06.03.2017 21:25:42

UPDATE/US-Umweltbehörde bringt im Dieselskandal Merkel unter Zugzwang

   --Merkel beschwerte sich 2010 in Kalifornien über zu strenge Diesel-Vorgaben

   --Kanzlerin habe seinerzeit wie die Sprecherin der deutschen Autoindustrie gewirkt

   --CARB-Chefin Nichols beklagt Salamitaktik bei VW

   (NEU: Nichols zur VW-Taktik, Opposition zu Merkel)

   Von Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)--Die kalifornische Umweltbehörde CARB hat im Abgasskandal um Volkswagen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) indirekt belastet. CARB-Chefin Mary Dolores Nichols berichtete dem Untersuchungsausschuss des Bundestages am Montag von einer Begegnung mit Merkel vom April 2010 in Los Angeles, bei der sich die Kanzlerin über zu strenge Stickoxid-Werte in Kalifornien für Dieselautos beklagte. Die Kanzlerin muss sich schon am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten stellen.

   Sie (Merkel) sagte, "Eure Stickoxidgrenzwerte sind zu strikt, das schadet unseren Dieseln", zitierte Nichols die CDU-Vorsitzende. Nach der Erinnerung der CARB-Chefin habe Merkel wie die "gut eingewiesene Sprecherin" der deutschen Autohersteller gewirkt. Sie könne sich diese Detailtiefe zum Beispiel nicht bei einem US-Präsidenten vorstellen. Nichols wurde per Videokonferenz aus den USA zugeschaltet. An dem Arbeitsfrühstück vor gut sieben Jahren hatte Merkel auf Einladung des damaligen US-Gouverneurs Arnold Schwarzenegger teilgenommen.

Lücken in der Verteidigung der Bundesregierung Grüne und Linke werfen der Bundesregierung vor, sich bei der Abgasproblematik über Jahre vor die wichtigste deutsche Industrie gestellt zu haben. Schon lange habe sie davon gewusst, dass die Motoren auf der Straße erheblich mehr giftige Stickoxide in die Luft blasen als auf dem Prüfstand im Labor. Auch die Grünen nähren diesen Verdacht. "Das passt so gar nicht ins Bild, was uns sonst vermittelt wird. Das macht den Eindruck, dass die Autoindustrie bei Frau Merkel erheblich Druck gemacht hat", kritisierte der Obmann der Grünen im Ausschuss, Oliver Krischer.

   Die Prüfer aus Kalifornien und die nationale Umweltbehörde EPA waren den Hinweisen der Umweltschutzorganisation ICCT nachgegangen, die ein erhebliches Auseinanderfallen der Abgaswerte bei zwei VW-Modellen im Labor und beim normalen Fahrbetrieb festgestellt hatte. Die beiden Behörden deckten dann auf, dass der deutsche Autokonzern illegale Abschalteinrichtungen in seinen Motoren verbaut hatte. Die SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann forderte als Lehre aus dem Industrie-Skandal, das Kraftfahrtbundesamt besser auszustatten. "Wir brauchen auch eigene Labore", verlangte Lühmann.

   Nichols wehrte sich bei ihrer Befragung gegen den Vorwurf, mit ihren Untersuchungen die deutsche Autoindustrie zu schwächen. "Wir haben es nicht abgesehen auf europäische Produzenten von Diesel-Fahrzeugen", betonte sie.

VW setzte vergeblich auf die Salamitaktik Die Wolfsburger kostete der größte Skandal ihrer Nachkriegsgeschichte bisher für Rechtskosten, Strafen und Entschädigungen beinahe 25 Milliarden US-Dollar. Bei VW hatten rund 11 Millionen Autos manipulierte Motoren. Neben Volkswagen hat Nichols auch Fiat-Chrysler in Verdacht, die Motorsteuerung manipuliert zu haben. Die CARB-Chefin beklagte noch einmal die Hinhaltetaktik von VW bei den Ermittlungen. "Die haben uns am langen Am verhungern lassen", monierte Nichols. Die 71-Jährige schilderte, dass Erklärungen immer wieder zu spät geliefert worden oder Übersetzungen fehlten. Die von VW zwischenzeitlich angebotenen Lösungen zur Senkung des Stickstoffausstoßes hätten alle nicht funktioniert.

   Die Umweltbehörde hatte seit 2012 den Verdacht, dass Volkswagen betrügt, und konnte schließlich durch energische Nachprüfungen die Abschalteinrichtung aufdecken. "Ich halte damit die Aussagen von Herrn Winterkorn und Vertretern der Bundesregierung für unglaubwürdig, dass sie erst im September 2015 von den Abschalteinrichtungen erfuhren", betonte Grünen-Politiker Krischer.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   March 06, 2017 15:19 ET (20:19 GMT)

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