Großschäden belasten |
19.08.2022 17:49:00
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UNIQA-Aktie gibt ab: Deutlicher Gewinnrückgang infolge von Russland-Abschreibungen
"Wir haben an russischen Bonds alle jene Assets abgeschrieben, die wir außerhalb von Russland halten", sagte Brandstetter zur APA, "egal, ob das in Fremdwährungen ist wie Euro oder Dollar, oder in Rubel." Die Anschaffungskosten dieser Assets hätten 156 Mio. Euro betragen, man habe also über 80 Prozent davon abgeschrieben, erklärte Brandstetter.
Die UNIQA habe in Russland ein kleines Joint Venture mit der Raiffeisenbank Moskau, die Lebensversicherung Raiffeisen Life, an der die UNIQA 75 Prozent halte. "Wir prüfen hier alle strategischen Optionen, inklusive jener, die Gesellschaft zu verkaufen." Als Käufer kämen nur solche in Frage, die nicht von EU-Sanktionen betroffen seien. Die Gesellschaft sei sehr profitabel, aber man müsse auch an einen möglichen Schaden etwa aus Reputationsgründen in Ländern denken, in denen die UNIQA ebenfalls tätig sei, so z.B. in Polen, Tschechien, Ungarn oder Rumänien. "Das ist eine Abwägung, die wir jetzt gerade treffen. Wir werden noch einige Wochen oder Monate brauchen, um zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen." Auf das Russland-Geschäft entfallen "unter zwei Prozent der Konzernprämien", sagte Brandstetter, "und auch der Ergebnisbeitrag ist sehr überschaubar."
Ganz anders sehe die Sache in der Ukraine aus, dort habe man keine Abschreibungen vorgenommen. Man habe per 30. Juli ukrainische Bonds mit einem Anschaffungswert von 148 Mio. Euro gehalten und diese nicht abgewertet, "weil diese Anleihen ja weiter gehandelt werden, es gibt ein hohes Commitment der internationalen Staatengemeinschaft, in die Ukraine nachhaltig zu investieren, und deshalb gehen wir von einer Werthaltigkeit dieser Anleihen aus".
Von der UNIQA gebe es "ein ganz klares Bekenntnis zur Ukraine", sagte der CEO. Mit rund 1,2 Millionen Kunden sei die UNIQA die Nummer 2 am ukrainischen Versicherungsmarkt. Das Geschäft laufe normal weiter, es würden Schäden ausbezahlt und neue Verträge mit privaten und mit Gewerbekunden abgeschlossen. Im Geschäftsjahr 2021 habe man in der Ukraine ein Prämienvolumen von rund 100 Mio. Euro und ein EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) von rund 10 Mio. Euro erzielt.
Das Potenzial für Versicherungen sei dort groß: Während in Österreich im Schnitt rund 2.000 Euro pro Kopf und Jahr für Versicherungen ausgegeben würden, seien es in der Ukraine nur 40 Euro. Von den Kriegshandlungen sei die UNIQA nicht direkt betroffen. Kriegsschäden seien von Versicherungsleistungen ausgeschlossen. "Wir haben uns darüber hinaus schon nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 aus den Gebieten im Osten des Landes, die jetzt Kriegsgebiet sind, auch versicherungstechnisch de facto komplett zurückgezogen."
Im gesamten UNIQA-Konzern sind die verrechneten Prämien im ersten Halbjahr 2022 um 3,8 Prozent auf 3,436 Mrd. Euro gewachsen. Alle Sparten haben zu dieser Steigerung beigetragen: Die Schaden- und Unfallversicherung hat um 4,4 Prozent auf 1,96 Mrd. Euro zugelegt, die Krankenversicherung um 3,8 Prozent auf 638,3 Mio. Euro und die Lebensversicherung um 2,5 Prozent auf 837,6 Mio. Euro. Die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) ist von 92,6 Prozent im ersten Halbjahr 2021 auf 95,0 Prozent gestiegen.
Die zuletzt gestiegenen Zinsen sind für die UNIQA gute Nachrichten. "Steigende Zinsen erhöhen natürlich die Attraktivität unserer Produkte, gerade im Bereich der Lebensversicherungen." Lebensversicherungen "wurden in den letzten Jahren immer wieder totgesagt", aber vor allem die fondsgebundene Lebensversicherung "erfreut sich gerade bei uns großer Beliebtheit". Es gebe auf der Kundenseite kein erhöhtes Stornoaufkommen, weder in Österreich, noch bei den rund 12 Millionen Kunden in Osteuropa.
Die hohe Inflation wird auch zu einer Erhöhung der Versicherungen führen. "In Österreich hat ein Gutteil des Schaden/Unfall-Geschäftes eine automatische Prämienanpassung." In vielen Ländern Osteuropas sei das nicht der Fall, erklärte Brandstetter, dort werde man "da und dort ohne Prämienerhöhungen nicht auskommen". In Polen betrage die Inflation rund 15 Prozent, in Tschechien liege sie deutlich über 10 Prozent, was sich natürlich auch in den Reparaturkosten niederschlage.
Die Unwetterschäden seien heuer "überschaubar", sagte der UNIQA-Chef. Im ersten Halbjahr habe man in Österreich Unwetterschäden in Höhe von rund 45 Mio. Euro verbucht, also etwa gleich viel wie in der ersten Jahreshälfte 2021, aber um 18 Mio. Euro mehr als im langjährigen Durchschnitt. Er gehe daher davon aus, das Unwetterschäden im Laufe der nächsten Jahre tendenziell zunehmen werden.
Covid-Effekte spürt die UNIQA derzeit nicht. "Der einzige Punkt, den wir sicher beobachten müssen, ist im Portefeuille der Krankenversicherung, wo wir in Österreich Marktführer sind mit rund 45 Prozent Marktanteil. Wir haben rund 1,2 Millionen Menschen in Österreich gegen Krankheit versichert." Ein Unsicherheitsfaktor sei Long Covid, also die langfristigen psychischen und physischen Schäden. "Da bin ich noch nicht so sicher, dass wir hier schon alles in der europäischen Versicherungswirtschaft gesehen haben."
Eine Ergebnisprognose für das gesamte Geschäftsjahr wagt Brandstätter nicht, die Kapitalmarktentwicklung sei schwer einzuschätzen und daher auch eine stabile Prognose zum Kapitalanlageergebnis nicht möglich. Man erwarte jedoch steigende Prämieneinnahmen und eine "solide Entwicklung des versicherungstechnischen Kerngeschäfts".
In Wien fiel die UNIQA-Aktie am Freitag letztlich um 3,69 Prozent auf 6,80 Euro.ivn/sag
APA
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