02.08.2017 19:36:51

AUF EINEN BLICK/Was der Diesel-Gipfel (nicht) gebracht hat

   Von Christian Grimm und Stefan Lange

   BERLIN (Dow Jones)--Vor Beginn des "Nationalen Forums Diesel" gab es Hektik wegen der Verlagerung des Veranstaltungsortes vom Verkehrs- ins Innenministerium. Dann wurde die Pressekonferenz um mehr als zwei Stunden verschoben. Wer sich das Ergebnis des mehrstündigen Treffens anschaut, kann aber zu dem Schluss kommen: Viel Aufregung um wenig.

   Denn das große Reinemachen in der Autoindustrie blieb bei diesem Treffen zwischen Politik und Konzernen aus. Die in Verruf geratenen Konzerne dürfen mit Softwareupdates an der Motorsteuerung versuchen, ihre Diesel sauberer zu machen. An die Hardware müssen sie nicht ran. Das eine ist deutlich billiger als das andere, und so ging auch durch die Börse ein befreites Aufatmen.

   Für die Bürger in Großstädten gilt das nicht, sie müssen weiterhin verpestete Luft atmen, denn: "Fahrverbote können und müssen in Deutschland vermieden werden", wie ein Fazit des Gipfels lautete. Das andere: "Zu einem zukunftsfähigen und nachhaltigen Antriebsmix gehört auch der Diesel."

   Die Ergebnisse des Treffens im Überblick:

- Neue Software für 5,3 Millionen Diesel Die Autobauer versprechen, insgesamt mehr als 5 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit der Schadstoffklasse Euro 5 und Euro 6 in die Werkstätten zurückzurufen und eine neue Software aufzuspielen. Das soll den Ausstoß der giftigen Stickoxide um durchschnittlich 25 bis 30 Prozent reduzieren. Die Hersteller sagen zu, dass durch die Nachrüstung keine Kosten für die Halter entstehen und darüber hinaus die Nachrüstung keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben wird. Der ADAC kritisierte, die Politik sei hier eingeknickt, denn Nachrüstungen könnten bis zu 90 Prozent Dreck einsparen.

- Kosten? Die Hersteller tragen die Kosten der ganzen Aktion komplett. Die Kunden haben nur den Stress, ihren Selbstzünder in die Werkstatt zu fahren. VDA-Chef Matthias Wissmann bezifferte die finanzielle Belastung für BMW, VW und Daimler auf 500 Millionen Euro.

- Fahrverbote? Generelle Fahrverbote wird es in Zukunft nicht geben. "Wir begrüßen, dass Bundesregierung und Länder der Vermeidung von generellen Fahrverboten Priorität einräumen", jubelte die Autobranche. So könne "die Verunsicherung bei den Dieselfahrern und im Automobilmarkt beendet werden". Die Autobauer fordern sogar frech "umfassende Maßnahmenpakete für die Luftreinhaltung", die "die freiwillige Nachrüstung durch deutsche Hersteller ergänzen". Schnell hinzukommen müssten eine bedarfsgerechte Infrastrukturpolitik für Städte und Ballungsräume sowie eine rasche Flottenerneuerung älterer Taxen und Busse.

- Fonds für saubere Luft Bundesregierung und Autoindustrie werden einen gemeinsamen Fonds gründen und mit 500 Millionen Euro befüllen. Der Steuerzahler trägt die Hälfte, den Rest steuern die Autokonzerne nach Marktanteilen bei. Der Fonds hat den blumigen Namen "Nachhaltige Mobilität für die Stadt" und mit dem Geld sollen die Kommunen unter anderem darin unterstützt werden, ihre Busse, Müllautos und Kehrmaschinen zu erneuern. Das Geld fließt also zu großen Teilen wieder an die Autohersteller zurück.

- Haben die Autobauer nun Ruhe? Davon ist nicht auszugehen. Umweltministerin Barbara Hendricks erklärte, Software-Updates könnten das Problem nicht lösen. Der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, kündigte an, weitere Abschalteinrichtungen bei Dieselautos aufzudecken. Der Quälgeist vom Dienst der deutschen Vorzeigeindustrie und der Politik prüft außerdem, ob die DUH in zwei weiteren Städten wegen schlechter Luft klagt. Bisher prozessiert sie in 16 Städten, zuletzt sehr erfolgreich in Stuttgart. "Die Fahrverbote kommen im Jahr 2018", ist sich Resch sicher.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl

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   August 02, 2017 13:06 ET (17:06 GMT)

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