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IPO im Fokus 26.07.2021 22:06:00

Robinhood-Aktie kurz vor Börsengang - lohnt sich ein Investment?

Robinhood-Aktie kurz vor Börsengang - lohnt sich ein Investment?

• Robinhood peilt Milliarden-IPO an
• Unternehmen mit zuletzt starken Zahlen und guten Aussichten
• Kritiker raten Anlegern zur Vorsicht


Unter dem Tickerkürzel "HOOD" werden Anleger ab dem 28. Juli 2021 an der Techbörse NASDAQ Anteilsscheine des Wertpapier-Brokers Robinhood handeln können.

Robinhood-IPO: 35 Milliarden-Dollar-Bewertung angestrebt

Im Rahmen seines Börsengangs will Robinhood eigenen Angaben zufolge 55 Millionen Aktien in einer Preisspanne zwischen 38 und 42 US-Dollar unters Volk bringen. Dabei sollen 52,4 Millionen Anteilsscheine im Rahmen der Emission verkauft werden, weitere 2,6 Millionen Aktien kommen von Altaktionären.

Wird der Broker alle Anteile zum Höchstpreis los, fließen 2,3 Milliarden US-Dollar in die Konzernkassen und das Unternehmen würde mit 35 Milliarden US-Dollar bewertet. Dieses Ziel ist ambitioniert, denn die letzte Finanzierungsrunde aus dem Herbst 2020 hatte noch für eine Unternehmensbewertung von 11,7 Milliarden US-Dollar gesorgt - die angestrebte Bewertung liegt also rund drei Mal so hoch.

Angaben des Managements zufolge sollen rund 20 Prozent der Robinhood-Aktien dabei für Nutzer der Robinhood-Services reserviert werden - eine ungewöhnliche Maßnahme im Rahmen eines Börsengangs.

Robinhood Profiteur von r/Wallstreetbets und Meme-Hype

Der Zeitpunkt für den Börsengang von Robinhood ist günstig gewählt, denn das Unternehmen kann für die vergangenen Monate eine starke Geschäftsentwicklung vorweisen. Im Zusammenhang mit der r/WallStreetbets-Bewegung, die für eine Flut an neuen Marktteilnehmern gesorgt hat und dem Hype um Meme-Aktien wie GameStop, AMC & Co., ist die Zahl der Kundenkonten im vergangenen Jahr um 143 Prozent gestiegen, im ersten Quartal kamen zusätzliche 12,5 Millionen Kunden dazu. Die Zahl der App-User lag zuletzt bei 18 Millionen, während die verwalteten Kundengelder im ersten Jahresviertel von 19,2 Milliarden auf knapp 81 Milliarden Dollar anzogen.

Der Umsatz lag in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres bei 522 Millionen US-Dollar und wurde im Vorjahresvergleich damit mehr als verdreifacht. Unter dem Strich machte Robinhood im ersten Jahresviertel allerdings infolge einer einmaligen Wertberichtigung einen Verlust von 1,4 Milliarden US-Dollar - im gesamten Jahr 2020 hatte unterdessen noch ein Mini-Gewinn von rund 7 Millionen US-Dollar in den Büchern gestanden.

Auffällig ist beim Blick in die Bilanz, wie stark Robinhood im Kryptobereich von der Spaßwährung Dogecoin abhängig ist: Insgesamt wurden rund 17 Prozent der Einnahmen aus Kundentransaktionen mit Kryptowährungen erzielt. 34 Prozent des Kryptowährungsumsatzes stammten dabei aus Handelsaktivitäten mit DOGE.

Was für den Kauf der Robinhood-Aktie spricht

Angesichts der positiven Geschäftsentwicklung in den vergangenen Monaten stellt sich die Frage nach den Zukunftsaussichten des Unternehmens. Der Fokus von Robinhood auf eine verhältnismäßig junge Anlegergruppe könnte die Geschäfte auch in Zukunft weiter stützen, denn hier gibt es noch Kundenpotenzial zu heben.
Zudem kommt die Art, wie das Klientel seine Börsentransaktionen vornimmt, dem Broker zugute: Das Unternehmen verdient Geld mit dem Payment-for-order-flow-Modell, leitet also eingehende Kundenaufträge an Börsenhändler weiter und bekommt von diesen Provision. Dabei wählt der Broker den Market Maker, der den höchsten Preis für die Vermittlung des Auftrages bietet. "Wir haben lieber viele kleine als wenige grosse Kunden", hieß es im IPO-Prospekt, was mit Blick auf das Geschäftsmodell Sinn macht - denn je mehr Kundenaufträge an Börsenhändler weitergereicht werden, desto mehr Provision kassiert Robinhood.

