Kursgewinne voraus |
24.05.2015 03:00:02
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So profitieren Sie jetzt von der EZB-Geldschwemme
Am 9. März hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihr im Januar angekündigtes Anleihekaufprogramm gestartet. Seither kauft sie monatlich bis September kommenden Jahres Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro - in der Summe bringt das 1,1 Billionen Euro zusätzliche Liquidität. Viele Kommentatoren heben die Risiken dieser expansiven Geldpolitik hervor - dauerhafte Negativzinsen, die schwache Währung oder die Abkoppelung der Finanzmärkte von der Realwirtschaft.
Wir hingegen glauben, dass diese neue Situation auch erhebliche Chancen mit sich bringt: Die Liquiditätszufuhr der EZB könnte zu weiterhin deutlich steigenden Kursen vor allem an den europäischen Aktienmärkten führen. International aufgestellte Portfolios können indirekt von den positiven Auswirkungen der Notenbankpolitik profitieren, indem sie bei einer weiteren Abwertung des Euro Währungsgewinne erzielen.
Unsere Einschätzung basiert auf den Erfahrungen mit den "Quantitative Easing" (QE)-Programmen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Die Fed hat seit der Finanzkrise 2008/09 drei große Anleihekaufprogramme gestartet. Das erste Programm QE 1 lief von November 2008 bis März 2010 und hatte einen Gesamtumfang von insgesamt 1,7 Billionen US-Dollar. Nach Ablauf von QE 1 erwies sich das makroökonomische Umfeld jedoch nicht so stabil wie erhofft. Im August 2010 ordnete die Fed daher an, fällige Anleihen aus QE 1 mit neuen Käufen zu ersetzen. Drei Monate später startete sie sogar zusätzliche Anleihekäufe, um die amerikanische Volkswirtschaft zu stützen.
Sinkendes Zinsniveau sorgt
für steigende Aktienkurse
Im Rahmen dieses zweiten Programms (QE 2) wurden bis Juni 2011 Anleihen im Gesamtumfang von 600 Milliarden US-Dollar gekauft. Die Wirtschaft zeigte sich nach Ablauf des Programms allerdings immer noch nicht so robust wie erhofft. Daher legte die Fed im September 2012 ihr drittes Anleihekaufprogramm QE 3 auf und kaufte bis Dezember 2013 für monatlich 85 Milliarden US-Dollar Anleihen. Danach wurde das Programm in jeder Notenbanksitzung im Zuge des Tapering-Prozesses schrittweise um zehn Milliarden US-Dollar gesenkt und lief im Oktober 2014 komplett aus - nach einer Ausweitung der Bilanz der Notenbank um insgesamt 1,6 Billionen Dollar.
Die enorme Liquiditätszufuhr für den US-Anleihemarkt musste Folgen haben. Denn wie die empirische Kapitalmarktforschung zeigt, besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Liquidität im Markt und der Bewertung von Vermögenswerten. Theoretisch sollte sich ein massiver Zufluss an Liquidität in deutlich steigenden Vermögenswerten niederschlagen - insbesondere bei den Aktienkursen. Dieser von der Forschung belegte Zusammenhang ist auch intuitiv leicht nachvollziehbar: Die Liquiditätszufuhr in den risikoarmen Staatsanleihen treibt Investoren heraus aus dieser Anlageklasse und hinein in Anlageformen mit höherem Risiko wie Aktien. Dieser Kaufdruck führt zu steigenden Kursen bei diesen Anlageklassen.
Daneben existiert noch ein indirekter Effekt über das Zinsniveau: Der wegen der EZB-Aktivität steigende Handelsdruck auf die europäischen Anleihemärkte führt zu steigenden Anleihekursen und damit umgekehrt zu fallenden langfristigen Zinsen. Das sinkende Zinsniveau hat einen positiven Einfluss auf die Wirtschaft und somit einen positiven Einfluss auf die Aktienbewertungen.
