19.10.2014 15:31:31
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Streik bei Lufthansa und Bahn: Deutschland kommt nicht zur Ruhe
Von Markus Klausen
Nach dem massiven Streik auf der Schiene wird es zum Wochenstart wohl in der Luft zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen. Die Piloten der Lufthansa wollen ab Montagmittag bis Dienstagnacht streiken - und knüpfen quasi nahtlos an den Arbeitskampf der Lokführer an. Tausende Reisende müssen damit erneut umplanen und Alternativen prüfen.
Mit den neuen Streiks der Piloten wird der Luft- oder Bahnverkehr in Deutschland seit fast einer Woche am Stück bestreikt. Donnerstag hatten Piloten bei der Lufthansa-Tochter Germanwings die Steuerknüppel nicht angerührt, seit Freitag wird der Güter- und Personenverkehr bei der Bahn bestreikt. Die Piloten und die Lokführer erhöhen massiv den Druck auf die Bahn, Lufthansa sowie die Politik.
Beide Berufsgruppen streiken im Kern nicht für höhere Gehälter. Sowohl der festgefahrende Arbeitskampf bei den Lokführern als auch der bei den Piloten dreht sich um wichtige Richtungsentscheidungen, mit denen langfristig grundlegende Rahmenbedingungen festgelegt werden. Die Piloten kämpfen für ihre betriebliche Frührente, die Lokführer wollen künftig auch für Zugbegleiter und Rangierführer Tarifverhandlungen führen. Doch damit befinden sie sich auf Konfrontationskurs zu den Plänen des Bahn- und Lufthansa-Managements.
Die Vereinigung Cockpit, die Gewerkschaft der Piloten, hat am Sonntag in der Zeit von Montag ab 13 Uhr bis Dienstag 23.59 Uhr zum Streik bei der Lufthansa Passage aufgerufen. Das Unternehmen habe nach nunmehr sieben Streiks seit April dieses Jahres die Vorschläge der Gewerkschaft "nicht aufgegriffen und mauert", heißt es von Cockpit.
Die Piloten und das Management streiten sich seit Monaten darüber, zu welchen Konditionen die Kapitäne in den vorzeitigen Ruhestand treten können. Die Piloten wollen mit 55 Jahren gehen können. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will, dass jüngere Piloten noch mindestens bis zum 60. Lebensjahr im Cockpit sitzen.
Erst vergangene Woche Donnerstag hatte die Gewerkschaft die Lufthansa-Tochter Germanwings für zwölf Stunden bestreikt, etwa 100 Flüge fielen aus. Einen Tag darauf begann die Lokführergewerkschaft mit ihren Streiks im Güterverkehr und später auch im Personenverkehr. Ab Montagmorgen soll hier die Arbeit wieder aufgenommen werden.
Angesichts des Machtkampfs zwischen der Gewerkschaften untereinander - EVG und GDL - sowie mit den Unternehmen wird die Kritik lauter. "Bislang haben die Gewerkschaften in Deutschland immer Augenmaß bewiesen, und deshalb haben wir auch die wenigsten Streiks. Aber diese Haltung beginnt sich zu drehen", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Karl Schiewerling dem Focus mit Blick auf den massiven Streik der GDL.
"Jede Gewerkschaft hat das Recht zu streiken", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. "Aber es ist keine gute Entwicklung, wenn einzelne kleine Gruppen das Streikrecht beanspruchen, um mehr für sich herauszuholen als für alle anderen Beschäftigten", erklärte Mast zum Fokus.
Knackpunkt der Tarifauseinandersetzung bei den Lokführern ist weniger die Frage über die Höhe der Lohnsteigerung als vielmehr die Frage, welche Mitarbeiter die GDL in Verhandlungen mit der Bahn vertreten kann. Die GDL streitet mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) darum, wer für welche Mitarbeitergruppe die Verhandlungen führen darf. Die Bahn will konkurrierende Tarifverträge für eine Berufsgruppe vermeiden und fordert klare Zuständigkeiten.
Nur ein Tarifvertrag pro Unternehmen
Angesichts der verhärteten Fronten hatte das Unternehmen vorgeschlagen, die Tarifverhandlungen mit der GDL auszusetzen, bis die von der großen Koalition geplante gesetzliche Grundlage zur Tarifeinheit steht. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will Anfang November ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Dabei geht es um den Grundsatz, dass in einem Betrieb nicht mehrere Tarifverträge gelten sollen. Für Konfliktfälle wie bei der Deutschen Bahn werde die Bundesregierung "im Sinne einer Befriedung" einen Lösungsvorschlag machen, sagte Nahles am Freitag.
Doch Experten sind angesichts der schwierigen Thematik vorsichtig und warnen vor allzu großen Erwartungen. "Juristisch ist das ein Ritt auf der Rasierklinge", sagte CDU-Experte Schiewerling. Denn "die Verfassung setzt beim Thema Tarifeinheit enge Grenzen." Man dürfe sich "von dem Gesetz keine Wunder erwarten." Die Bundesregierung könne den Machtkampf der Arbeitnehmervertreter nicht einfach dadurch lösen, dass sie "die Gewerkschaften zur Kooperation zwingt. Wenn es zwei Gewerkschaften in einem Betrieb gibt, muss es eine Art Stufenplan geben, um zu einer Einigung zu finden, notfalls mit einem Schlichter", sagte Schiewerling zum Focus.
Kontakt zum Autor: markus.klausen@wsj.com
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