Zweifel in Branche 18.11.2013 17:31:36

Ruf nach mehr Bankenpleiten wird lauter

"Ich bin überzeugt davon, dass bisher zu wenige Banken in Europa abgewickelt wurden und vom Markt verschwunden sind", sagte der EBA-Chef Andrea Enria der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). "Die Regierungen neigten dazu, ihre nationalen Banken im Markt zu halten und das hat den Reparaturprozess verlangsamt." Ähnlich äußerte sich die Europäische Zentralbank (EZB). Die Branche fordert eine Bereinigung schon seit langem, ist aber skeptisch, dass diese tatsächlich kommt.

EZB-Direktor Yves Mersch empfahl bei einer Finanztagung in Frankfurt das Beispiel der USA. Dort seien seit der Finanzkrise 2008 rund 490 Banken ohne große Turbulenzen abgewickelt worden, in Europa waren es gerade einmal rund 40. "Auch der Steuerzahler ist weitgehend verschont geblieben", sagte Mersch. "Davon können wir in Europa durchaus lernen." Bei 450 der Bankenabwicklungen habe die US-Behörde FDIC unter anderem auf Fusionen und Übernahmen gesetzt. Dadurch sei ein Großteil der Kosten von scheiternden Banken vom Bankensektor selbst übernommen worden.

EBA-Chef Enria kündigte an, beim geplanten neuen Stresstest für die Banken "sehr viel genauer" als bislang zu prüfen. Dabei sollen auch Staatsanleihen unter Druck kommen. Wie genau die Papiere bewertet werden sollen, ist aber noch offen, wie EZB-Direktor Mersch sagte. Die Zentralbank und die EBA wollen den Stresstest gemeinsam vorbereiten. Diese Überprüfung ist der letzte Teil des dreistufigen Gesundheitschecks für die Kreditinstitute. Damit will die EZB die Risiken in den Bilanzen großer Banken im Euroraum in den nächsten Monaten aufspüren, ehe sie in knapp einem Jahr die zentrale Aufsicht über die Institute übernimmt.

Deutschland drängt auf einen strengen Stresstest. Um die Märkte zu beruhigen, müssten in der Überprüfung Risiken aufgedeckt und Altlasten beseitigt werden, sagte Bundesbank-Vizechefin Sabine Lautenschläger. Zugleich mahnte sie Vorgaben mit Augenmaß an. Deshalb sollte im Stresstest auch kein "Weltuntergang" angenommen werden.

Gerade südeuropäische Institute haben viele Anleihen ihrer hoch verschuldeten Heimatländer in den Bilanzen. Bei den bisherigen Stresstests in Europa galten Staatsanleihen trotz der Schuldenkrise als risikolos. Zudem müssen die Banken für diese Papiere bislang kein teures Eigenkapital vorhalten. Die enge Verzahnung von Staaten und Banken soll künftig lockerer werden. Damit soll der Teufelskreis aus maroden Staatsfinanzen und faulen Bankbilanzen durchbrochen werden.

Wie konkret mit Banken in einer Schieflage umgegangen werden soll, ohne das gesamte Finanzsystem in Turbulenzen zu versetzen, ist weiter hoch umstritten. Einen gemeinsamen Abwicklungsfonds gibt es noch nicht. Der Grundsatz lautet, dass der Steuerzahler - wenn überhaupt - erst nach Aktionären und Gläubigern für die Rettung gerade stehen sollen. Wer darüber das letzte Wort hat, ist noch offen.

Skeptisch äußerten sich Branchenvertreter. Eine Konsolidierung des Bankensektors sei zwar überfällig, sagte Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen. Allerdings zweifelt er am politischen Willen. Bislang würden schwache Banken in Europa von der Politik dauernd am Leben erhalten.

Dazu tragen nach Ansicht des Chefs des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, auch die niedrigen Zinsen bei. Dies führe dazu, dass schwache Banken immer mehr Staatsanleihen kriselnder Staaten kauften und die Abhängigkeit immer größer werde. Von der Einigkeit nach der Finanzkrise, dass ein Scheitern zum Wirtschaftsleben gehören müsse, sei die Politik inzwischen wieder weit entfernt. "Tatsächlich erleben wir ständig neue Versuche in der europäischen Bankenregulierung, Haftungsverantwortung zu verschieben." Als Beispiel nannte er die Idee, etwa auf die Rücklagen in deutschen Einlagensicherungen für einen europäischen Abwicklungsfonds zuzugreifen./enl/zb/he

FRANKFURT (dpa-AFX)

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