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Aktien-Tipps 02.04.2017 09:00:00

Chipmarkt: Wo Anleger am besten investieren

von Klaus Schachinger, €uro am Sonntag

Brian Krzanich riskiert viel. Vor wenigen Tagen gab der Chef des weltgrößten Halbleiterkonzerns Intel den Kauf des Chip- und Software-Entwicklers Mobileye für 15,3 Milliarden Dollar bekannt - das sind die kompletten Cashreserven des US-Konzerns im Ausland. Die Technologie des israelischen Start-ups für autonomes Fahren soll Intel einen breiteren Zugang zu neuen Märkten für Autochips bringen. Bevorzugt für digitale Halbleiter, die ähnlich wie in Computern große Datenmengen schnell und effizient analysieren. Viele der großen Autobauer nutzen Mobileyes Technologie bereits. Weltweit fahren 300 Automodelle mit Chips, Software, Kameras oder Sensoren von Mobileye.


Um schneller und sicherer als die Fahrer zu reagieren, müssen die Fahrzeuge im Selbstfahrmodus ihre Umgebung so realitätsnah und detailliert wie möglich erfassen. Aus Sicht von Krzanich sind dafür auch Prozessoren von Intel notwendig. "Autos werden zu Netzwerkrechnern auf Rädern. Für das autonome Fahren müssten pro Fahrzeug täglich vier Terrabyte Daten ausgewertet werden", sagt der Konzernchef. Im Stammgeschäft mit Steuerungschips für PCs und Netzwerkrechner dominiert Intel mit Marktanteilen von über 90 Prozent. Krzanichs Problem: Mit Ausnahme von Chips für Computer, die in cloudfähigen Rechenzentren eingesetzt werden, steckt der Riese seit geraumer Zeit in einer Wachstumsfalle.

Das gewaltige Marktpotenzial, das das autonome Fahren bringt, war für den Manager Antrieb genug, die bislang zweitgrößte Übernahme in der Konzerngeschichte zu stemmen. Für 2030 schätzt Krzanich den Markt für Datenanalyse, Navigation und Technik zum Datenaustausch der Fahrzeuge auf 70 Milliarden Dollar. Premiumhersteller BMW wählte Intel und Mobileye als Entwicklungspartner beim autonomen Fahren.

Selbstfahrende Autos sind nur ein Teil der Digitalisierung in der Branche, die durch alternative Antriebstechniken wie Hybrid- und Elektroantriebe und irgendwann auch durch Brennstoffzellen vorangetrieben wird. Führenden Chipzulieferern der Branche wie der deutschen Infineon oder der amerikanischen Texas Instruments bringt das nachhaltiges Wachstum. Schon jetzt ist der Chipanteil in Autos mit hybriden Antrieben doppelt so hoch wie in jenen mit Verbrennungsmotor.


In der Industrie werden unterdessen Maschinen und Anlagen via Chips und Sensoren an IT-Netze angeschlossen. Das daraus entstehende Internet der Dinge soll durch die Auswertung der Maschinendaten die Fertigung effizienter machen. Außerhalb von Fabriken gehören zu der schnell wachsenden Welt des Netzes der Dinge auch Autos oder Maschinen, die mit webfähigen Sensoren ausgestattet sind wie Flugzeugturbinen oder auch Kühlschränke.

Für dieses Maschinennetz werden anspruchsvollere Komponenten wie Mikrocontroller benötigt, das sind Minicomputer in Komponentengröße. Die US-Firma Microchip Technology ist nach dem Kauf des Wettbewerbers Atmel Nummer 1 auf diesem Gebiet (siehe Investor-Info). Gut möglich, dass der US-Spezialist mit der wachsenden Popularität des Internets der Dinge als Übernahmeziel ins Visier von Branchengrößen wie Texas Instruments rückt.

Fokus auf Nischen
Die Digitalisierungstrends werden das Wachstum der Nischenmärkte während der nächsten Jahre laut Schätzungen von Experten stark beschleunigen. Die beiden Segmente zusammen bringen es auf 18 Prozent des 350 Milliarden Dollar großen Umsatzvolumens im globalen Chipmarkt. Der US-Marktforscher IDC erwartet mindestens bis 2019 jährliche Zuwächse von fünf Prozent bei Indus­triechips und neun Prozent bei Autochips - dieses Segment legt damit dreimal so schnell zu wie der Gesamtmarkt für Halbleiter.

