Frontier Markets |
23.06.2013 03:00:01
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Neue Wege für mutige Grenzgänger
Coca-Cola ist zurück: Erstmals seit 60 Jahren wird in Myanmar wieder die Zuckerbrause abgefüllt. Über 200 Millionen Dollar will der US-Getränkeriese in den kommenden fünf Jahren in dem Land investieren, das jahrzehntelang vom Rest der Welt isoliert war. Weitere Firmen wagen das Abenteuer: Unilever eröffnet in diesem Jahr zwei Fabriken, in Rangun gibt es seit Kurzem einen Ford-Händler — 60 Millionen potenzielle Konsumenten warten. Hinzu kommt die geografisch günstige Lage des Landes zwischen Indien und China. 1,4 Milliarden Dollar an ausländischen Investitionen flossen im Fiskaljahr 2013 bis Ende März ins Land, fünfmal mehr als im Jahr zuvor.
Noch steht Myanmar ganz am Anfang. Doch die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte von Vietnam, Kolumbien, Rumänien oder Nigeria könnte sich hier wiederholen. Diese Länder zählen zu den sogenannten Frontier Markets — kleinere Volkswirtschaften, die sich so dynamisch entwickeln, dass sie in den kommenden Jahren zu den reiferen Schwellenländern zählen könnten. Geschafft haben das Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, die der Indexanbieter MSCI ab 2014 als Emerging Markets einstuft.
Für Schub sorgt häufig eine wachsende Mittelschicht, die zunehmend Handys oder westliches Bier kauft und steigenden Bedarf an Bankkonten und Kreditkarten hat. Obwohl die Kapitalmärkte dieser Länder wenig liquide sind und Ausländer häufig nur begrenzt investieren können, sehen Investmentprofis wie Mark Mobius enormes Potenzial. „Die Grenzmärkte sind ein echter Wachstumsmarkt“, sagt der Schwellenländerexperte der Investmentgesellschaft Franklin Templeton.
Seitdem führende Notenbanken die Geldhähne aufgedreht haben, schwappt ein Teil der Finanzflut in Anlagen, die hohe Renditen versprechen, Anlegern unter anderen Umständen aber viel zu riskant wären. Dazu zählen Aktien aus Kenia oder Bangladesch. Die Kursgewinne vieler Börsen sind beeindruckend: Der Markt in Vietnam wuchs auf Sicht von zwölf Monaten um 20 Prozent, Pakistan legte um 74 Prozent zu, Nigeria gar um 89 Prozent. Der MSCI Frontier Markets, das Barometer der Grenzmärkte, stieg in diesem Jahr um über 14 Prozent. Laut der Citigroup wuchs das verwaltete Vermögen von Frontier-Markets-Fonds in den vergangenen zwölf Monaten auf 17 Milliarden Dollar, ein Drittel mehr als zur Jahresmitte 2012. Fonds mit Fokus auf den bekannteren und reiferen Schwellenländern investierten abseits ihres Vergleichsindex mindestens fünf Milliarden Dollar in diese Märkte, schätzt die US-Bank.
Wegen der starken Zuflüsse wird Franklin Templeton den von Mobius verwalteten Fonds Templeton Frontier Markets (ISIN: LU0390137031) Ende Juni für neue Anleger schließen. Über drei Milliarden Dollar ist er inzwischen schwer. Insgesamt dürften Frontier-Markets-Fonds in diesem Jahr den Rekord von 2010 knacken, erwartet die Citi. Damals sammelten die Sondervermögen rund drei Milliarden Dollar ein.
Flaute in Schwellenländern
Der Boom der Frontier Markets steht in scharfem Kontrast zu den klassischen Schwellenländern: Der MSCI-Emerging-Markets-Index verlor seit Jahresbeginn über sieben Prozent. Größtes Sorgenkind ist China. Das Wachstum im Reich der Mitte dürfte in diesem Jahr unter acht Prozent liegen, schätzt der Finanzdienstleister Wells Fargo Securities. Peking setzt künftig auf die Verbraucher als Konjunkturmotor statt wie bislang auf Investitionen. Dadurch sinkt der Rohstoffbedarf des Landes, was wiederum Russland schmerzlich zu spüren bekommt. Auch Brasiliens Konjunktur schwächelt. Die Regierung fördert ebenfalls den Konsum, doch der findet großteils auf Pump statt. „Vieles deutet auf eine Kreditblase hin, die dort gerade entsteht“, warnt Mobius.
Indes ziehen bereits neue dunkle Wolken auf: Investoren befürchten, dass die amerikanische Notenbank Fed ihre Anleihekäufe früher als erwartet auslaufen lassen könnte. Die Folge: Angst vor höheren Zinsen in den USA belastet die Schwellenländermärkte. So brach die Börse auf den Philippinen nach vierjähriger Rally ein, obwohl die Wirtschaft des Landes im ersten Quartal mit 7,8 Prozent so stark wuchs wie seit drei Jahren nicht mehr. Auch an den Überfliegerbörsen in Thailand und Indonesien sowie in Kenia und Nigeria gaben die Kurse nach.
