Rücktrittsrecht |
03.11.2021 11:06:00
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Immobilienfonds: VfGH bestätigt Anlegerschutz
Bei geschlossenen Immobilien- und Schiffsfonds ("Hollandfonds") haben Anleger vor Jahren teilweise viel Geld verloren. Statt einem mutmaßlich sicheren Vorsorgeprodukt erwarben sie nämlich eine riskante Unternehmensbeteiligung, bei der sogar die Rückforderung bereits erhaltener Ausschüttungen zum Thema werden konnte. In den Rechtsstreitigkeiten kam ein weiterer Punkt auf: Wenn Verbraucher keine oder eine unvollständige Anlegerbestätigung erhalten hatten, bestehe grundsätzlich ein Rücktrittsrecht.
Das hatte bereits der Oberste Gerichtshof (OGH) vor knapp einem Jahr entschieden (6 Ob 220/20a). Nun hat das auch der Verfassungsgerichtshof bestätigt: Er hat entschieden, dass die Regelung im Kapitalmarktgesetz (KMG), die Verbrauchern in solchen Fällen ein "ewiges Rücktrittsrecht" einräumt, nicht verfassungswidrig ist.
Den Anlassfall lieferten zwei Anleger, die sich an einem "Hollandfonds" des Hamburger Emissionshauses MPC beteiligt hatten. Die Beteiligung lief zunächst indirekt über die Treuhandgesellschaft TVP, dann wurden sie selbst als Kommanditisten im deutschen Handelsregister eingetragen. Später erklärten sie gegenüber der Treuhänderin den Rücktritt vom Vertrag - zu Recht, wie das Handelsgericht Wien in erster Instanz entschied. Der Grund war, dass die Anlegerbestätigung, die sie erhalten hatten, mangelhaft war: Das Datum der Veröffentlichung des Veranlagungsprospekts im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" fehlte. Und diese Angabe muss laut Gesetz in der Bestätigung enthalten sein.
Die TVP berief gegen dieses Urteil und stellte einen Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH: Das unbefristete Rücktrittsrecht für Verbraucher laut KMG verstoße gegen den Gleichheitssatz und die Unverletzlichkeit des Eigentums und sei daher verfassungswidrig. Unter anderem, weil die erhöhten Anforderungen ausschließlich für Veranlagungen in Immobilien vorgesehen sind. Und weil das Rücktrittsrecht zwar gegen den Vertragspartner des Anlegers geltend zu machen ist, aber mitunter gar nicht dieser, sondern ein anderes Unternehmen - der Emittent oder der inländische Anbieter der Veranlagung - die Anlegerbestätigung auszustellen habe, wie auch hier. Insofern treffe der Vertragsrücktritt oft das falsche Unternehmen.
Den VfGH überzeugte das nicht. Aus seiner Sicht liegt es am Vertragspartner des Anlegers, sich zu vergewissern, dass die Veranlagung alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt und eben auch die Anlegerbestätigung korrekt ist. Und wenn der Gesetzgeber gerade bei Immobilieninvestments ein erhöhtes Informations- und Schutzinteresse annehme und eine entsprechende Informationsverpflichtung im Interesse der Verbraucher vorsehe, liege das innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums.
gru/sp
WEB http://www.verfassungsgerichtshof.at
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