26.04.2022 20:29:38

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Riskante Meinungsfreiheit, Kommentar zu Twitter von Peter De Thier

Frankfurt (ots) - Als Hersteller von Elektroautos und Gründer seines eigenen

Raumfahrtkonzerns hatte sich Elon Musk immer in der Rolle eines Vorreiters

verstanden. Mit der Übernahme des Kurznachrichtendiensts Twitter befindet sich

der reichste Erdenbürger nun in der neuen Situation, nur einer von vielen

Milliardären zu sein, die der Medienindustrie ihren Stempel aufdrücken wollen.

So hatte schon vor 100 Jahren William Randolph Hearst mit seiner dominanten

Position in der Zeitungsindustrie versucht, die USA auf einen politisch

isolationistischen Kurs einzuschwören. Es folgten Unternehmer wie Rupert Murdoch

mit seinem ­erzkonservativen Medienimperium, CNN-Gründer Ted Turner und

Amazon-Chef Jeff Bezos, der 2013 die "Washington Post" in sein Portfolio

aufnahm.

Gleichwohl hat Musk eine neue Nische gefunden, die weitgehend frei ist von den

regulatorischen Fesseln der US-Aufsichtsbehörden, und mit Blick auf den

Wahrheitsgehalt des politischen Diskurses in den USA birgt das einige Gefahren.

Während Hearst und Murdoch ihre mächtigen Plattformen nutzten, um konservatives

Gedankengut zu verbreiten, erwiesen sich Turner und Bezos als Garanten von

Pressefreiheit und journalistischer Unabhängigkeit. Genau für diese Freiheiten

will auch er kämpfen, sagt Musk. Er sei nicht wirtschaftlich motiviert, sondern

von der Überzeugung, dass Twitter eine Plattform für absolute Redefreiheit

werden könnte, behauptet er. Bedeutet dies aber, dass Musk selbst weiterhin

unbehelligt Tweets abfeuern kann, die Marktturbulenzen auslösen und auch die

Aktienkurse seiner eigenen Unternehmen beeinflussen können? Noch wichtiger ist

in diesen politisch unruhigen Zeiten die Frage, ob er im Namen der

Meinungsfreiheit Verbreitern von Falschnachrichten und Hass wieder eine Bühne

bieten wird.

Immerhin hatte Twitter nach dem Aufstand im US-Kapitol neben dem ehemaligen

US-Präsidenten Donald Trump mehrere seiner Wegbereiter und rechtsgerichtete

Politiker verbannt, die bis heute an der Lüge festhalten, dass Trump die Wahl

gewonnen habe. Anzunehmen ist nun, dass diesen wieder Tür und Tor offen stehen

werden. Ein klares Signal lieferte Musk selbst, der sagte, im Zweifelsfall müsse

ein Tweet Bestand haben. In den USA stehen dieses sowie übernächstes Jahr Wahlen

an. Gilt auf einer führenden Plattform wie Twitter nun wieder das Prinzip der

Gleichbehandlung von Fakten und Fake News, dann verheißt das nichts Gutes für

die Zukunft einer Demokratie, die ohnehin bedenklich ins Wanken geraten ist.

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