Als Gratis-Broker dürfte der Börsenaspirant zudem Anlaufstelle für eine Reihe von potenziellen Neu-Börsianern bleiben. Trading ohne Gebühr ist ein Trend, Robinhood ist dabei einer der Trendsetter. Hinzu kommt, dass Robinhood Fractional Shares anbietet - Kleinanleger können also Teile von Aktien oder ETFs kaufen und somit bereits mit Kleinstbeträgen an der Börse investieren. Um seinen Kunden auch den Zugang zu Börsengängen zu ermöglichen, arbeitet der Broker darüber hinaus aktuell an einer eigenen IPO-Plattform. Die Möglichkeit der Partizipation am stark nachgefragten Kryptomarkt könnte ebenfalls neue Nutzer von den Diensten des US-Brokers überzeugen.

Der Trend zum kommissionsfreien Trading hat dabei auch die Konkurrenz unter Druck gesetzt, zahlreiche Traditionsbroker bieten zwischenzeitlich ebenfalls Handel ohne Tradinggebühren an, verfolgen aber ein anderes Geschäftsmodell als Robinhood und dürften daher auf Einnahmenverluste zusteuern oder sich gezwungen sehen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken.

Weiteres Wachstumspotenzial kann Robinhood darüber hinaus durch internationale Expansion generieren. Dabei hat die Führungsebene - dem IPO-Prospekt zufolge - insbesondere Asien und Europa im Blick. Zuletzt hatte das Fintech auf dem europäischen Kontinent aber einen herben Rückschlag verkraften müssen und seine geplante Expansion nach Großbritannien auf Eis gelegt: "Die Welt hat sich in den letzten Monaten stark verändert und wir passen uns an", schrieb das Unternehmen an Internetuser, die sich auf eine Warteliste für den Marktstart im Vereinigten Königreich setzten lassen hatten. "Auf Unternehmensebene haben wir erkannt, dass unsere Bemühungen derzeit am besten darauf ausgerichtet sind, unser Kerngeschäft in den USA zu stärken und weitere Investitionen in unsere grundlegenden Systeme zu tätigen", war von Seiten des US-Konzerns zu lesen.

Was gegen den Kauf der Robinhood-Aktie spricht

Anleger, die zum Börsengang von Robinhood ein Investment in die Robinhood-Aktie in Erwägung ziehen, sollten sich aber auch der Risiken einer solchen Anlage bewusst sein. Denn obwohl das Unternehmen im vergangenen Jahr einen kleinen Gewinn gemacht hat: In Sachen Profitabilität läuft dem Broker die Konkurrenz teilweise den Rang ab. So lieferte zuletzt etwa der chinesische Konkurrent Futu die deutlich besseren Zahlen.

Dass Einnahmen allein keine schwarzen Zahlen mit sich bringen, wurde zudem durch den Milliardenverlust im ersten Quartal deutlich. Zwar sei dieser Unternehmensangaben zufolge hauptsächlich auf "eine Anpassung des beizulegenden Zeitwerts von Wandelanleihen und Optionsscheinen zurückzuführen", eine Wertberichtigung also. Doch auch im gesamten Jahr 2020 rettete sich das Unternehmen trotz starken Wachstums nur knapp in die schwarzen Zahlen.

Ausgebremst werden dürften die Profitabilitätsbemühungen des Konzerns durch vermehrte Ausgaben für juristische Streitfälle. Denn Robinhood hatte sich im Zusammenhang mit dem Meme-Aktien-Hype um GameStop und AMC einer Reihe von Nutzerklagen gegenüber gesehen.
Zuletzt fiel zudem ein hohes Bußgeld an die US-Finanzaufsicht Finra an: Wegen angeblicher Irreführung von Kunden, zu lascher Kontrollen bei riskantem Optionshandel und technischer Pannen zahlte das Unternehmen bei dem Vergleich fast 70 Millionen Dollar. Mit 57 Millionen Dollar entfällt das Gros auf eine Geldstrafe - laut Finra die höchste, die je von der Behörde verhängt wurde. Zahlreiche weitere Klagen und Ermittlungen gegen den Broker sind derzeit noch aktiv. Diese betreffen unter anderem auch technische Probleme auf der Plattform.

