27.12.2012 12:45:00
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Schwellenländer als Lichtblick der Weltwirtschaft
Ein Gastbeitrag von Christophe Bernard, Chefstratege Bank Vontobel, Vontobel Asset Management, Zürich.
Im nächsten Jahr dürfte die Konjunktur weltweit leicht anziehen. Die Rolle der Wachstumslokomotive kommt dabei den Schwellenländern zu, während die entwickelten Volkswirtschaften von den offenen Geldschleusen der Zentralbanken profitieren.
Europa, Japan, Großbritannien und die USA hängen sozusagen am Rockzipfel der jeweiligen Währungshüter. Die Zentralbanken pumpen zum Beispiel über Käufe von Staatsanleihen Liquidität in die Bankensysteme, die wiederum als Schmiermittel für die Wirtschaft dient. Allerdings fließt ein bedeutender Teil des Geldes auch wieder in die Finanzmärkte ab. Für die Industrieländer erwarten wir für 2013 immerhin noch ein Wirtschaftswachstum in einer Spanne von ungefähr 0,5 Prozent (Eurozone) bis 1,8 Prozent (USA).
Helfer in der Not
In diesem Umfeld erscheinen Schwellenländer geradezu als Hort wirtschaftlicher Solidität, sowohl bezüglich ihrer Staatsfinanzen wie auch des Privat- und Staatskonsums. Zudem können die Zentralbanken dieser Region auf eine Konjunkturabschwächung mit Zinssenkungen reagieren – eine Situation, die im "Westen" nicht mehr gegeben ist.
Die Verschuldung der Eurozone wird die Märkte noch längere Zeit beschäftigen. Die Schuldenkrise ist mittlerweile zu einem internationalen Problem geworden, das auch den Internationalen Währungsfonds (IWF) auf den Plan gerufen hat. Damit wären wir wieder beim Thema Schwellenländer: Hinter dem IWF stehen viele aufstrebende Märkte, die mittlerweile in Zahlungsschwierigkeit geratene Industrieländer zumindest mitfinanzieren.
Nebenbei bemerkt: Im 20. Jahrhundert war Deutschland nach zwei Weltkriegen der größte "Schuldensünder". Die Gläubiger – unter ihnen befand sich damals auch Griechenland – erließen Deutschland damals einen gehörigen Teil der Schulden und ermöglichten damit das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre.
Die Weltwirtschaft ist zunehmend von der Dynamik der aufstrebenden Märkten abhängig: Lag ihr Beitrag zum globalen Wirtschaftswachstum 1980 noch bei rund 30 Prozent, beträgt er mittlerweile 50 Prozent und dürfte weiter steigen Wir erwarten, dass Schwellenländer im Jahr 2013 ein BIP-Wachstum von 5,5 Prozent erzielen werden.
Chinesischer Drache im Steigflug
China kommt eine besondere Rolle zu. Das Reich der Mitte ist mit einem Anteil von 14 Prozent an der globalen Wirtschaftsleistung bereits die zweitgrößte Volkswirtschaft und könnte sich gemäß IWF-Schätzungen noch in diesem Jahrzehnt zur Nummer eins aufschwingen. Wachstumsraten von über neun Prozent wie in der Vergangenheit sind zwar unwahrscheinlich, doch für 2013 ist unserer Ansicht nach ein Zuwachs von stattlichen acht Prozent möglich. Nachdem sich die chinesische Konjunktur 2012 einige Quartale lang abgekühlt hatte, gab es im Herbst 2012 erste Anzeichen einer Bodenbildung. Unserer Auffassung nach sollte die jüngste Rallye chinesischer Aktien noch nicht abgeschlossen sein.
Aus früheren Krisen gelernt
Auch Schwellenländer-Staatsanleihen, sowohl in lokaler als auch in Hartwährung (US-Dollar), sind attraktiv. Schwellenländer scheinen aus den Fehlern der Vergangenheit, die sich beispielsweise in den Schulden- und Währungskrisen in Lateinamerika und in Asien in den 1980er und 90er Jahren äußerte, gelernt zu haben. Die Verschuldung ging in vielen Ländern zurück – sie ist im Durchschnitt niedriger als in Industrieländern –, die Bankenregulierung hat vielerorts westlichen Standard erreicht und die Glaubwürdigkeit vieler Schwellenländer-Zentralbanken ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Aus diesen Fortschritten resultierten ein starker Rückgang der Inflation und ein robusteres Wirtschaftswachstum.
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