DAX
11.02.2022 19:16:38
|
OTS: Börsen-Zeitung / Zinsrisiken für Aktien, Marktkommentar von Christopher ...
Zinsrisiken für Aktien, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots) - Die Anleiherenditen scheinen auf ihrer Klettertour kein Halten
zu kennen. Am Donnerstag hat die laufende Verzinsung der zehnjährigen
Bundesanleihe die Marke von 0,30 % erreicht, ihr US-Gegenstück die Schwelle von
2 %. Getrieben wird die Entwicklung von der weiter anziehenden Inflation, mit
der die Zinserhöhungserwartungen zusehends geschürt werden. Zuletzt schockten
die US-Inflationsdaten vom Januar mit einer Jahresteuerung von 7,5 %. Daraufhin
sprach sich der Präsident der St. Louis Fed, James Bullard, dafür aus, den
amerikanischen Leitzins bis Juli um einen vollen Prozentpunkt zu erhöhen. Der
Druck auf die Notenbanken der Industrieländer steigt unaufhörlich, wie nicht
zuletzt die EZB gezeigt hat, die eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr nicht mehr
ausschließt.
Bullards Forderung bedeutet, dass angesichts von drei Sitzungsterminen des
Offenmarktausschusses bis Juli in einer Sitzung ein großer Zinsschritt von 50
Basispunkten getan werden muss, der Markt preist dies sowie eine Anhebung der
Fed Funds Rate in diesem Jahr um insgesamt 175 Basispunkte bereits ein. Wie sehr
sich die Lage weiter zuspitzt, verdeutlicht ein Kommentar von Bank of America.
Die US-Inflation sei über diejenige Mexikos gestiegen, was selten vorkomme.
Dabei liege der mexikanische Leitzins deutlich höher bei 5,5 % (er wurde nach
Erstellung des Kommentars am Donnerstagabend auf 6 % erhöht). Die Bank sieht nun
eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb von drei Wochen zu einer
Fed-Zinserhöhung außerhalb der turnusmäßigen Sitzungen kommen wird.
All dies verdeutlicht, dass sich die Aktienmärkte darauf einstellen, dass die
Anleiherenditen weiter steigen, was Risiken birgt. So wird der Bewertungsvorteil
von Dividendentiteln geschmälert, was zur Folge hat, dass die ihnen seitens der
Investoren zugebilligten Bewertungen weiter reduziert werden könnten. "Die
nochmals höher ausgefallenen US-Inflationszahlen dürften den Anstieg der
Bondrenditen, welche immer stärker an der relativen Attraktivität von Aktien
knabbern, nun sogar noch weiter befeuern", kommentiert die Landesbank
Baden-Württemberg die Entwicklung. Dabei falle die Aktienrisikoprämie bereits
jetzt unterdurchschnittlich aus. Dies drücke auf die Perspektive von Aktien,
zumal ein schwacher Jahresstart in aller Regel länger nachwirke. Hinzu kommen
weitere Folgen, so etwa höhere Finanzierungskosten bzw. das Ende der
ultragünstigen Konditionen, zu denen sich Unternehmen am Kapitalmarkt Mittel
beschaffen können. Andererseits sind die höhere Inflation und die steigenden
Zinsen ein Reflex des trotz der jüngsten Prognosereduktionen nach wie vor hohen
globalen Wachstums, durch das die Unternehmensgewinne ihren Anstieg fortsetzen,
wenn auch mit deutlich vermindertem Tempo.
Angesichts dieser Gemengelage verwundert es nicht, dass die Implikationen des
veränderten Zinsumfelds zum Teil sehr unterschiedlich beurteilt werden. Bank of
America etwa geht nun davon aus, dass die europäischen Aktienmärkte in diesem
Jahr Verluste erleiden werden, und prognostiziert einen Rückgang des Stoxx
Europe 600 um 9 % auf 430 Punkte per Ende Dezember. Das Bankhaus J. Safra
Sarasin glaubt, dass die Normalisierung der Geldpolitik und eine nachlassende
makroökonomische Dynamik zusätzlichen Druck auf die Bewertungen und die
Unternehmensgewinne ausüben und zu einem steinigeren Weg für die Aktienmärkte
führen werden. Daher hat es seine Jahresendziele für Aktienindizes gesenkt, etwa
für den Dax von 17 100 auf 16 500 Zähler.
Gelassen beurteilt die DZ Bank die Lage. "Weder die EZB-Geldpolitik noch ein,US
Emergency Hike' stellen aus unserer Sicht maßgebliche Aktienmarktrisiken dar.
Die Volatilität dürfte zwar erhöht bleiben, wir erwarten jedoch keine weitere
merkliche KGV-Einengung, weder in Europa noch in den USA." Steigende
Unternehmensgewinne böten dagegen mittelfristig Aktienkurspotenzial. Das
Institut erwartet den Dax Ende 2022 weiterhin bei 18 000 Zählern. Der
Anlageausschuss der Credit Suisse wiederum, der einen weiteren geldpolitischen
Schock für möglich hält, hat beschlossen, vorerst an seiner neutralen taktischen
Aktienallokation festzuhalten. Zwar ist das Institut mittelfristig für Aktien
zuversichtlich. Es bestehe jedoch immer noch ein erhöhtes Risiko für weitere
Verluste, weil in der Vergangenheit Korrekturen, die durch eine Änderung der
geldpolitischen Erwartungen ausgelöst worden seien, oftmals zu temporären
Erholungsphasen und einem nachfolgenden erneuten Rückgang geführt hätten.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5144779
OTS: Börsen-Zeitung
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Indizes in diesem Artikel
DAX | 21 787,00 | -0,53% |