28.09.2008 16:12:00

'Spiegel': Möglicherweise auch Gewerkschafter-E-Mails ausspioniert

        BERLIN/BONN (dpa-AFX) - Die Spitzelaffäre bei der Deutsche Telekom hat möglicherweise größere Ausmaße als bislang bekannt: Nach einem Bericht des "Spiegel" besteht der Verdacht, dass die Telekom nicht nur Telefonverbindungsdaten ausgewertet, sondern versucht hat, den gewerkschaftlichen Meinungsbildungsprozess im zurückliegenden Arbeitskampf auszuspähen und zu beeinflussen. Das Magazin beruft sich dabei auf die beiden Rechtsanwälte der Arbeitnehmervertreter im Telekom-Aufsichtsrat, Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und den früheren Innenminister Gerhart Baum (FDP).

    Hintergrund seien Dokumente, die der Bonner Staatsanwaltschaft vorliegen. Danach habe die Sicherheitsabteilung der Telekom nahezu uneingeschränkten Zugriff auf "alle wesentlichen Daten" des Konzerns gehabt - offenbar inklusive des E-Mail-Verkehrs. Außerdem lägen den Strafermittlern laut Däubler-Gmelin sehr konkrete Angaben über die Anwendung solch illegaler Methoden vor. Danach verfügte Ex-Telekom- Chef Kai-Uwe Ricke bei einem Gespräch mit Arbeitnehmervertretern im Juli 2006 über Unterlagen, die nur vertraulich per E-Mail an ver.di- Vertreter versandt worden seien.

BAUM: 'WIR SIND SEHR MISSTRAUISCH GEWORDEN'

    Baum wird mit den Worten zitiert: "Wir sind sehr misstrauisch geworden, auch, weil wir zunehmend den Eindruck gewinnen, dass bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bisher nur die kleinen Leute und nicht die Auftraggeber im Fokus stehen."

    Laut Staatsanwaltschaft liegen derzeit keine verwertbaren Erkenntnisse über den Missbrauch von E-Mails vor. Man ermittle aber "mit Hochdruck". Eine umfassende Übersicht werde in den nächsten Wochen Aufschluss darüber geben, welche Daten wann und von wem erhoben wurden. Es geht dabei den Angaben zufolge auch darum, ob sich der Verdacht gegen den ebenfalls beschuldigten früheren Telekom- Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel erhärten lasse.

    ver.di-Bundesvorstand und Telekom-Aufsichtsratsvize Lothar Schröder nannte die Affäre einen "Anschlag auf die Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie". In der "Wirtschaftswoche" kritisierte er das Verhalten der Staatsanwaltschaft sowie die schleppende Aufklärung. "Wir wissen weder, welche Anschlüsse und Telefonate ausgespäht wurden, noch wie lange die Aktion gedauert hat."/vs/DP/he

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