27.05.2008 12:42:43

Brasilien-Fonds im Fokus

Frankfurt (aktiencheck.de AG) - Nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Krisen und der Stagnation scheint nach China, Russland und Indien auch Brasilien den Weg zu beständigem Wirtschaftswachstum gefunden zu haben, so die Deutsche Börse AG.

Von den Schwellenländern habe das Land in den letzten vier Jahren den größten Sprung nach vorne gemacht. Grund sei die vom einstigen Gewerkschaftsführer und heutigen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva betriebene Sozial- und Stabilitätspolitik, die den gesellschaftspolitischen Konsens für die neu gewonnene Stabilität des Landes gebildet habe. Lulas Popularität bei der ärmeren Bevölkerung resultiere nach Ansicht der BayernLB insbesondere aus den umfangreichen Umverteilungsmaßnahmen der Regierung.

Im Rahmen eines Familienstipendiums zur Armutsbekämpfung, des so genannten "Bolsa Familia-Programms", erhalte ein Viertel der brasilianischen Bevölkerung mittlerweile "bedingte" Transferzahlungen. Die Empfänger müssten sich verpflichten, an bestimmten Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Neben den Transferzahlungen habe zur Verbesserung der Stimmung im Land auch die Entstehung neuer Arbeitsplätze in den unteren Einkommensklassen eine Rolle gespielt.

Brasilien sei das fünftgrößte Land der Erde und repräsentiere mit einer Bevölkerung von 190 Millionen Menschen die größte Volkswirtschaft Südamerikas. Mit einer Fläche von 8,5 Millionen Quadratkilometern sei Brasilien dreimal so groß wie Argentinien und habe etwa doppelt so viele Einwohner wie Mexiko. Es verfüge über umfangreiche Bodenschätze - Eisenerz, Bauxit, Gold, Titan, Mangan, Kupfer und Zinn. Das Land zähle zu den wichtigsten globalen Rohstofflieferanten und sei der größte Eisenerz-Exporteur der Welt.

Bis auf Öl liefere Brasilien fast jeden Rohstoff der an den Terminmärkten gehandelten Kontrakte. Jüngste Funde des heimischen Ölkonzerns Petrobras vor der Küste des Landes hätten aber sogar die Ölpreise an den US-Rohstoffbörsen bewegt. Die industrielle Produktion konzentriere sich auf die Herstellung von Maschinen, elektrischen Geräten, Baumaterialien, Gummi, Chemikalien und Fahrzeugen.

Laut der BayernLB nehme die Landwirtschaft eine zentrale Rolle im Wirtschaftsgefüge Brasiliens ein. Nach den USA seien die Südamerikaner der größte Erzeuger von Sojabohnen. Bei der Zuckerproduktion sei das Land sogar weltweit führend. Neben dem Export werde Zuckerrohr vor allem für die Produktion von Bioethanol verwendet. Seit der Jahrtausendwende habe die Ethanol-Produktion um mehr als 70 Prozent zugenommen. Unter Berücksichtigung der Ölpreisentwicklung sei zu erwarten, dass Zuckerrohr zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen und für Brasilien eine bedeutende Wachstumsbranche darstellen werde.

Im vergangenen Jahr sei die Ethanol-Produktion nach einer Studie der brasilianischen Regierung um 13 Prozent auf 20,4 Milliarden Liter erhöht worden. Etwa drei Viertel davon würden für den brasilianischen Eigenverbrauch verwendet, Ethanol decke rund 40 Prozent des inländischen Treibstoffverbrauchs. Bis zum Jahr 2013 erwarte die Regierung eine Verdopplung der Inlandsnachfrage.

Im Zuge der Produktionsausweitung kämen allerdings laut der DekaBank auch große Anforderungen an den Ausbau der Infrastruktur auf Brasilien zu. Um Ethanol als Massenware zu etablieren, müssten die Qualitätsstandards des Treibstoffs verbessert und ein funktionierender Terminmarkt aufgebaut werden. Das dafür notwendige Investitionsvolumen könnte aber nur aus dem Ausland kommen, weshalb der Ausbau dieses Wirtschaftszweiges noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen werde.

Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von etwa 1,4 Billionen US-Dollar in 2007 verfüge Brasilien nach Angaben des Auswärtigen Amtes über die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das BIP pro Kopf habe rund 7.600 US-Dollar betragen. Das BIP setze sich aus einem Anteil von 64 Prozent im Dienstleistungsbereich, zu 30 Prozent aus der Industrie und zu 6 Prozent aus der direkten Landwirtschaft zusammen.

Die Wirtschaftslage in Brasilien habe sich 2007 positiv entwickelt. Das BIP sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,4 Prozent gewachsen. Getragen worden sei der Anstieg vor allem durch die Binnennachfrage. Die brasilianische Regierung habe Anfang 2007 ein Programm zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums gestartet, das bis 2010 Investitionen von knapp 200 Milliarden Euro vor allen für Infrastrukturprojekte vorsehe. Ein Großteil der Investitionen solle durch öffentliche und private Unternehmen erfolgen. Der Anteil der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherungen werde rund 26 Milliarden Euro betragen.

