30.04.2010 15:48:18

ROUNDUP: Wenning nimmt Abschied von Bayer-Aktionären

    KÖLN (dpa-AFX) - 44 Jahre lang hat Werner Wenning für den Bayer-Konzern gearbeitet - in fünf Monaten ist Schluss: Auf der Hauptversammlung in Köln verabschiedete sich der Manager am Freitag von den Aktionären. Am 1. Oktober übergibt Wenning, der 2002 an die Spitze des Unternehmens gerückt war, an den Niederländer mit US-Pass, Marijn Dekkers (52). Das ist zugleich das Ende einer langen Bayer-Tradition: Erstmals kommt der Vorstandschef nicht mehr aus dem eigenen Unternehmen.

    "Bayer hat unter Ihrer Führung ein neues Gesicht bekommen", sagte Aufsichtsratschef Manfred Schneider über Wenning und spielte auf die strategische Neuausrichtung des Unternehmens in den vergangenen Jahren an. Der Verkauf der traditionsreichen Chemieaktivitäten, die heute als Lanxess (LANXESS) reüssieren, und die Stärkung der Gesundheitssparte durch den Zukauf des Berliner Pharmaunternehmens Schering sind nur zwei Beispiele. Insgesamt wurde bei Bayer während der Amtszeit von Wenning durch Zu- und Verkäufe ein Transaktionsvolumen von 43 Milliarden Euro bewegt.

    Auch viele Aktionärsvertreter sind voll des Lobes. "Sie sind bodenständig, Sie sind nicht abgehoben und haben den Kontakt zu den Aktionären nicht verloren", sagt ein Kleinaktionär über den scheidendenden Vorstandschef. Andere wollen den 63-jährigen Wenning möglichst schnell im Aufsichtsrat wiedersehen. Doch glatt sind die vergangenen Jahre für den Bayer-Chef keineswegs gelaufen.

    Vor allem zum Start als Vorstandschef hatte Wenning schwere Brocken aus dem Weg zu räumen. Er kämpfte gegen die größte Krise in der Unternehmensgeschichte - dem heute schon fast in Vergessenheit geratenen Lipobay-Skandal. Das umsatzstarke Medikament, ein Blutfettsenker, stand in dem Verdacht, für den Tod von zahlreichen Patienten mit verantwortlich zu sein. Bayer nahm Lipobay vom Markt. Die Bayer-Aktie stürzte ab, der Konzern geriet ins Straucheln. Wenning stellte alle Geschäfte auf den Prüfstand - und zog Bayer langsam wieder aus dem Sumpf.

    Kritik an Wenning beziehungsweise an Bayer kommt auch von anderer Seite, aus der Bevölkerung: Eine Kohlenmonoxoid-Pipeline zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen brachte Anwohner und Bayer-Kritiker auf die Palme. Die Betroffenen fürchten um ihre Sicherheit. Über die Pipeline, die inzwischen fast fertig gebaut ist, muss noch das Verwaltungsgericht Düsseldorf abschließend entscheiden. Bayer begründet die Notwendigkeit der Leitung unter anderem mit der Sicherung von Standorten und von Arbeitsplätzen im Rheinland.

    Wenning hinterlässt seinem Nachfolger Dekkers ein Unternehmen, das nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise wieder an Fahrt gewonnen hat. Ins erste Quartal 2010 ist Bayer mit einem Plus beim Nettogewinn um mehr als 63 Prozent auf knapp 700 Millionen Euro gut gestartet. Der Umsatz erhöhte sich um 5,3 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. Und für die kommenden Jahre gibt Wenning seinem Nachfolger Dekkers schon einmal den Takt vor: Fünf Prozent Umsatzwachstum jährlich bis 2012, verspricht er den Aktionären, und einen Anstieg des um Sondereinflüsse bereinigten Ergebnisses auf rund 8 Milliarden Euro./ls/DP/jha

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