 09 AM EST 02-21-17

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