Angespannte Lage |
15.07.2024 17:54:00
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BayWa-Aktie stürzt zweistellig ab: Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben
Einzelheiten des Sanierungsprogramms unklar
BayWa-Chef Marcus Pöllinger und seine Vorstandskollegen ließen die Pflichtmitteilung am Freitagabend nach Börsenschluss veröffentlichen. Wer der Gutachter ist, und bis wann das Sanierungsgutachten vorliegen soll, teilte das Unternehmen am Samstag zunächst nicht mit.
Rote Zahlen
Im Februar 2023 hatte die BayWa mit einer großen Gala ihren 100. Geburtstag gefeiert - und das Jubiläumsjahr mit einem Nettoverlust von 93 Millionen Euro beendet. Im ersten Quartal rutschte die BayWa mit einem Minus von 108 Millionen Euro noch tiefer in die roten Zahlen.
Ende des ersten Quartals drückten lang- und kurzfristige Schulden in Höhe von fast 5,6 Milliarden Euro die BayWa. Schon auf der Hauptversammlung im Juni hatte Pöllinger sozialverträglichen Stellenabbau und Verkäufe nicht wesentlicher Geschäftsbereiche angekündigt. Die BayWa hat zurzeit gut 24.000 Mitarbeiter.
Expansion auf Pump
Diese Schulden gehen zu Großteil auf die Amtszeit des langjährigen Vorstandschefs Klaus Josef Lutz zurück, der den ehedem auf den Agrarhandel beschränkten Konzern bis Frühjahr 2023 leitete. Der Manager expandierte auf Kredit quasi rund um den Globus. Lutz baute vor allem das Geschäft mit erneuerbaren Energien als zweites Standbein des Konzerns auf.
Doch auch im Agrarhandel kaufte die BayWa in Lutz' Amtszeit zu: So wurde die BayWa Mehrheitseignerin des großen neuseeländischen Apfelanbauers Turners and Growers, der seine Plantagen überall auf der Welt betreibt. Auch viele deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher, denen das Unternehmen kein Begriff ist, haben BayWa-Früchte in der Hand: Dazu zählen beispielsweise Äpfel der Sorten "Kanzi" und Jazz".
Der heutige Chef Pöllinger ist allerdings kein BayWa-Novize, der die Probleme nur geerbt hätte: Er gehört dem Vorstand seit Ende 2018 an. Unerfreulicherweise für die BayWa ging der Anstieg der Verschuldung einher mit dem rasanten Anstieg der Kreditzinsen seit 2022, eine Entwicklung, die auch andere Unternehmen schon in Schwierigkeiten gebracht hat.
Der Vorstand hatte offenkundig mit langfristig niedrigen Zinsen kalkuliert und wurde böse überrascht. 2021 zahlte die BayWa knapp 122 Millionen Euro Kreditzinsen, 2022 waren es 202 Millionen, 2023 schoss die Zinsbelastung dann auf 362 Millionen Euro in die Höhe. Das war die maßgebliche Ursache der Verluste, denn im operativen Geschäft schrieb die BayWa schwarze Zahlen.
Milliardenkredit wird 2025 fällig
Die drückende Zinslast ist jedoch nicht das einzige Problem: Ein beträchtlicher Teil der Schulden ist in einem Konsortialkredit mit einem Rahmen von bis zu 2 Milliarden Euro gebündelt, Ende 2023 hatte die BayWa davon 1,4 Milliarden in Anspruch genommen, wie im Geschäftsbericht 2023 nachzulesen. Die Uhr tickt: Der Konsortialkredit läuft im September 2025 aus.
Sehr unerfreulich ist die Entwicklung auch für den früheren Vorstandschef Lutz. Er war 2023 unmittelbar auf den Sessel des Aufsichtsratschefs gewechselt, legte den Posten aber Anfang dieses Jahres nach internen Streitigkeiten nieder. Doch aus dem Rampenlicht ist er nicht verschwunden: Als Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags ist Lutz einer der prominentesten Repräsentanten der heimischen Wirtschaft.
Kurseinbruch bei BayWa - Gutachter bestellt wegen Finanzlage
Die BayWa-Aktien sind am Montag wegen der Finanzprobleme des Agrarhandels- und Energiekonzerns eingebrochen. So holte das in Milliardenhöhe verschuldete Unternehmen einen Sanierungsgutachter an Bord. Zum Handelsschluss ging es für den Kurs via XETRA um 30,66 Prozent nach unten auf 15,74 Euro. Am Morgen hatten sie ein Tief bei 15 Euro erreicht - das ist der niedrigste Stand seit 15 Jahren.
Das Gutachten soll die "angespannte Finanzierungslage" verbessern, wurde am Freitagabend nach Börsenschluss mitgeteilt. BayWa fuhr unter dem Ex-Vorstandschef Klaus Josef Lutz einen Expansionskurs auf Kredit. Der Vorstand hatte offenkundig mit langfristig niedrigen Zinsen kalkuliert und wird nun in Zeiten gestiegener Zinsen böse überrascht von der drückenden Zinslast. In den Fokus rückt ein im September 2025 auslaufender Konsortialkredit.
Durch den Kurseinbruch bekommt der Abwärtstrend, der im November 2022 beim Rekordhoch von 49,20 Euro begann, ein neues Kapitel. Der Kursverlust seither beträgt 70 Prozent.
Erstmals seit 2018 war der Kurs im Juli schon einmal kurz unter die 20-Euro-Marke gerutscht, hatte sich dann aber wieder stabilisiert. Diese Stabilisierung ist nun Geschichte.
MÜNCHEN / FRANKFURT (dpa-AFX)
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