14.09.2008 20:24:00
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ROUNDUP2: Dramatischer Krisengipfel um Lehman - Angst vor globaler Schockwelle
New York (dpa-AFX) - Führende Wall-Street-Banken und die US-Regierung haben am Wochenende in einem Krisengipfel fieberhaft um eine Rettung der schwer angeschlagenen Investmentbank Lehman Brothers Holdings gerungen. Dabei ging es zuletzt um eine Zerschlagung oder sogar eine Abwicklung der viertgrößten amerikanischen Investmentbank mit möglichst geringen Folgen für die weltweiten Finanzmärkte. Die praktisch rund um die Uhr laufenden Krisengespräche von Top-Managern der Bankenbranche wurden immer mehr zum Wettlauf gegen die Zeit. Aus Angst, ein Kurssturz am Montag könnte der 158 Jahre alten Traditionsbank mit deutschen Wurzeln das Genick brechen, wurde alles darangesetzt, noch am Wochenende eine Einigung zu erzielen.
Mit Lehman Brothers steht binnen sechs Monaten bereits die zweite der einst fünf unabhängigen US-Investmentbanken vor dem Scheitern. Im März war der kleinere Konkurrent Bear Stearns in einem Notverkauf an JPMorgan gegangen.
PRESSE: US-REGIERUNG HÄLT TASCHEN ZU
Bei den Lehman-Gesprächen sei immer klarer geworden, dass der ursprünglich geplante Verkauf der gesamten Bank an einen Konkurrenten kaum zu erzielen sei, berichtete das "Wall Street Journal". Knackpunkt seien vom Ausfall bedrohte Kreditpapiere bei Lehman, die niemand im Alleingang oder ohne Unterstützung der US-Regierung übernehmen wolle.
Finanzminister Henry Paulson hatte aber kategorisch klargemacht, dass von Washington diesmal keine finanziellen Hilfen wie im Fall von Bear Stearns und zuletzt bei den Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac zu erwarten seien. Lehman habe bereits provisorisch die Vorbereitung eines Insolvenzantrages in Auftrag gegeben, schrieb die Zeitung.
WEITERE KRISENHERDE
Zudem brechen in der US-Finanzbranche immer neue Krisenherde auf. Die drittgrößte US-Investmentbank Merrill Lynch kämpft mit ähnlichen Problemen wie Lehman. Vom größten US-Versicherer AIG werden für Montag Ankündigungen zum Verkauf von Geschäften sowie weitere Sanierungsmaßnahmen erwartet und die größte US-Sparkasse Washington Mutual (WaMu) gilt wegen enormer Probleme als Übernahmekandidat. Ihnen allen machen die zuletzt heftig eingebrochenen Aktienkurse zu schaffen. Eine Pleite von Lehman würde die Lage noch verschärfen.
Der am Sonntag favorisierte Rettungsplan sah vor, dass Lehman Brothers in zwei Teile aufgespalten wird, wie es in übereinstimmenden Medienberichten hieß. Es wären eine "gute Bank", in der die sicheren Vermögenswerte gebündelt werden, und eine "schlechte Bank", in die vom Ausfall bedrohte Papiere mit einem geschätzten Volumen von 85 Milliarden Dollar vor allem aus dem Immobiliensektor kommen.
AUFSPALTUNGSPLAN FÜR LEHMAN TRIFFT AUF ZAHLREICHE HINDERNISSE
Als mögliche Käufer für den gesunden Lehman-Teil galten zuletzt die Bank of America oder die drittgrößte britische Bank Barclays . Allerdings zog Barclays am Sonntag übereinstimmenden Medienberichten zufolge ein Angebot wegen mangelnder staatlicher Garantien zurück. Den notleidenden Teil von Lehman würden bei diesem Szenario 10 bis 15 Wall-Street-Banken gemeinsam auf sich nehmen. Sie seien bereit, mit bis zu 30 Milliarden Dollar für mögliche Verluste einzustehen, berichtete die "New York Times".
Allerdings traf dieser Plan auf Hindernisse. So fanden es einige Banken unfair, wenn ein Käufer zum Schnäppchenpreis den gesunden Teil von Lehman Brothers bekommt und sich nicht an den Verlusten aus dem notleidenden Geschäft beteiligt, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf Teilnehmer. Andere forderten weiterhin Regierungsgarantien. Das Problem fange zudem schon damit an, zu trennen, was gut und was schlecht sei, gab am Sonntag Commerzbank- Volkswirt Bernd Weidensteiner zu bedenken,
EXPERTEN WARNEN VOR WEITREICHENDEN FOLGEN
Bei den Beratungen in der New Yorker Notenbank spielte ein Team am Wochenende auch Folgen eines Lehman-Zusammenbruchs für die Finanzmärkte durch, hieß es. Eine Pleite von Lehman Brothers könnte eine Kette von Zahlungsausfällen nach sich ziehen, die die weltweit verwobenen Märkte erschüttern und die Finanzbranche im schlimmsten Fall in eine Abwärtsspirale drücken könnte.
Die Rettungsgespräche begannen am Freitag mit einem Krisengipfel in der New Yorker Notenbank mit Finanzminister Paulson. Das Treffen war mit den Chefs unter anderem von Goldman Sachs , Morgan Stanley , Merrill Lynch, JPMorgan und Citigroup außergewöhnlich hochkarätig besetzt. Vor zehn Jahren hatte die Branche bei einer ähnlich spektakulären Krisensitzung in New York eine teure Rettung für den Hedge-Fonds Long Term Capital Management (LTCM) eingeleitet.
Experten warnen vor weitreichenden Folgen der Ereignisse an der Wall Street. Es könne gut sein, dass als Folge der Lehman-Krise die Abschreibungen der Branche nochmals weltweit ansteigen, sagte Weidensteiner. "Je größer die Misere der Finanzbranche wird, desto länger wird es bis zu einer Erholung der Konjunktur dauern." Banken- Experte Martin Faust von der Frankfurt School of Finance mahnte: "Das größte Problem ist, das verlorengegangene Vertrauen wiederzugewinnen. Mittelfristig könnten sonst die Folgen noch dramatischer sein." Direkte Folgen für die deutsche Bankenlandschaft seien zunächst nicht zu befürchten./so/DP/he
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