05.10.2015 23:07:42
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Schwäbische Zeitung: Erdogan ist gegen Europas Werte - Leitartikel zum Thema Flüchtlingskrise
Damals zog die Kurdenpartei HDP überraschend mit 13 Prozent ins Abgeordnetenhaus ein und kippte seine absolute Mehrheit. Um sie zurückzuerobern, hat Erdogan die antikurdische Kampagne neu entfacht. Die Europäer zögern deshalb, sein Land als sicheren Staat einzustufen, in den türkische Kurden zurückgeschickt werden dürfen. Gleichzeitig sind sie dringend auf gute Zusammenarbeit mit dem immer autokratischer auftretenden Präsidenten angewiesen. Denn er soll die Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Irak davon abhalten, den gefährlichen Weg über die Ägäis anzutreten und sich von Griechenland aus weiter Richtung Deutschland durchzuschlagen.
Natürlich muss sich die EU finanziell angemessen an den Lagern für mehr als zwei Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei beteiligen. Für die Soforthilfe, die dort geleistet wird, ist nicht die Türkei allein, sondern die Weltgemeinschaft zuständig. Eine darüber hinausgehende Zusammenarbeit wie gemeinsame Grenzpatrouillen oder die Errichtung einer Pufferzone auf syrischem Boden wäre aber mit europäischen Grundsätzen nicht vereinbar.
Viele Europäer betrachten den südöstlichen Nachbarn hauptsächlich als nützlich. Geschichte, Kultur und Religion des Landes sind ihnen fremd. Eine Mehrheit würde die Beitrittsverhandlungen zur EU am liebsten aufkündigen. Doch als Pufferstaat zum im Chaos versinkenden Mittleren Osten wird die Türkei von EU und Nato gleichermaßen geschätzt. Das mag für das militärische Zweckbündnis Nato noch angehen. Die EU aber versteht sich als Wertegemeinschaft.
Ein fauler Handel mit Erdogan könnte ihre Glaubwürdigkeit nachhaltig erschüttern. Die Europäer, die bis vor Kurzem die Kurden in Syrien im Kampf gegen den IS unterstützten, paktieren nun mit dem Mann, der die kurdische Emanzipation rückgängig machen will.
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