FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 3. September 2010. Die Furcht vor dem erneuten Abgleiten in eine Rezession schickten Anleihenrenditen in den Keller, überraschend gute US-Zahlen sorgen seit Mittwoch aber für einen abrupten Umschwung.

Als eine Mischung aus Nervosität und lähmender Ruhe beschreibt Klaus Stopp von der Baader Bank die aktuelle Stimmung am Rentenmarkt: "Es ist wie in einem Hühnerstall, in dem alle ruhig schmollend auf der Stange sitzen. Sobald aber die Tür aufgeht, fängt ein wildes Gegacker an - gerade so, als ob der Fuchs zu Besuch käme." Noch am Dienstag war im Rahmen der allgemeinen Konjunktursorgen der Euro-Bund-Future zwischenzeitlich auf einen neuen Rekordstand von 134,77 Prozent geklettert. Am Mittwoch setzte eine scharfe Korrektur ein, ausgelöst vom überraschenden Anstieg des ISM-Einkaufsmanagerindex in den USA und guten Zahlen aus China.

Dazu kam gestern die von EZB-Präsident Trichet auf der Pressekonferenz versprühte Konjunkturzuversicht: Die europäische Notenbank hob ihre Wachstumsprognose für den Euro-Raum für 2010 von 1 auf 1,6 Prozent an. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe liegt heute bei 2,299 Prozent. Der Bund-Future notiert zur Mittagszeit bei 132,55 Prozent.

Risikofreude steigt

Werden die Sorgen kleiner, steigt die Risikobereitschaft: Spanische Staatsanleihen konnten in dieser Woche gegen Bundesanleihen deutlich an Boden gutmachen, wie Arthur Brunner von ICF Kursmakler erklärt. "Bei der gestrigen Auktion von fünfjährigen Staatsanleihen im Volumen von 3,31 Milliarden Euro musste Spanien mit 2,964 Prozent deutlich weniger bieten als noch vor zwei Monaten, als die Rendite 3,657 Prozent betrug", führt er aus. Nach wie vor seien bei den Anlegern außerdem Stufenzinsanleihen und nachrangige Anleihen von Banken recht beliebt. "Das niedrige Zinsniveau derzeit lässt die Anleger wieder mehr ins Risiko gehen", meint Brunner. Die Umsätze seien, auch wegen der Sommerferien in den südlichen Bundesländern, aber noch äußerst gering.

RCI-Neuemission überzeugt

Gregor Daniel von der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig bezeichnet die EZB-Entscheidung als "nicht so spannend". Er berichtet von umfangreichen Tauschtransaktionen von Renten in Aktien am Mittwoch. "Tendenziell überwogen bei den Eurobonds in dieser Woche klar die Verkäufe", ergänzt Daniel.

Auf der Einkaufsliste standen ihm zufolge nur wenige Papiere, etwa eine neue Anleihe der zur Renault-Gruppe gehörenden RCI Banque (WKN A1A0PK). Die Laufzeit beträgt zwei Jahre, der Kupon 2,75 Prozent. Unterstützung durch die angekündigte Continental-Neuemission (WKN A1AOU3) habe eine bereits im Sommer aufgelegte High Yield-Anleihe des Automobilzulieferers (WKN A1AY2A) erfahren. "Das wurde aber zu Verkäufen genutzt", meldet Daniel. Die Umsätze im Handel insgesamt beschreibt er als "unterdurchschnittlich".

Großes Interesse an neuer Continental-Hochzinsanleihe

Die Hellwig Wertpapierhandelsbank bestätigt, dass die neue Continental-Anleihe gut ankommt. "Dabei ist die Stückelung von 50.000 nicht gerade kleinanlegerfreundlich", kommentiert ein Händler. Die Anleihe läuft bis 2017 und hat einen Kupon von 7,5 Prozent. Daneben sei auch eine noch bis 2014 laufende Cognis-Anleihe (WKN A0BM7Q) aktuell sehr gefragt: "Gerade die Privatkundschaft interessiert sich dafür." Der Kurs bewege sich derzeit zwischen 104,80 und 104,84 Prozent.

Das Neuemissionsgeschäft läuft der Baader Bank zufolge derzeit noch ruhig. "Das sollte sich aber in den kommenden Tagen und Wochen ändern. Aufgrund der niedrigen Zinsen und engen Handelsspannen können sich Unternehmen derzeit so günstig wie noch nie über den Kapitalmarkt refinanzieren", erklärt Klaus Stopp.

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© 3. September 2010 / Anna-Maria Borse

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)