08.06.2010 15:57:13

HINTERGRUND: Wer muss für die geplante Flug-Abgabe zahlen?

    BERLIN (dpa) - Der drohende Öko-Aufschlag für Fluggäste lässt in der Luftfahrtbranche die Alarmleuchten flackern. Eine Milliarde Euro pro Jahr will die schwarz-gelbe Koalition damit von 2011 an in die Staatskasse bekommen. Für die Fluggesellschaften sind die Pläne nach der Wirtschaftskrise und den Ausfällen wegen der Vulkanaschewolke aus Island ein weiterer Schlag. Mehrkosten könnten am Ende auch bei den Reisenden landen. Doch der Konkurrenzkampf um jeden Kunden ist hart.

   Was befürchten die Airlines und Flughäfen?

   Nach dem Krisenjahr 2009 mit deutlichen Passagierrückgängen sind die Unternehmen gerade erst wieder auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung. Die unverhoffte Abgabe sei da "eine zusätzliche Belastung", sagt Nord/LB-Analystin Martina Noß. Angesichts der angespannten Ertragslage sei es kaum vorstellbar, dass die Fluggesellschaften die Mehrkosten einfach selbst übernehmen. Besonders für kürzere Strecken sind Tarifanhebungen aber schon jetzt kaum durchzusetzen. "Die Preise sind 'absolut im Keller'", wie Lufthansa (Deutsche Lufthansa)-Vize Christoph Franz sagte.

   Wie hoch könnte die Abgabe ausfallen?

   Das ist noch unklar. Die Arbeitsgemeinschaft der Verkehrsflughäfen (ADV) kam in einer ersten Schätzung auf einen Ticketaufschlag von 14 Euro. Dabei legten die Experten die Zahl von jährlich 90 Millionen Starts an den heimischen Airports zu Grunde und nahmen an, dass die Abgabe für einen Umsteigeflug Hamburg-Frankfurt-New York nur einmal fällig wird. Commerzbank-Analyst Frank Skodzik hält eine Abgabe von 8 bis 10 Euro je Abflugticket für realistisch. Die Koalitionäre planen aber noch eine differenzierte Gestaltung etwa nach Lärm und Kerosinverbrauch - umweltfreundliche Jets wären also günstiger. Doch neue Maschinen bestellen können Airlines so kurzfristig nicht mehr.

      Wer muss für die Abgabe zahlen?

   Vermutlich zum Teil die Unternehmen, zum Teil die Kunden. Doch das muss sich erst zeigen. Analyst Skodzik erwartet, dass die Lufthansa die Abgabe zur Hälfte und Air Berlin zu drei Vierteln den Passagieren auf die Rechnung schreiben könnte. Das brächte der größten deutschen Fluggesellschaft pro Jahr 200 Millionen Euro Mehrbelastung ein, der Nummer zwei Air Berlin  50 Millionen Euro. Die Verbraucherzentralen pochen aber darauf, dass die Regierung die Abgabe ausdrücklich als Belastung der Wirtschaft deklariert habe. "Sie kann nicht am Ende auf Verbraucher und Fluggäste verlagert werden", sagte ein Sprecher.

   Wie könnten Passagiere auf die Abgabe reagieren?

   Die Fluggesellschaften fürchten, Reisende könnten auf andere Verkehrsmittel wie die Bahn umsteigen oder ganz auf eine Reise verzichten. "Wer eine Passagiersteuer als Ökoabgabe bezeichnet, verkauft die Wähler für dumm, denn leere Flugzeuge bezahlen keine Steuern", warnte der Billigflieger Easyjet (easyJet). Die Flughäfen fürchten, Passagiere könnten auf Airports in Nachbarländern ausweichen, wo die Abgabe nicht gilt. Andererseits sind Fluggäste schon jetzt einiges an Extragebühren gewöhnt - von Kerosinzuschlägen über Buchungsentgelte bis zum Aufpreis für den Koffer. "Mehrkosten von 14 Euro durch die Abgabe sind bei einem zweiwöchigen Urlaub zu vernachlässigen", glaubt der Chef des Reiseveranstalters Alltours, Willi Verhuven.

   Lohnt es sich, wegen der Abgabe im Ausland abzufliegen?

   Das käme auf die Höhe der Abgabe, die Entfernung zum Flughafen und die Zahl der Reisenden an. Nach Einschätzung von Analyst Skodzik könnten die Airports in Wien und Zürich profitieren, sollte die Lufthansa Umsteigeflüge dorthin verlagern. Branchenexpertin Noß ist allerdings skeptisch, dass sich solche Ausweichfahrten wirklich für viele Menschen lohnen. Berücksichtigte man zusätzliche Fahrt- und Parkkosten, etwa fürs Auto, rechne sich der Aufwand meist nicht mehr./sam/stw/dct

--- Von Steffen Weyer, dpa-AFX und Sascha Meyer, dpa ---

Analysen zu easyJet plcmehr Analysen

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

Air Berlin plc 0,01 -2,00% Air Berlin plc
Lufthansa AG 6,35 3,46% Lufthansa AG