Grafikchip-Entwickler Nvidia hat die Chancen im Automarkt noch etwas früher erkannt als Intel. Die Kalifornier sind mit der Autoindustrie schon länger gut im Geschäft. Mehr als 80 Zulieferer nutzen Systeme der US-Firma für selbstfahrende Autos. Bis Ende 2018 kann Nvidia seinen Umsatz in diesem Segment auf mehr als eine Milliarde Dollar erhöhen, schätzt Atif Malik, Analyst der US-Bank Citigroup. Das wäre doppelt so viel wie 2016.

Nvidia-Lenker Jen-Hsun Huang hat früh erkannt, dass die hohe Chip-Rechenleistung für Computergrafiken in aufwendigen Videospielen mit angepassten Architekturen auch in anderen Bereichen eingesetzt werden kann. Neben Roboterautos zählen dazu beispielsweise auch Rechenzentren.

Schub für iPhone-Zulieferer
Weltmarktführer Intel schaffte seinen Aufstieg durch hohe Fertigungsqualität und immer kleinere Strukturen auf Halbleitern. Doch diesem Innovationspfad stehen physikalische Grenzen im Weg. "In der Halbleiterbranche werden die meisten Fortschritte inzwischen über das Chipdesign und die Software erreicht", sagt Chefwissenschaftler William Dally von Nvidia.

In den neuen Märkten muss sich Intel deshalb auf ähnlich starke Rivalen wie Nvidia einstellen. Bei Smartphones etwa ist geringer Energieverbrauch wichtiger als maximale Rechenleistung. Hier hat sich die für Dritte offene Architektur des britischen Chipentwicklers ARM durchgesetzt. Auch Apple nutzt dessen Standard, um für iPhone, iPad und die Apple Watch eigene Steuerungs­chips zu entwickeln. "Die hohen Investitionen machen sich mit einer störungsfreien Bedienung der Geräte bezahlt, Neuerungen wie der Fingerabdrucksensor können schneller eingeführt werden", sagt Experte Ben Bajarin vom Marktforscher Creative Strategies.

Investoren erwarten, dass Apple dem Smartphonemarkt im Herbst mit dem Model X zum zehnjährigen iPhone-­Jubiläum neue Impulse verleihen kann. Aktien von Zulieferern wie Dialog Semiconductor, dessen Chips den Stromverbrauch optimieren, werden heiß gehandelt. Intel-Chef Krzanich muss indes noch beweisen, dass sich der Kauf von Mobileye bezahlt macht.

Investor-Info

Infineon
Stark in Nischen
Nach der Integration des US-Konzerns International Rectifier liefert das Industriesegment knapp die Hälfte der 6,4 Milliarden Euro Umsatz. Autochips sind mit 41 Prozent Beitrag der zweitstärkste Bereich. Mit Blick auf die Digitalisierungstrends bei Autos und in der Industrie ist Infineon damit stark aufgestellt. Für 2017 und 2018 erwarten Analysten jeweils sieben Prozent mehr Umsatz sowie Gewinnzuwächse von 21 respektive 15 Prozent. Branchenfavorit dank breiter Aufstellung.

Microchip Technology
Begehrter Primus
Microchip ist die Nummer 1 im 17 Milliarden Dollar schweren Mikrocontroller-Markt. Bei der Integration des Konkurrenten Atmel kommt der Konzern gut voran. Für 2018 werden 3,7 Milliarden Dollar Umsatz in Aussicht gestellt, 2016 waren es 2,2 Milliarden. Die Margen sollen zulegen. Analysten erwarten für das laufende Jahr ein Gewinnplus von gut 60 Prozent. Im kommenden Jahr sollen es 17 Prozent werden. Aussichtsreich.

Dialog Semiconductor
iPhone X treibt an
Dialog ist abhängig vom Großkunden Apple, der geschätzte 70 Prozent von zuletzt knapp 1,2 Milliarden Euro Dollar Umsatz und den Löwenanteil des Gewinns einbringt. Mit Blick auf das Jubiläums-iPhone X erwarten Analysten beim Entwickler von Energiemanagementchips für 2017 sowie 2018 Gewinnzuwächse von 28 respektive 22 Prozent. Attraktiv.

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