Hinzu kommt, dass das Payment-for-order-flow-Modell stark in der Kritik steht. In Europa ist eine derartige Geschäftspraxis im Visier der Aufsichtsbehörden und auch auf dem US-amerikanischen Heimatmarkt wächst die Zahl der Kritiker des Geschäftsmodells. Im schlimmsten Fall drohen Einschränkungen für das Geschäftsmodell auf in den USA, was die Einnahmen von Robinhood empfindlich schmälern dürfte.

Auch wenn Robinhood derzeit einer der stärksten Gratis-Broker am Markt ist: Immer mehr Konkurrenzunternehmen haben ähnliche Angebote am Markt. Bitpanda oder Trade Republic etwa dürften die zuletzt auf Eis gelegten Europa-Expansionspläne von Robinhood freuen. Zudem bekommen es die US-Amerikaner auch mit etablierten Börsenbrokern zu tun, die nicht nur auf eine breite und vermögenden Kundenbasis setzen können, sondern auch dank starker Marktpositionierung und Einnahmen in anderen Geschäftsbereichen in der direkten Konkurrenzsituation den längeren Atem haben könnten.

Eines der größten Risiken für das Geschäft von Robinhood ist aber vermutlich ein Ende des Börsenbooms. Interventionen der Leitbanken hatten, ebenso wie Lockdownmaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie und Stimulusschecks von Regierungen, für neue Börsenteilnehmer gesorgt. Hinzu kam der Kleinanleger-Hype um Meme-Aktien wie GameStop, der zahlreiche Neubörsianer aktiviert hatte.
Kommt es zu einer wirtschaftlichen Erholung und die Zentralbanken beenden ihre Niedrigzinspolitik, könnte dies den Börsen aber einen Schlag versetzen. Einen ersten Vorgeschmack bekamen Anleger bereits in den vergangenen Wochen, als die Sorge um Inflation und steigende Leitzinsen die Märkte empfindlich belastet hatte. Das würde sich auch direkt auf das Geschäft von Robinhood auswirken, denn wenn Kleinanleger den Markt wieder verlassen und nicht mehr regelmäßig traden, schrumpfen die Einnahmen des Neo-Brokers und das dürfte auch den Aktienkurs von Robinhood nicht unbeeindruckt lassen.

Robinhood - Die neue Meme-Aktie?

Vor diesem Hintergrund sollten Anleger ein mögliches Investment zum Börsenstart des Brokers genau überdenken. Viele Beobachter halten Kursgewinne zum Auftakt angesichts des anhaltenden Börsenhypes für durchaus möglich, andere Experten warnen aber mittelfristig davor, dass Robinhood ein Opfer seines eigenen Geschäftsmodelles werden könnte. Interactive Brokers-Gründer Thomas Peterffy sieht die Aktie des Unternehmens sogar auf gutem Weg, sich der Gruppe der Meme-Titel anzuschließen. Gegenüber CNBC erklärte er: "Robinhood wird eine der größten zukünftigen Meme-Aktien sein. […] Es gibt quasi kein Eigenkapital und keine erwähnenswerten Gewinne, was in diesem Marktsegment in letzter Zeit eine sehr beliebte Ausgangsbasis war."


Unterstützt wird diese These durch die ungewöhnliche Reservierung von 20 Prozent der Aktien für Robinhood-Kunden. Mit diesem Schritt ist die Wahrscheinlichkeit zwar größer, dass das Unternehmen alle Aktien unters Anlegervolk bekommt, gleichzeitig setzt der Börsenneuling seine Anteilsscheine aber einem deutlich erhöhten Volatilitätsrisiko aus. Denn eine Vielzahl der Kleinanleger, die bei GameStop & Co. im Short-Squeeze-Rennen gegen etablierte Hedgefonds angetreten sind, waren und sind Robinhood-Kunden, was ein zusätzliches Risiko birgt: Es bestehe kein Zweifel, dass Kleinanleger wesentlich launischer reagierten, so Greg Martin, Managing Director und Miteigentümer bei Rainmaker Securities gegenüber CNBC. "Je mehr Robinhood-Aktien innerhalb der eigenen Community kursieren, desto anfälliger wird man für einen Reddit-Super-Squeeze".

Redaktion finanzen.at

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