• UBS-Stratege: "Die Bond-Vigilantes kommen zurück und das ist sehr wichtig für die Preise von Vermögenswerten"
• Bond-Vigilantes stellen vermehrt Yellens Politik in Frage
Was sind Bond-Vigilantes?
"Ein Anleihen-Vigilant ist ein Anleihenhändler, der droht, eine große Menge Anleihen zu verkaufen oder tatsächlich verkauft, um zu protestieren oder seine Abneigung gegen die Richtlinien des Emittenten zu signalisieren", wie Investopedia erklärt. Durch den Verkauf der Anleihen sinken schließlich Preise - dadurch steigen die Zinssätze und die Kreditaufnahme für Emittenten wird teurer. Geprägt wurde der Begriff in den 1980er Jahren vom Investor Ed Yardeni. Damals haben Anleihenhändler als Reaktion auf die wachsende Macht der Fed sowie deren Politik gegenüber der US-Wirtschaft ihre Staatsanleihen verkauft.
"Die Bond-Vigilantes kommen zurück"
Dem Leiter der globalen Staats- und Währungsabteilung bei UBS Asset Management, Kevin Zhao, nach, kommen die Bond-Vigilantes zurück. Grund dafür sei die Aussicht auf längerfristig höhere Zinssätze sowie ein wachsendes Haushaltsdefizit, wie CNBC berichtet. Erst am vergangenen Montag stieg die Rendite der zehnjährigen Benchmark US-Staatsanleihe abermals über fünf Prozent, nachdem sie diesen Meilenstein erst einige Tage zuvor zum ersten Mal seit 2007 wieder überschritten hatte.
Weiter verkauft wurde schließlich, nachdem Notenbankvorsteher Jerome Powell versprochen hatte, die derzeitige Geldpolitik beizubehalten, um weiterhin zu versuchen, die Inflation auf ihr Zwei-Prozent-Ziel zurückzuführen. Wie das Finanzministerium am Freitag außerdem kürzlich bekannt gab, beendete die US-Regierung das Geschäftsjahr im September mit einem Haushaltsdefizit von fast 1,7 Billionen US-Dollar. Hinzu kam zudem eine erhebliche Staatsverschuldung von insgesamt 33,6 Billionen US-Dollar, erklärt CNBC. Die Schulden der USA sind seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im ersten Quartal 2020 um über zehn Billionen US-Dollar gestiegen.
In einer Rede in der CNBC-Sendung "Squawk Box Europe" betonte Zhao exemplarisch den historischen Ausverkauf am Anleihenmarkt letzten September. Dieser folgte auf ein "katastrophales Mini-Budget" der ehemaligen britischen Premierministerin Liz Truss, welches zudem eine Reihe von nicht finanzierten Steuersenkungen enthielt. Ein Beispiel dafür, dass sich Anleiheinvesotren gegen eine ihrer Meinung nach unverantwortliche Finanzpolitik wehren würden. "Die Bond-Vigilantes kommen zurück und das ist sehr wichtig für die Preise von Vermögenswerten wie Aktien, Häuserpreise, Steuerpolitik und Geldpolitik. Es gibt also keinen Freifahrtschein mehr für die Anleihemärkte - die Regierung muss also sehr vorsichtig sein, was die Zukunft angeht. Das hat man im letzten September bei den Staatsanleihen gesehen", so Zhao. "Vor ein paar Monaten gingen die meisten Menschen davon aus, dass das US-Staatsdefizit bei einer Verlangsamung des Wachstums weiter sinken würde - letztes Jahr lag sie bei 3,9 %, und mit der Verlangsamung des Wachstums steigt sie tatsächlich an - das ist für Anleiheinvestoren ziemlich alarmierend."
Weitere Strategen teilen Zhaos Meinung
Zhao ist mit seinen Kommentaren jedoch nicht allein. Viel mehr würden sie die Meinung mehrerer Strategen widerspiegeln, die sich in den vergangenen Wochen geäußert hätten, so CNBC. Einer davon sei auch Ed Yardeni, Präsident von Yardeni Research.
Anfang des Monats erklärte dieser gegenüber CNBC, dass die Bond-Vigilantes "schon lange geschlafen" hätten. Vor allem da die Inflation zwischen der Finanzkrise und der Corona-Pandemie anhaltend niedrig geblieben waren. Nun, als die Inflation in die Höhe geschnellt sei, seien sie jedoch erwacht. "Während der Pandemie sahen wir im Grunde ein Experiment der modernen Geldtheorie, Helikoptergeld, Geld, das auf die Einlagen der Menschen herabregnete, und das wurde durch eine lockere Geldpolitik begünstigt - nun, die Geldpolitik hat den Kurs gewechselt und sich verschärft, während die Fiskalpolitik in die andere Richtung ging und viel zu stimulierend war, und die Bond Vigilantes sind wieder wachsam, was die Fiskalpolitik angeht", so Yardeni. "Sie sagen im Grunde: ‚Reduzieren Sie dieses Defizit erheblich, oder wir erhöhen die Zinsen auf ein Niveau, das die Wirtschaft belastet, und was werden Sie dann tun?"
In einem Artikel der Financial Times erklärt Yardeni, dass die Bond-Vigilantes Yellens Politik in den letzten Wochen vermehrt in Frage gestellt haben, weshalb sie die Anleiherenditen auf ein Niveau angehoben haben, dass eine Schuldenkrise auszulösen drohe. In dieser Situation würden steigende Renditen dazu führen, dass der private Sektor verdrängt werde, was wiederum eine Kreditverknappung und wirtschaftliche Rezession auslösen würde. Da die Hauptschuld an diesem Problem einer übermäßigen Finanzpolitik zuzuschreiben sei, müsste die Regierung ihre Ausgaben reduzieren und die Steuern erhöhen, um die Anleger zu beruhigen. Dies hätte jedoch zur Folge, dass die wirtschaftliche Rezession verschärft werde.
Redaktion finanzen.at
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