Steigt die Risikoaversion der Investoren, bleiben die ohnehin riskanten Frontier Markets nicht verschont. Wegen der geringen Liquidität der Märkte rauschen die Kurse in die Tiefe, sobald sich Anleger zurückziehen — so geschehen im Jahr 2009 während der globalen Finanzkrise. Zudem können sich politische Instabilität, Währungsschwankungen oder staatliche Eingriffe in die Wirtschaft negativ auf die Börsen auswirken.
Dennoch: Die Wachstumsaussichten sind in Grenzmärkten besser als in vielen Schwellen- und Industrieländern. Hinzu kommt der Vorteil der Diversifizierung. Unternehmen in diesen Nationen konzentrieren sich vor allem auf die Binnenmärkte. Dadurch sind sie weniger abhängig von der globalen Konjunktur. Frontier-Markets-Experte Michael Levy von der Fondsgesellschaft Barings verweist zudem auf die günstigere Bewertung von Aktien aus Grenzmärkten im Vergleich zu denen aus Schwellenländern — der Rabatt betrage derzeit etwa 20 Prozent. Levy erwartet, dass sich Frontier Marktes über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren besser entwickeln dürften als andere Anlageklassen.
Optimistisch beurteilen Anlageprofis wie Nick Price vor allem Afrika. Der Schwellenländerexperte von Fidelity ist überzeugt, dass der Schwarze Kontinent von fortschreitender Industrialisierung und wachsendem Wohlstand profitieren wird. „Bereits seit einigen Jahren gehört Afrika zu den aufstrebenden Regionen mit den am schnellsten wachsenden Aktienmärkten“, sagt Price. „Anlegern bieten sich in der gesamten Region südlich der Sahara eine Vielzahl interessanter Anlagechancen.“ Auch Mark Mobius setzt auf Afrika. Wegen der günstigen Bewertungen hält er darüber hinaus osteuropäische Märkte wie Rumänien oder Bulgarien für aussichtsreich. Eine kleine Portion Abenteuer holen sich risikofreudige Anleger am besten per Fonds ins Depot, der die Risiken breit streut — vorausgesetzt, sie bringen einen langen Atem mit.
Investor-Info
MSCI Frontier Markets ETF
Exotische Weltreise
Börsengehandelte Indexfonds, die Grenzmärkte abbilden, sind eine recht neue Erscheinung auf dem Fondsmarkt — Anleger setzen bislang überwiegend auf aktiv verwaltete Fonds. Entsprechend gering sind die Fondsvolumina vieler passiver Produkte. Sie punkten allerdings mit einer günstigeren Kostenstruktur. Risikofreudige Investoren können mit dem ETF von Market Access von der Entwicklung des Index MSCI Frontier Market profitieren. Mit Aktien aus 25 Märkten wie Kuwait, Nigeria, Pakistan oder Bulgarien ist das Aktienbarometer vergleichsweise breit gestreut. Der Index wird in Dollar berechnet, sodass Währungsschwankungen den Wert des Investments beeinflussen können. Seit Auflage 2011 legte der ETF auf Eurobasis um rund 24 Prozent zu.
MSCI Em & Frontier Africa ETF
Afrika im Fokus
Den Schwarzen Kontinent sehen Experten wie Mark Mobius oder Nick Price in der Favoritenrolle unter den Grenzmärkten. Besonders Nigeria und Kenia werden gute Aussichten bescheinigt, dank steigender Einkommen und der zunehmenden Verbreitung von Technologien wie dem Mobilfunk. Aktien aus beiden Ländern sind im Afrika-Indexfonds von Market Access enthalten, ergänzt durch Titel aus Ägypten, Mauritius, Marokko und Tunesien. Generell ausgeschlossen ist das relativ weit entwickelte Südafrika. Das Volumen des 2011 aufgelegten Fonds ist allerdings noch gering.
Schroder ISF Frontier Mkts.
Die Auswahl der Experten
Eine Alternative für Anleger, die breit gestreut in Grenzmärkte investieren und sich auf die Expertise von Investmentprofis verlassen wollen, ist das Schroders-Produkt. Die Fondsmanager Allan Conway und Rami Sidani bestücken die eine Hälfte des Portfolios per handverlesener Titelauswahl, die andere Hälfte wird per quantitativ basierter Ländergewichtung zusammengesetzt. Derzeit sind Staaten des Nahen Ostens wie Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate stark vertreten. Nach Sektoren liegen die Schwerpunkte auf Finanzdienstleistern, darunter Burgan Bank aus Kuwait und FBN Holdings aus Nigeria. Zu den Top-Positionen zählt Emaar Properties aus Dubai: Für den Immobilienentwickler läuft es derzeit dank steigender Häuserpreise rund.
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