Outperfomance in Osteuropa 15.09.2013 03:00:02

Bulgarien: Börse trotzt der Politik

von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Viel Zeit für sein Hobby, die hat Bulgariens Ex-Regierungschef Boiko Borissow jetzt. Seitdem er nach wochenlangen Demonstrationen gegen hohe Strompreise und Korruption im Februar zurücktrat, widmet er sich seinem Traum, Fußballprofi zu werden. Der 54-Jährige gab sein Debüt in einem Ligaspiel beim Zweitligisten Witoscha und hielt dabei erstaunlich gut mit. Seine Zukunft sieht der Seniorenkicker aber weiter in der Politik. Als Oppositionsführer forderte er zuletzt den Rücktritt seines parteilosen Nachfolgers Plamen Orescharski.

Der gewann die vorgezogenen Parlamentswahlen im Mai und steht nun einer aus Experten bestehenden Regierung vor. Mit dieser verbanden die Bulgaren die Hoffnung, dass die grassierende Korruption eingedämmt wird und ihr Lebensstandard sich verbessert. Das Land ist mit einem Durchschnittseinkommen von 350 Euro je Einwohner eines der ärmsten in Europa.

Inzwischen protestieren die Bulgaren auch gegen die neue Regierung. Die wollte den zwielichtigen Oligarchen Deljan Peewski, dem Kontakte zur Unterwelt nach­gesagt werden, zum Geheimdienstchef ernennen. Nachdem das Parlament von wütenden Demonstranten stundenlang eingekesselt worden war, trat Peewski zurück.

Unbeeindruckt von den politischen Wirren zeigt sich seit Januar die Börse Sofia. Sie stieg um 30 Prozent und ist damit eine der besten weltweit. Das Land setzte harte IWF-Auflagen um, was Vertrauen bei Anlegern schuf. Die Staatsverschuldung liegt laut Prognosen von Raiffeisen Research für 2013 bei 17,8 Prozent, das Haushaltsdefizit bei 2,1 Prozent und das Leistungsbilanz­defizit bei 1,6 Prozent des BIP. „Das sind Zahlen, von denen andere EU-Länder nur träumen“, so Martin Stel­zen­eder, Osteuropa-Analyst bei der Raiffeisen Bank International (RBI). Das Wachstum beträgt im laufenden Jahr 0,5 Prozent, 2014 soll es auf 2,5  Prozent steigen — vorausgesetzt, die politische Situation verschärft sich nicht.

Aaron Alber, Osteuropa-Aktienprofi bei RBI, ist im Hinblick auf Sofias Aktienmarkt optimistisch, da dieser mit dem 2013er-KGV von 7,6 und einem KBV von 0,6 sehr günstig ist. „Im Zuge des Kapitalabzugs aus BRIC-Ländern und Asien rücken günstig bewertete Börsen wie Bulgarien in den Fokus der Emerging-Market-Anleger“, sagt er.

Zudem profitieren die Unternehmen im Balkanstaat vom Ende der Rezession in Europa. Mit einem Indexzertifikat (ISIN: NL0000732295) der RBS auf den Leit­index Sofix partizipieren spekulative Anleger. Sie verzichten dabei auf etwa fünf Prozent Dividende und sollten mit hoher Volatilität rechnen, da die Börse in Sofia sehr illiquide ist. Das größte Risiko ist aber die Instabilität. Hat doch die politische Klasse derzeit nur Zweitliga-Niveau. 

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