Nach Hackerangriff |
28.07.2023 18:00:00
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EVOTEC-Aktie tiefrot: EVOTEC geht von deutlich schlechterer Entwicklung aus
Das Unternehmen habe das Jahr mit "signifikantem Fortschritt" begonnen, betonte der Manager mit Blick auf mehrere erst in diesem Jahr abgeschlossene große und potenziell sehr lukrative Partnerschaften unter anderem mit Bristol Myers Squibb und der Novartis-Tochter Sandoz. Im ersten Quartal habe EVOTEC zudem "exzellente Ergebnisse" geliefert, und der Rückschlag im zweiten Quartal durch den Hackerangriff sei vorübergehender Natur.
Den Konzern sieht er unter anderem dank seines florierenden Geschäfts mit großen Pharmakonzernen weiter auf einem guten Weg zu seinen Mittelfristzielen bis 2025. Dafür sorgen sollen auch "weitere Optimierungsmaßnahmen, die im Laufe des kommenden Jahres ihre Wirkung entfalten", wie der Konzern bereits am Vorabend mitgeteilt hatte.
EVOTEC hatte wegen der durch den Cyberangriff verzögerten Veröffentlichung des testierten Geschäftsberichts für 2022 den MDAX verlassen müssen, durfte aber zeitnah im Juni zurückkehren. Im täglichen Geschäft hatte die Attacke für den Konzern jedoch weitaus länger dauernde und gravierende Folgen: Anfang April schaltete der Konzern alle mit externen Quellen verbundene Systeme ab. "EVOTEC konnte ihren Partnern versichern, dass die Integrität der wissenschaftlichen Daten nicht beeinträchtigt wurde", hieß es. Rund 25 Millionen Euro kostete es die Hanseaten, die Auswirkungen des Angriffs zu bewältigen. Der Betrieb wurde den Angaben zufolge zwar Ende April wieder aufgenommen, doch der Konzern hinkte bei der Produktivität zuletzt weiter hinterher.
"Die geringere Produktivität während des zweiten Quartals hat unser Finanzergebnis des ersten Halbjahres erheblich belastet", sagte Lanthaler. Derzeit sind nach Angaben des Managers jedoch bereits 90 Prozent aller Systeme wieder voll im Einsatz - bis Ende 2023 soll dann alles beim Alten sein, bis dahin fehlten jedoch noch einige externe Genehmigungen im Geschäft mit der Wirkstoffentwicklung.
Um die Belastungen des Angriffs abzufangen, seien sofortige Sparmaßnahmen eingeläutet worden, sagte Finanzchefin Laetitia Rouxel. Insgesamt sei ein Potenzial von 25 Millionen Euro identifiziert. Einige der Einsparungen seien dauerhaft und auch über das Jahr 2023 hinaus angelegt.
So setzt EVOTEC etwa in der Verwaltung und im Vertrieb den Rotstift an. Zudem werden die Forschungsausgaben zurückgefahren, beim Kapazitätsaufbau will EVOTEC gezielter vorgehen. Die Investitionen in Aufbau der Produktionsanlage für biologisch hergestellte Wirkstoffe bei seiner US-Tochter EVOTEC Just Biologics hingegen sollen laut dem EVOTEC-Chef mit noch mehr Tempo vorangetrieben werden - dieser Bereich gilt als großer Hoffnungsträger der Hanseaten.
Der Cyberangriff hatte im zweiten Quartal für einen Umsatzausfall von netto rund 70 Millionen Euro gesorgt. Das Unternehmen hofft, einen Teil davon noch in diesem Jahr hereinholen zu können. "Wir haben großes Aufholpotenzial bei den Meilensteinzahlungen im dritten und vierten Quartal", sagte der EVOTEC-Chef.
Allerdings dürften sich die allgemeinen Marktbedingungen für den Rest des Jahres nicht mehr bessern, schätzt die Unternehmensführung. Dies bekommt EVOTEC vor allem bei der Wirkstoffentwicklung zu spüren. Hier bekämen Partner wie Biotechunternehmen nach dem Hype in der Pandemie weniger Finanzierung. Dieser Bereich mache aber nur einen Teil des eigenen Geschäfts aus, die langfristigen Wachstumstrends blieben "sehr gesund" und EVOTECs Auftragsbuch sei stark, betonte Lanthaler.
Der neuen Prognose zufolge dürfte der Umsatz 2023 jedoch nur noch 750 bis 790 Millionen Euro erreichen. Das wäre im schlechtesten Fall nur noch etwa so viel wie im Jahr zuvor. Bislang hatten 820 bis 840 Millionen auf dem Zettel gestanden.
Beim um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet das Management einen deutlichen Rückgang auf 60 bis 80 Millionen Euro. Für 2022 hatte EVOTEC knapp 102 Millionen Euro gemeldet und wollte dieses Ergebnis ursprünglich auf 115 bis 130 Millionen steigern. Für das laufende Jahr kalkuliert die Konzernführung mit einmaligen Kosten von mehr als 90 Millionen Euro.
Für das erste Quartal wies EVOTEC ein Umsatzplus von mehr als 30 Prozent auf über 210 Millionen Euro aus. Bislang hatte sich der Konzern noch nicht zu den Finanzzahlen des Jahresauftakts geäußert. Für die ersten sechs Monate rechnet das Management mit einem Konzernerlös von mehr als 370 Millionen Euro. Seine Halbjahreszahlen will EVOTEC am 29. August veröffentlichen.
EVOTEC sacken ab nach harscher Warnung
Die heftige Umsatz- und Gewinnwarnung von EVOTEC hat am Freitag im XETRA-Handel schwer auf dem Aktienkurs gelastet. Um 3,40 Prozent auf 22,98 Euro sackten die Papiere schlussendlich ab. Das Papier hat in diesem Jahr zwar fast die Hälfte hinzugewonnen, hatte allerdings im vergangenen Jahr kräftig nachgegeben, nachdem es sich in den Hochzeiten der Pandemie zu Rekordwerten bis teils über 45 Euro aufgeschwungen hatte.
"Dass die Jahresziele gekappt würden, war wegen der Cyberattacke ein offenes Geheimnis", sagte ein Händler. Das Ausmaß der Kürzung der Jahresziele sei aber "größer als befürchtet".
Analyst Charles Weston von der Bank RBC merkte an, dass die Markterwartung für das Ebitda im laufenden Jahr nun um 42 Prozent zusammengestrichen werden dürfte und unterstellte hierfür den Mittelwert der von EVOTEC in Aussicht gestellten Spanne. Beim Umsatz belaufe sich die entsprechende Rücknahme der Konsensschätzung auf 8,5 Prozent.
Die Fallhöhe für den Kurs war zuletzt deutlich höher geworden: Vom jüngsten Tief Anfang Mai hatte der Kurs um rund 55 Prozent zugelegt und am Dienstag den höchsten Stand seit August vergangenen Jahres erreicht. Anleger könnten nun also auch "Kasse" machen und Gewinne realisieren.
/tav/mne/jha
HAMBURG (dpa-AFX)
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