Als Reaktion auf die wirtschaftliche Stabilisierung habe sich die Schuldenstruktur der DekaBank zufolge in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Das Vertrauen in die Fähigkeit der Währungshüter, die Inflation auf einem niedrigen Niveau zu halten, habe es dem Finanzministerium ermöglicht, den Anteil der öffentlichen Schulden in US-Dollar zu reduzieren und den Anteil in BRL (Brasilianischer Real) dementsprechend zu erhöhen. Zusätzlich habe die erhöhte Glaubwürdigkeit der stabilitätsorientierten Politik dazu genutzt werden können, die Verlängerung der Verschuldungsfristen an den internationalen Kapitalmärkten von wenigen Monaten auf mittlerweile drei Jahre durchzusetzen.

Demgegenüber achte die Regierung zunächst darauf, dass Investitionen primär in das eigene Land fließen würden. Die Bruttoinlandsinvestitionen hätten allein im vergangenen Jahr um 18,2 Prozent zugelegt. Im Zuge der anhaltenden Hochkonjunktur hätten die Steuereinnahmen um ein Drittel zugenommen und den Haushaltssaldo im positiven Bereich gehalten. Die hohe Binnenverschuldung habe dadurch weiter zurückgefahren werden können.

Die Auslandsverschuldung sei 2007 nach Angaben von UniCredit nicht weiter zurückgeführt worden, Ende des Jahres habe sie bei 208 Milliarden US-Dollar und damit 9 Milliarden US-Dollar über dem Stand des Vorjahres gelegen. Das Verhältnis der Auslandsschulden zum BIP habe sich von 18,6 Prozent auf 18 Prozent leicht verbessert.

Besonders deutlich sei der Schuldendienst zurückgegangen. Nach der vorzeitigen Rückzahlung der Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Ende 2005 habe sich die Schuldendienstquote mehr als halbiert. Wegen der geringen Exportquote von rund 14 Prozent müsste derzeit noch etwa ein Viertel der Exporterlöse für den Schuldendienst aufgebracht werden. Der rückläufige Trend werde sich aber auch in den folgenden Jahren fortsetzen, wenngleich in stark abgeschwächter Form.

Hohe Wachstumsraten verzeichne laut der BayernLB auch der brasilianische Außenhandel. Obwohl der Kurs des BRL gegenüber dem US-Dollar im Laufe des Jahres 2007 um etwa 17 Prozent angestiegen sei, hätten die Exporte um 16,6 Prozent höher als im Vorjahr gelegen. Die Importe hätten um 32 Prozent zugelegt. Zu den wichtigsten Absatzmärkten würden neben den USA und dem Nachbarland Argentinien die aufstrebenden Länder Asiens gehören, allen voran China, dessen Rohstoffbedarf auch in Zukunft hoch bleiben werde.

Dem hohen Handelsbilanzüberschuss von 4,3 Prozent des BIP stehe in der Zahlungsbilanz ein negativer Saldo der Dienstleistungs- und Einkommensbilanz gegenüber, der im vergangenen Jahr stärker gestiegen sei als der Überschuss in der Handelsbilanz. Der gesamte Leistungsbilanzüberschuss habe sich dadurch leicht auf 13,3 Milliarden US-Dollar oder 1,2 Prozent des BIP verringert. Der starke BRL werde in den nächsten Jahren trotz des kräftigen Exportwachstums einen Rückgang des Handels- und Leistungsbilanzüberschusses zur Folge haben.

Die Inflationsrate habe sich im letzten Jahr nach Angaben der BayernLB positiv entwickelt. Die Geldentwertung habe im Jahresdurchschnitt 3,9 Prozent betragen und sei damit so gering ausgefallen wie seit 9 Jahren nicht mehr. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres seien Werte zwischen 4,2 Prozent und 5,1 Prozent registriert worden. Die Preissteigerungsrate werde auch in diesem Jahr deutlich unter dem Inflationsziel der Zentralbank von 4,5 Prozent bleiben. Bei einem Realzins von über 8 Prozent und einem steigenden Außenwert des BRL sei der Zinssenkungsspielraum der Zentralbank zudem noch nicht ausgeschöpft.

Einen weiteren Schritt in Richtung der großen Industrienationen habe Brasilien nach Angaben der Credit Suisse Anfang Mai verbuchen können. Die Investmentagentur Standard & Poor's habe die Bewertung des Landes für die internationalen Kreditmärkte auf "Investment Grade" angehoben. Diese Einstufung bedeute, dass Brasilien als guter und verlässlicher Schuldner gelte, und öffne das Tor für neue Kapitalzuflüsse. Im Länder-Kredit-Rating des "Institutional Investor" vom März 2008 habe Brasilien im Jahresvergleich 4,3 Punkte hinzugewonnen. Mit 62,5 von 100 möglichen Punkten rangiere es nun auf Platz 55 unter den 174 gelisteten Ländern.

