22.08.2008 14:41:00

EMFIS.COM - ASIEN-TRENDS-KOLUMNE: Showdown beim Hang Seng Index?

EMFIS.COM - In China und Hongkong hat diese Woche eine kurzfristige, aber dafür vielbeachtete Erholung stattgefunden. Am Mittwoch sprang der Shanghai Composite Index, der seit seinem Hoch im vergangenen Sommer rund 60 Prozent abgegeben hat, um über 7 Prozent nach oben. Auch der Hang Seng Index in Hongkong zog um über 2 Prozent an. Dies weckte vielerorts Hoffnungen, dass der jüngste Kursverfall bei den chinesischen Aktien jetzt zu Ende sein könnte, und dass die lang ersehnte Trendwende endlich vor der Tür stehe.

Auch wir halten chinesische Aktien – und vor allem die in Hongkong gehandelten H-Shares – schon seit geraumer Zeit für äußerst günstig. Die kurzfristige Erholung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass aus charttechnischer Sicht etwas geschehen ist, das nicht hätte gesehen dürfen. Der Hang Seng Index ist nämlich zum Wochenbeginn unter sein altes Tief vom März dieses Jahres gerutscht, und hat anschließend bereits an drei Tagen neue Jahrestiefs markiert. Auch die deutliche Erholung am Mittwoch war in diesem Zusammenhang vermutlich nur eine kurze Episode.

Diese Entwicklung muss nicht nur bei charttechnisch orientierten Anlegern die Alarmglocken schrillen lassen. Das Tief im März ist insofern bedeutsam, als es auf die erste Stimmungskrise hinweist, die die weltweite Anlegerschar im Zuge der Subprime-Krise erlitten hat. Von März bis Mai haben sich die meisten Märkte dann wieder erholt, um allerdings anschließend erneut einzuknicken. Der amerikanische Dow Jones Index hatte sein März-Tief bereits Ende Juni wieder unterboten und sich seither auch nicht mehr nennenswert erholen können. Der deutsche Dax wiederum ist Mitte Juli unter seinen März-Tiefstand gerutscht und zeigt sich seither recht farblos.

Ganz anders haben sich bisher viele asiatische Indizes verhalten. Beim japanischen Nikkei 225 wurde das März-Tief von 11.787 Punkten seither nicht mehr unterschritten. Er notiert derzeit bei rund 12.800 Zählern, und verfügt damit über einem relativ sicheren Abstand von etwa 1000 Punkten. Und auch der Hongkonger Hang Seng Index kam seinem März-Tief zwar im Juli mehrmals gefährlich nahe, ist aber zweimal mustergültig daran abgeprallt und hat daraufhin wieder nach oben gedreht. Jetzt aber hat er doch kapituliert und ist dabei gleichzeitig auch deutlich unter die 21.000-Punkte-Linie gerutscht. Er befindet sich zurzeit nurmehr bei 20.400 Zählern.

Für den Hang Seng Index und die darin enthaltenen Aktien gilt jetzt erst einmal erhöhte Alarmbereitschaft. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass gerade die chinesischen Unternehmen in Hongkong ein hohes Kurspotential haben. Die Bewertungen sind inzwischen sehr günstig (Durchschnitts-KGV unter 13), während in vielen Fällen weiterhin hohe Gewinnwachstumsraten zu erwarten sind. Für Anleger mit einem mittel- bis langfristigen Horizont ist Hongkong – nicht zuletzt wegen der immer noch zweistelligen volkswirtschaftlichen Wachstumsraten in China – einer der interessantesten Aktienmärkte der Welt. Von einer Überbewertung oder gar „Blase“ kann inzwischen keinerlei Rede mehr sein. Dennoch ist die kurzfristige Dynamik ohne Zweifel negativ.

Selbst das schwache Chartbild aus Hongkong muss nicht heißen, dass sich nicht bereits in wenigen Tagen oder Wochen wieder sichtliche Erholungstendenzen Bahn brechen können. Dies haben wir ja auch in der Vergangenheit häufig gesehen. Für etwas wahrscheinlicher halten wir allerdings das Szenario eines „Showdowns“,  in dessen Zuge der Markt nochmals richtig durchgerüttelt werden soll. Die langfristig agierenden Investoren sind durchaus erpicht darauf, dass jetzt auch die letzten „zittrigen Hände“ ihre Hongkong-Titel fallen lassen. Die Begleitmusik dazu wäre dann wie immer die Sorge vor einer weltweiten Konjunkturabkühlung, bedingt durch die amerikanische Immobilien- und Finanzkrise. Auch dies ist uns aus den vergangenen Monaten sattsam bekannt.

Die derzeitige Situation zwingt uns dazu, gerade am Hongkonger Markt sehr vorsichtig zu agieren. Wir sollten allerdings den anderen Marktteilnehmern im Gegenzug auch nicht den Gefallen tun, ihnen unsere wertvollen Hongkong-Positionen unterbilligt anzudienen. Es gibt immer mehr Langfrist-Investoren, die die derzeitige Marktlage durchaus in ihrer Krisenhaftigkeit erkennen, diese aber auch als historische Chance begreifen. Denn gerade wer an den Asien-Börsen erst sehr spät eingestiegen ist, hat jetzt die Möglichkeit, hervorragende Papiere Schritt für Schritt billig einzusammeln. Und diese bestechenden Einstiegsmöglichkeiten bieten sich an der Börse nicht allzu oft.

Auch im ASIEN-TRENDS-Musterdepot sind wir in Hongkong und China exponiert. Allerdings konnten sich diese Positionen dem allgemein schwachen Marktumfeld entziehen. So haben wir mit dem Discount-Zertifikat auf PetroChina (WKN: AA0C3P) von der Volatilität am Hongkonger Aktienmarkt profitieren können. Das im März erworbene Zertifikat liegt derzeit 9,1 Prozent im Plus.

Die Aktie des chinesischen Internet-Werbevermarkters Sohu.com (WKN: 502687) ist nicht in Hongkong, sondern an der Nasdaq gelistet. Hier wurde seit Anfang August ein Kursplus von 5,8 Prozent erzielt. PCCW (WKN: 165235) haben gestern einen Gewinnrückgang von 20 Prozent melden müssen. Die Phantasie bei dieser Aktie liegt aber im geplanten teilweisen Abverkauf der Telekom- und Medien-Aktivitäten. Dieser könnte bis zu 2 Milliarden US-Dollar erbringen und bereits im Oktober dieses Jahres stattfinden. Die Aktie, die wir Mitte Juli erworben haben, befindet sich knapp 3 Prozent im Plus.




Gerhard Heinrich ist Asien-Redakteur bei EMFIS. Er verfasst gemeinsam mit Rainer Hahn den Trading-Dienst ASIEN-TRENDS. Dieser Dienst erscheint immer bei Handlungsbedarf, aber mindestens einmal wöchentlich. Darin erhalten die Leser neben einer umfassenden Marktanalyse vor allem konkrete Aktien- und Derivate-Empfehlungen für die asiatischen Märkte.

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www.asien-trends.de

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