12.03.2021 20:30:38

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Immer mehr grüne Staaten, ein Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Club der Emittenten grüner Staatsanleihen ist seit ein

paar Tagen um ein Mitglied reicher: Italien. Das Land stellte bei seinem Debüt

mit der grünen Staatsanleihe gleich drei Meilensteine auf. Zum einen war der

Green Bond aus Rom mit 8,5 Mrd. Euro in puncto Volumen die größte

Green-Bond-Emission eines Staates, die bislang an den Markt gekommen ist. Zum

Vergleich: Deutschland hatte beim Debüt mit der zehnjährigen grünen

Bundesanleihe im September 2020 ein Volumen von 6,5 Mrd. Euro. Zum anderen wurde

ein Meilenstein in Sachen Investorennachfrage gesetzt: Mehr als 80 Mrd. Euro

legten die Anleger an Zeichnungswünschen in die Orderbücher. Beim Bund waren es

mehr als 33 Mrd. Euro. Und der dritte Meilenstein: Italien ist das erste Land

aus der südlichen Eurozonenperipherie, das mit einem Green Bond auf

Zentralstaatsebene aufwartete. Green Bonds aus der Peripherie der Eurozone gibt

es bekanntlich schon: Die Grüne Insel hat grüne Bonds im Angebot.

Grüne Anleihen, mit denen Klima- und Umweltprojekte finanziert werden, liegen im

Trend - nicht nur auch, sondern gerade in der Krise. Das betrifft aber nicht nur

Staaten oder staatsnahe Adressen, sondern auch Banken und Unternehmen. So

rechnet die Ratingagentur Moody's damit, dass gerade Finanzinstitute und

Förderinstitutionen in diesem Jahr verstärkt auf Green-Bond-Emissionen setzen

werden. Bei den Staaten werden am Markt in diesem Jahr einige neue Adressen

erwartet. In der Vorbereitung befinden sich derzeit die Briten. Die erste grüne

britische Staatsanleihe (Green Gilt) soll im Sommer das Licht der Welt

erblicken. Es soll aber auch noch einen zweiten Green Gilt geben. Das

Emissionsdatum hierfür ist aber noch offen. Die britischen Schuldenmanager haben

angekündigt, dass sie eine grüne Kurve aufbauen wollen - ähnlich wie der Bund.

Insgesamt will das britische Debt Management Office (DMO) in diesem Jahr grüne

Staatsanleihen für 15 Mrd. Pfund am Markt unterbringen.

Im Bondhandel ist man gespannt, wer noch alles 2021 in den Club der grünen

Staatsanleiheemittenten eintreten wird. Italien hat in Südeuropa nun die Tür

aufgemacht und das Erstlingswerk auch recht zügig in der Vorbereitung

abgeschlossen. Das könnte in Südeuropa weitere Emittenten ermuntern, in die

Fußstapfen der Italiener zu treten. Durchaus denkbar, dass die Spanier, die

jüngst ja auch auf den Zug mit den ultralangen Staatsanleihen aufgesprungen

sind, ebenfalls bald mit ihrem ersten grünen Titel an den Markt kommen. Portugal

wäre sicherlich auch ein Kandidat. Ob Griechenland ebenfalls diesen Schritt

gehen wird, ist eher etwas fraglich. Das Land zählt nicht unbedingt zu den

häufigen Emittenten am Markt für konventionelle Anleihen. Vermutlich wird Athen

erst dann Investoren mit einer grünen Staatsanleihe besuchen, wenn man am

herkömmlichen Bondmarkt wieder einen nachhaltig gefestigten Auftritt etabliert

hat.

Auf jeden Fall wird die Entwicklung sehr spannend für die Marktteilnehmer. Denn

die Staaten werden Kurven von grünen Staatsanleihen aufbauen, also entlang der

Fälligkeiten von zwei bis 30 Jahren; vielleicht gibt es auch mal einen grünen

Ultralangläufer. Die Differenz der Preise dieser Anleihen oder der Renditen der

grünen und nichtgrünen Anleihen ist das sogenannte Greenium, zusammengesetzt aus

den Begriffen Green und Premium. Das Greenium gibt an, wie viel die Anleger zu

zahlen bereit sind, damit ihr Geld in Klima- und Umweltprojekte des Emittenten -

in diesem Fall des Staates - fließt. Zu beobachten ist, dass für grüne Bonds ein

höherer Preis also Kurs bezahlt wird oder umgekehrt ausgedrückt eine geringere

Rendite bei der grünen Anleihe im Vergleich zur Rendite der konventionellen

Anleihe akzeptiert wird.

Wenn in ein paar Jahren die grünen Kurven etabliert sind, wird sich zeigen,

welche Ausmaße das Greenium angenommen hat, welchen Stellenwert die Anleger dem

Aspekt grün bei der Investition ihrer Kapitalanlagen beimessen. Bei der grünen

Bundesanleihe sind es derzeit Renditedifferenzen zu den nichtgrünen Bundestiteln

im unteren einstelligen Basispunktebereich. Das kann sich aber durchaus

vergrößern, da der Trend am Markt zu Green geht.

Aber noch etwas wird sich zeigen. Wie werden Anleger die unterschiedlichen

grünen Anleihen der Staaten bewerten? Handeln etwa grüne italienische

Staatsanleihen mit dem gleichen Renditeabstand zu ihren herkömmlichen Pendants,

wie das auch beim Bund der Fall ist? Oder werden Investoren die mit diesen

grünen Staatsanleihen finanzierten Projekte anders bewerten als die Projekte,

die zum Beispiel der Bund finanziert und dann auch andere Preise für

Staatsanleihen bezahlen bzw. Renditen bzw. Renditedifferenzen fordern?

Zusammengefasst: Wird der Aspekt Green überall gleich bewertet oder eben

unterschiedlich? Bis zu diesem Erkenntnisgewinn, der den Markt ein gutes Stück

weiterbringt, müssen die Investoren aber noch ein paar Jahre warten.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

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