Nach Meinung der BayernLB gestalte sich der ökonomische Ausblick für Brasilien nach wie vor positiv. Der Ethanol-Boom biete ein großes Wachstumspotenzial, von dem auch die ländlichen Regionen profitieren könnten. Für Wachstumsraten von 5 Prozent oder mehr, wie sie andere Schwellenländer aufweisen würden, sei allerdings eine Vielzahl an Reformen notwendig, um veraltete, ineffiziente und investitionsfeindliche Strukturen aufzubrechen. Von dem Tempo ihrer Umsetzung sei es abhängig, wie schnell die Wirtschaft ihr volles Wachstumspotenzial zur Entfaltung kommen lassen könne. UniCredit verweise darauf, dass mit der Verbesserung der internationalen Kreditwürdigkeit neue Liquidität nach Brasilien fließe. Der international weiter steigende Rohstoffbedarf werde dem Land mittelfristig wesentlich höhere Wachstumsraten ermöglichen.

Die Börse von Sao Paulo sei in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegründet worden und zähle zu den wichtigsten Lateinamerikas. Der Standardwerte-Index sei der Bovespa, der die knapp 400 meist kapitalisierten Unternehmen enthalte. Seit Mitte der 90er Jahre habe der Bovespa von 2.100 auf aktuell knapp 70.000 Punkte zulegen können. Neue Höchststände habe der Aktien-Index infolge der Höherstufung des Kredit-Ratings durch die Ratingagentur Standard & Poor's seit Anfang Mai verzeichnet.

Die Analysten von UniCredit würden die Aussichten für den brasilianischen Aktienmarkt weiter positiv beurteilen. Wegen der starken Gewichtung der Konsum- und Exportwerte, die vom derzeitigen Aufschwung der brasilianischen Wirtschaft besonders stark profitieren würden, würden sie einen weiteren Anstieg der Bovespa auf 80.000 Punkte bis zum Ende des Jahres für möglich halten. Zwischenzeitliche Rückschläge seien aber immer wieder einzukalkulieren.

Anleger, die Brasilien als Teil ihres Depots durch eine Investition in einen Fonds abbilden möchten, könnten sowohl in spezielle auf das Land ausgerichtete Portfolios als auch in Südamerika-Fonds investieren. Der DWS Brazil (ISIN LU0239322612/ WKN A0H0EN) investiere ausschließlich in brasilianische Unternehmen, wobei Werte aus dem Finanzsektor das stärkste Gewicht hätten. Auch der HSBC GIF Brazil Equity (ISIN LU0196696453/ WKN A0DJ0P) sei auf solche Aktien spezialisiert.

Ein Fonds, der seine Anlagen auf die mittel- und südamerikanischen Aktienbörsen konzentriere, sei der DWS Lateinamerika (ISIN LU0055698269/ WKN 973107). Die Schwerpunkte lägen in den Ländern mit der höchsten Marktkapitalisierung Mexiko, Brasilien, Argentinien und Chile. Er orientiere sich am MSCI Latin America. Er investiere schwerpunktmäßig in die Branchen Grundstoffe (25 Prozent Gewichtung), Finanzen (17 Prozent) und Konsumgüter (15 Prozent).

Zu den besonders erfolgreichen Fonds der vergangenen drei Jahre gehöre der CAAM Latin America Equities C (ISIN LU0201575346/ WKN A0DNS3). Das Produkt der Fondsgesellschaft Credit Agricole Asset Management habe seine sehr gute Entwicklung von allem der Übergewichtung in brasilianischen Aktien zu verdanken. Enthalten seien zudem Unternehmen aus Argentinien, Chile, Mexiko und Peru. Branchenschwergewichte seien mit knapp 26 Prozent und 21 Prozent die Sektoren Grundstoffe und Finanzen vor den Basisrohstoffen mit 12,1 Prozent.

Bei den Indexfonds stünden Anlegern drei Produkte zur Verfügung. Der db x-trackers MSCI Brazil TRN Index ETF (ISIN LU0292109344/ WKN DBX1MR) und der iShares MSCI Brazil (ISIN DE000A0HG2M1/ WKN A0HG2M) seien beide an den gleichnamigen MSCI-Index gekoppelt, der alle brasilianischen Aktien im sehr marktbreiten MSCI EM Latin America Index enthalte. Mit dem Lyxor ETF Brazil (ISIN FR0010408799/ WKN LYX0BE) würden Investoren auf die Aktien im Leitindex Bovespa setzen. (27.05.2008/fc/a/f)

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