Und tatsächlich: Der theoretisch zu erwartende Anstieg der Aktienkurse ist in allen drei Phasen der Liquiditätszufuhr voll eingetreten und hat den US-Aktienmarkt zu immer neuen Höchstständen getrieben. Neben dem US-Aktienmarkt konnten auch die europäischen Märkte deutlich von der US-Notenbankpolitik profitieren - was bei der hohen Verflechtung der internationalen Finanzmärkte nicht überrascht. Der Euro Stoxx gewann 12,3 Prozent während QE 1, 10,3 Prozent während QE 2 und 32,3 Prozent während QE 3. Und wie in den USA hat sich die Stimmung an den Märkten nach Ablauf der QE-Programme deutlich eingetrübt. Die Renditen des Euro Stoxx betrugen 1,1 Prozent in der Zeit zwischen QE 1 und QE 2 , minus 10,3 Prozent zwischen QE 2 und QE 3 sowie sieben Prozent während des Tapering-Prozesses nach QE 3.
Auffallend ist, dass der europäische Aktienmarkt insgesamt geringere Wertsteigerungen aufwies als US-Aktien - obwohl er als deutlich risikoreicher gilt. Dennoch war eine Anlage in den direkt von der expansiven Geldpolitik betroffenen US-Markt nicht unbedingt die bessere Strategie. Denn für den internationalen Investor ist die währungsadjustierte Kursentwicklung entscheidend, da Wechselkursverluste aus Sicht eines Euro-Investors jegliche Überrenditen des US-Aktienmarktes zunichtemachen können.
Der Verlauf des Wechselkurses zeigt, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro während aller drei Anleihekaufprogramme sehr an Wert verloren hat: Die Wechselkursverluste betrugen, wie in der Grafik unten dargestellt, 5,6 Prozent und 13 Prozent. Nach den QE-Phasen gewann der US-Dollar wieder an Wert gegenüber dem Euro: Je nach Phase zwischen 4,9 und 13 Prozent. Den höheren Renditen am US-Aktienmarkt stehen somit Verluste auf der Wechselkursebene gegenüber.
Europas Aktienmarkt bietet
beste Kurschancen
Die QE-Programme der US-Notenbank haben also deutliche Ausschläge an den Aktienmärkten und klare Wechselkursreaktionen hervorgerufen. Sollte das Anleihekaufprogramm der EZB die gleiche Wirkung entfalten, so kann eine Ausrichtung der Portfolios mit stärker ausgeprägtem Chance-Risiko-Profil in Form einer höheren Aktienquote sinnvoll sein. Der europäische Aktienmarkt sollte aufgrund der direkten Liquiditätszufuhr die stärksten Kursgewinne verzeichnen.
Die internationale Asset Allocation hingegen hängt für in Europa ansässige Anleger letztlich von der persönlichen Anlagepräferenz ab. Die möglichen Währungsgewinne in anderen Währungsräumen stellen jedoch ein starkes Argument für internationale Diversifikation dar - wobei immer die Nettorendite aus erwarteter Index- und Währungsentwicklung abzuwägen ist. Insgesamt bietet das durch die Geldpolitik geschaffene neue Marktumfeld eine komfortable Situation mit vielen Möglichkeiten. Jetzt liegt es am Investor, diese auch zu nutzen.
Kurzvita
Christian Funke,
Vorstand des
Matthias Habbel,
Geschäftsführer des
Asset Managers Source For Alpha
Vermögensverwalters Habbel, Pohlig & Partner
Christian Funke studierte Internationale BWL an der European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel und promovierte dort am Stiftungslehrstuhl Asset Management bei Professor Lutz Johanning. Weiterhin ist Funke Dozent für Portfoliomanagement und Risikomanagement für die EBS Executive Education, die Deutsche Börse Capital Markets Academy und die Goethe Business School.
Diplom-Bankbetriebswirt Matthias Habbel hat über 25 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung. Nach leitenden Stellungen bei einer Schweizer und einer deutschen Großbank im Bereich Vermögensberatung/
Verwaltung ist er seit 1995 CEO der Habbel, Pohlig & Partner Vermögensverwaltung.
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