22.11.2012 17:12:32

ROUNDUP: Brüsseler Schlacht ums Geld entbrannt - Berlin spielt auf Zeit

    BRÜSSEL (dpa-AFX) - Mit Vetodrohungen und Säbelrasseln der Mitgliedstaaten hat die Schlacht um den billionenschweren EU-Haushaltplan begonnen. EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy traf die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel zu Einzelgesprächen, um einen möglichen Kompromiss für die Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 auszuloten. Van Rompuy wollte dann am Abend den zweitägigen Sondergipfel zu den EU-Finanzen offiziell einläuten.

 

    Während reiche Mitgliedstaaten wie Großbritannien, Deutschland oder Schweden auf weitere Kürzungen pochen, halten ärmere Länder im Osten und Süden des Kontinents am dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission von etwa 1,1 Billionen Euro für den Zeitraum von sieben Jahren fest.

 

    Da die Positionen der verschiedenen Lager weit auseinanderliegen, rechneten Beteiligte mit zähen Verhandlungen. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sagte, dass sich die Gespräche möglicherweise tage- und nächtelang hinziehen werden. "Ich bin vorbereitet für Sonntagabend und nötigenfalls auch für Montag." Mehrere Staaten, darunter Italien, drohen offen mit einer Blockade. "Wir werden keine Lösungen hinnehmen, die nicht akzeptabel sind", sagte Regierungschef Mario Monti. Er forderte mehr Geld für die Landwirtschaft und die Förderung ärmerer Regionen.

 

    Auch ein Scheitern des Spitzentreffens wird für möglich gehalten. "Ich bin sehr skeptisch, dass es eine Einigung geben kann", sagte EU-Parlamentschef Martin Schulz am Rande eines Treffens sozialdemokratischer Staatenlenker. Das Europaparlament muss zu einem späteren Zeitpunkt einem Kompromiss der 27 Staaten zum Langfrist-Budget noch zustimmen.

 

    Großbritanniens Premierminister David Cameron vertritt im Budgetpoker eine Extremposition, denn er will besonders harte Einschnitte. Auch der britische Beitragsrabatt von jährlich 3,6 Milliarden Euro soll bleiben. "Ich bin ganz und gar nicht zufrieden", sagte er mit Blick auf den Kompromissvorschlag Van Rompuys, der Ausgaben von 1,01 Billionen Euro vorsieht - das sind 7 Prozent weniger als laut Kommissionsvorschlag.

 

    Auch Deutschland pocht auf eine Begrenzung der Ausgaben, geht aber nicht so radikal vor wie Cameron. Berlin meint inzwischen, eine Einigung erst im kommenden Jahr sei unproblematisch. "Es besteht durchaus auch noch ein bisschen zeitlicher Spielraum", hieß es in Regierungskreisen. "Wenn es zur Meinungsbildung und politischen Abstimmung in den Hauptstädten eine kleine Anzahl weiterer Monate bedarf, dann ist das kein Beinbruch."

 

    "Ich bin nicht in Eile", meinte auch Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt. Er machte deutlich, dass er nicht auf den schwedischen Beitragsrabatt von rund 500 Millionen Euro verzichten will. Zu möglichen Forderungen anderer Staaten nach Rabatten sagte er: "Jeder, der einen Rabatt will, muss wissen, dass alle anderen das finanzieren müssen. Deswegen erwarte ich da lange Diskussionen."

 

    Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich am frühen Abend mit Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso unter sechs Augen treffen. Auch eine Begegnung mit Frankreichs Präsident François Hollande war geplant. Van Rompuy wollte laut Diplomaten zu Beginn der Konferenz einen neuen Vorschlag vorlegen. Es wurde mit weiteren Kürzungen gerechnet.

 

    Die "Nettozahler", allen voran Deutschland, wollen den Kommissionsvorschlag auf höchstens 990 Milliarden Euro reduzieren. Ihrer Ansicht nach sollten die EU-Ausgaben nicht höher sein als 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU. Van Rompuys Vorschlag liegt bei 1,01 Prozent.

 

    Der polnische Regierungschef Donald Tusk äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass eine Einigung möglich sei. Als größter Empfänger von EU-Mitteln habe Polen ein besonderes Interesse an einem Kompromiss, betonte er in Warschau. "Aber das ist kein Kompromiss um jeden Preis." Sollte es keinen anderen Ausweg geben, werde Polen als "sehr harter Partner" bei den Verhandlungen auftreten. "Noch nie war die Lage so kritisch und schwierig", sagte Tusk./cb/DP/hbr

 

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