18.10.2014 07:12:58

Thüringische Landeszeitung: Null Verständnis - Die GDL tut sich mit Streik keinen Gefallen / Leitartikel von Sibylle Göbel zum Thema Lokführerstreik

Weimar (ots) - Es ist in gewisser Weise paradox: Anstatt wie gewohnt über die Deutsche Bahn zu schimpfen, die doch mit Unpünktlichkeit, Zugausfällen und defektanfälligen ICE immer wieder Anlass dafür bietet, richtet sich der Unmut vieler Reisender nun gegen die Lokführer. Jene, für deren Forderungen nach mehr Lohn und kürzerer Arbeitszeit sie doch im Grunde Verständnis aufbringen.

Aber mit der neuerlichen Ankündigung eines Streiks ist dieses Verständnis geschmolzen wie Eis in der Sonne. Gewiss: Ein Ausstand kommt immer zur Unzeit - und er würde seine Wirkung verfehlten, täte er keinem weh. Doch es darf nicht sein, dass Partikularinteressen die vitale Funktionen eines Landes lahmlegen. Noch dazu in so rascher Folge - schließlich ist es die fünfte Streikaktion in dieser Tarifrunde, und sie trifft das Land nicht zuletzt wegen der Herbstferien auch in Thüringen in einer sensiblen Phase.

Das Problem ist nicht, dass die Lokführergewerkschaft eine Forderung aufmacht, auf die ihr Kontrahent bisher nicht in gewünschter Weise einging. Das Problem in diesem Arbeitskampf ist, dass eine Gewerkschaft sich anmaßt, Tarifverträge für das gesamte Bahnpersonal abschließen zu wollen, obwohl viele Bahnmitarbeiter gar nicht GDL-Mitglied sind. Koste es, was es wolle. Für die GDL ist der Arbeitskampf offenbar nur Mittel zum Zweck: Nicht nur, um die eigene Existenz in einer Zeit zu rechtfertigen, in der den Gewerkschaften noch immer Mitglieder davonlaufen und mit der Einführung des Mindestlohns ein wichtiges Ziel abhanden kommt. Der GDL geht es auch schlicht um mehr Macht und mehr Einfluss.

"Hier stehe ich, ich kann nicht anders", soll Martin Luther 1521 in Worms ausgerufen haben. Fast scheint es, als habe GDL-Chef Claus Weselsky sein erklärtes Vorbild zu wörtlich genommen: Seine unverrückbare, ja rücksichtslose Haltung ist einmal mehr ein Argument zugunsten eines Streikverbots bei kleinen Gewerkschaften.

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Pressekontakt: Thüringische Landeszeitung Chef vom Dienst Norbert Block Telefon: 03643 206 420 Fax: 03643 206 422 cvd@tlz.de

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