"Silberstreifen am Horizont" |
31.07.2022 16:16:00
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Allianz-Marktexperte Mohamed El-Erian sieht drei hoffnungserweckende Faktoren
• Drei Faktoren sieht der Experte als Anlass zu vorsichtigem Optimismus
• El-Erian erwartetet vom neuen Zinsumfeld und dem Börsencrash positive Langzeitfolgen
Mohamed El-Erian gilt in Finanzkreisen als einer der besten Kenner der internationalen Märkte. Der US-Amerikaner mit ägyptischen Wurzeln hatte schon viele hohe Posten inne: El-Erian arbeitete fünfzehn Jahre lang beim Internationalen Währungsfond, leitete den milliardenschweren Fonds der Harvard University und war CEO beim US-Investmentunternehmen PIMCO. Derzeit ist er Chef-Wirtschaftsberater bei der Allianz und schreibt darüber hinaus zahlreiche Marktanalysen, unter anderem für "Bloomberg", die "Financial Times" oder "Yahoo Finance". Angesichts seiner langjährigen Erfahrung nimmt es wenig wunder, dass seine regelmäßigen Einschätzungen zur Börsenlage große Aufmerksamkeit erzeugen.
El-Erian kommt zu einem eindeutigen Fazit über das erste Börsenhalbjahr
In seinem jüngsten Beitrag bei "Bloomberg News" fasst El-Erian die ersten sechs Monate des Jahres zusammen und gibt zugleich einen hoffnungsvollen Ausblick für die zweite Jahreshälfte. Der Allianz-Berater findet für die Börsenentwicklung von Januar bis Juni 2022 klare Worten: "Zu sagen, dass die erste Jahreshälfte für die Anleger schmerzhaft war, wäre eine große Untertreibung. Sie erlitten große Verluste bei ihren Beständen an Aktien, Unternehmensanleihen, Schwellenländern, Kryptowährungen und anderen Vermögenswerten; und in den meisten der letzten sechs Monate erhielten sie keinen Schutz durch Staatsanleihen, deren traditionelle Eigenschaften zur Risikominderung ebenfalls großen Verlusten weichen mussten", so der Experte. Nur bei einigen Rohstoffen und damit verbundenen Aktien hätten Anleger in den ersten beiden Quartalen stabile Gewinne erzielen können - jedoch würde dies wenig an dem "düsteren Gesamtbild" ändern. Immerhin: Die Anleger könnten den Großteil ihrer Schmerzen hinter sich haben, vermutet El-Erian.
Diese drei hoffnungsstiftenden Faktoren erkennt El-Erian
El-Erian sieht drei Anzeichen, die auf eine baldige Erholungsbewegung der internationalen Börsen hinweisen könnten. Erstens könne man bei einzelnen Aktien wieder ein attraktives Rendite-Risiko-Profil erkennen. Die jahrelange, von der expansiven Geldpolitik genährte Börsenhausse habe die Bewertungen der Unternehmen aufgebläht. Die überschüssigen Finanzmittel hätten spekulative Exzesse befördert, die Fundamentaldaten der Konzerne hätten über Jahre hinweg eine viel zu geringe Rolle gespielt, urteilt El-Erian. Der Allianz-Berater sieht diesbezüglich eine positive Entwicklung: Die Geldflut habe 2022 ein Ende gefunden und der Markt nähere sich wieder einer fairen Bewertung an. Er erkenne vermehrt wieder Chancen zum Einstieg: "Einige prominente Einzeltitel befinden sich bereits im überverkauften Bereich, nachdem sie durch den allgemeinen Ausverkauf aufgrund der rückläufigen Liquidität technisch kontaminiert wurden", so El-Erian.
Ein zweiter positiver Aspekt sei die sich andeutende Entspannung am Anleihemarkt. Die Zinsen für die 10-jährigen US-Staatsanleihen haben sich seit Mai bei knapp drei Prozent stabilisiert. Auch die Rendite der deutschen Bundesanleihen hat sich in den letzten Wochen nicht mehr gesteigert. Infolgedessen konsolidieren ebenfalls die Kurse der Anleihen, die stets gegenläufig zu der Rendite laufen. Der enorme Verkaufsdruck von Anleihen zwischen Januar und April scheint somit zumindest vorerst gebannt. Dies ist El-Erian zufolge nicht nur als ein gutes Zeichen für konservativere Anleger zu deuten, die Schutz in den vermeintlich sicheren Anleihen suchen. Ebenfalls habe dies eine positive Auswirkung auf den breiten Gesamtmarkt. Übrigens ist El-Erian nicht der Einzige, der eine Beruhigung des Anleihemarktes erwartet. Auch andere Analysten wie Matt Smith, Investment Director bei Ruffer, oder Steve Wyett, Chef-Anlagestratege bei BOK Financial, gehen davon aus, dass der Großteil des Schadens im Anleihemarkt inzwischen angerichtet worden sei. Sie rechnen mit einer baldigen Trendwende. Die Entspannung im Bond-Markt könnte insofern für eine Erholung an den Aktienmärkten sorgen, als dass viele Ökonomen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesen beiden Segmenten des Kapitalmarktes sehen.
Der dritte "Silberstreifen" bestehe laut El-Erian darin, dass sich in den letzten Handelstagen wieder eine "Rückkehr der traditionellen umgekehrten Korrelation zwischen dem Kurs von Staatsanleihen (dem 'risikofreien Vermögenswert') und dem von Aktien ('risikoreich')" andeute. Ein wichtiger Grund dafür liege darin, dass die "drei Risikofaktoren hintereinander und nicht gleichzeitig abliefen." Begonnen hätte die Börsenkrise mit dem "Zinsrisiko", also der Befürchtung, die Fed könne die Leitzinsen angesichts der hartnäckigen Inflation stark anheben. Dies habe sich bewahrheitet und führte zum zweiten Risikofaktor, dem "Rezessionsrisiko". Die Angst der Anleger sei hierbei, die Fed würde durch die Zinssteigerungen die eigentlich gut laufende Konjunktur abwürgen und eine Rezession verursachen. El-Erian zufolge gibt es aber noch einen dritten Risikofaktor: "Je länger diese beiden Risiken andauern, desto größer ist die Gefahr, dass der dritte, noch schädlichere Risikofaktor zum Tragen kommt: Stress für das Funktionieren der Märkte." Der Markt habe in den vergangenen Monaten all diese Risikofaktoren hintereinander berücksichtigt und womöglich eingepreist. Dies könne dem Kapitalmarkt nach den unruhigen Monaten womöglich wieder in etwas ruhigere Bahnen verhelfen, glaubt der 63-Jährige.
El-Erian: Börsencrash durch Fed-Geldpolitik könnte langfristig positive Effekte haben
Trotz des vorsichtig optimistischen Ausblicks betont El-Erian, dass Anleger angesichts der hochgefährlichen Gemengelage weiterhin mit "einer unangenehmen, holprigen und beunruhigenden Reise" rechnen müssen. Das Ziel dieser Reise könne aber zuversichtlich stimmen, El-Erian kann dem Börsenabverkauf nämlich viel Positives abgewinnen: "Für langfristige Anleger wird es sich im Laufe der Zeit als vorteilhaft erweisen, dass die Märkte ein künstliches Regime verlassen, das viel zu lange von der Fed aufrechterhalten wurde und das zu überschwänglichen Bewertungen, relativen Preisverzerrungen, Fehlallokationen von Ressourcen führte und dazu, dass die Anleger die Fundamentaldaten von Unternehmen und Staaten aus den Augen verloren", so das versöhnliche Resümee des Marktexperten.
Redaktion finanzen.at
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