11.04.2014 14:57:00

Telekom-V-Prozess- Staatsanwalt: Schillerplatz-Verkauf "ausgepackelt"

Der Staatsanwalt im Telekom-V-Prozess, Michael Radasztics, hat in seinem Schlussplädoyer die Verurteilung aller vier Angeklagten gefordert. Der Verkauf der Schillerplatz-Immobilie sei "mies ausgepackelt" worden - ohne Verkehrswertgutachten, ohne Ausschreibung und ohne andere Bieter, brachte er vor. Die Telekom Austria habe dadurch einen Millionenschaden erlitten. "Das ist Untreue".

Die angeklagten Ex-Telekom-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo würden sich nun "hinter einem Prokuristen und einem Baumeister verstecken, die sich beide nicht mehr wehren können", kritisierte er die Verteidigungslinie der beiden Angeklagten. Diese hatten bei Fragen zur Kaufpreisfindung und zum Kaufverfahren immer wieder auf den - mittlerweile schwer erkrankten und nicht vernehmungsfähigen - Prokuristen und einen ebenfalls schwer erkrankten Baumeister verwiesen. Der Vorstand sei immer in der ersten Reihe, wenn es gelte Erfolge zu feiern - hier gelte aber für die beiden offenbar das Prinzip "nicht dabei sein ist alles", so der Ankläger.

Beim Schillerplatz sei von der Telekom ein "Projekt" verkauft worden, nicht die schlichten Flächen, sagte Radasztics. Direkt im Kaufvertrag sei das "unwiderrufliche und unverzichtbare" Recht des Käufers auf einen Dachbodenausbau verankert worden. Das sei wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrags gewesen. Dass nun die Verteidiger argumentiert hätten, es seien nur Flächen verkauft worden, sei für ihn nicht nachvollziehbar. "Huber hat mit seiner 'Schillerplatz 4 Projektentwicklungsgesellschaft' natürlich ein Projekt gekauft", so der Staatsanwalt. Dass für Rohdachböden in Wien in bester Lage ein besonders guter Markt bestehe, wüssten auch Nicht-Immobilienspezialisten.

Die Geschoße des Schillerplatz seien ohne öffentliche Ausschreibung, ohne Verkehrswertgutachten und ohne anderer Bieter einzubeziehen an das Ehepaar Huber verkauft worden. Die anderen Bieter, die Interesse am Schillerplatz gezeigt hätten, habe man einfach anrennen lassen. Würde ein Privater so handeln, wenn er versuche, etwa ein ererbtes Grundstück möglichst teuer zu verkaufen, fragte der Ankläger - und verneinte gleich seine Frage. Ein Gutachten hätte etwa 30.000 Euro gekostet - ein halbes Prozent des später erhaltenen Kaufpreises.

Auffällig sei auch, warum Sundt und Colombo nur den Verkauf des Schillerplatz unterschrieben hätten, und die 48 davor stattgefundenen Immo-Deals seien von zwei Prokuristen - einer davon der erkrankte, Anm. - unterzeichnet worden. Sundt habe das Verkaufsangebot wenige Tage vor seinem Ausscheiden aus der Telekom unterschrieben, weil er laut Ankläger nicht wollte, dass sich sein Nachfolger Boris Nemsic mit dem Deal befasst. Dazu habe er auch eine lange Bindungsfrist auf Seiten der Telekom festgelegt: Sundt und Colombo unterschrieben im Mai 2006, die Käuferin, also Martin Hubers Ehefrau, unterzeichnete erst im Dezember 2006, nachdem im November die bereits vor dem Verkaufsangebot beantragte Baugenehmigung von der Behörde kam. Die Telekom hatte sich bis Jahresende 2006 an das Verkaufsangebot gebunden. Die schlüssige Erklärung sei, dass das ganze Geschäft von den nunmehr Angeklagten "ausgepackelt" worden sei, so der Ankläger.

Der Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro sei jahrelang festgestanden, während die zu verkaufenden Flächen immer wieder geändert wurden. "Ich gehe als Kind in ein Zuckerlgeschäft und sage, was krieg ich für fünf Schilling dreißig", zog der Ankläger einen Vergleich. Ein ordentliches Geschäft laufe aber nicht so ab.

Radasztics wunderte sich auch über das Verhalten des mitangeklagten Ex-ÖBB-Chefs Huber. Dieser habe sicher nicht das schlechteste Einkommen gehabt. Warum sei er dann so ein Risiko eingegangen, über eine Treuhandschaft den Schillerplatz zu kaufen und womöglich deswegen Probleme mit dem ÖBB-Aufsichtsrat zu bekommen, fragte sich der Ankläger. Laut den Verteidigern sei ja der Schillerplatz auch durch die technischen Einrichtungen des Wählamtes eine problematische Immobilie gewesen. Die Erklärung könne nur sein, dass Huber damals gewusst habe, dass es sich beim Kauf um 5,4 Mio. Euro um ein "Schnäppchen" gehandelt habe, das er mit großem Gewinn weiterverkaufen könne.

Ob bei der Causa auch Kickback-Zahlungen im Spiel gewesen seien, könne er nicht beurteilen, das Geldwäsche-Verfahren gegen Colombo wegen hoher Bargeldeinzahlungen auf sein Konto bei der Deutschen Bank in Österreich sei noch offen. Aber auch ohne Kickback-Zahlungen habe es sich um Untreue gehandelt, so der Staatsanwalt. Daher forderte er die Verurteilung aller vier Angeklagten.

Die Anklagepräzisierung, die vom Staatsanwalt heute vorgetragen worden war, lautet, dass Sundt und Colombo "ohne Einholung eines Verkehrswertgutachtens, ohne eine Ausschreibung des Projekts oder eine Verkaufsverhandlung mit allen bekannten Anbietern und ohne sonstige Maßnahmen für eine systematische Verkaufspreisfindung anzuordnen sowie unter Umgehung der Sonderregelung zur Unterschriftenordnung Immobilien der Telekom Austria AG" das Angebot zum Verkauf von Teilen des Schillerplatz 4 unterzeichneten und damit einen Vermögensnachteil von mindestens 4,4 Mio. Euro der Telekom zugefügt hätten. Ex-ÖBB-Chef Huber und dessen Ehefrau - die die Immobilie kauften - wird Beitragstäterschaft dazu vorgeworfen.

(Schluss) gru/stf/snu

ISIN AT0000720008 WEB http://www.telekomaustria.com http://www.oebb.at/

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