14.06.2021 19:46:38

OTS: Börsen-Zeitung / Eldorado, Kommentar von Christoph Ruhkamp zu Börsengängen

Eldorado, Kommentar von Christoph Ruhkamp zu Börsengängen

Frankfurt (ots) - Der offene Geldhahn der Notenbanken und die billionenschweren

Konjunkturprogramme schlagen am Kapitalmarkt voll durch. 2021 ist bisher das

beste Jahr aller Zeiten für Börsengänge in Deutschland. Auf dem bisherigen

Allzeithoch im ersten Halbjahr 2018 brachten IPOs in Deutschland 7,3 Mrd. Euro

ein. Wenn nicht der Börsengang des Online-Modehändlers About You, der am

heutigen Dienstag den Preis festsetzt, im letzten Moment noch abgeblasen wird -

was nahezu undenkbar erscheint -, dann sind die 8 Mrd. Euro voll. Weitere 1 Mrd.

Euro kommen bis Ende Juni noch hinzu - insgesamt fast zehnmal so viel wie 2020.

Damit ist Deutschland unerwartet auf Augenhöhe mit London gekommen, wo

Börsengänge 2021 bis dato 10 Mrd. Euro einbrachten.

Für den Boom gibt es gute Gründe: In Zeiten von Nullzins bringen Anleihen kaum

noch Erträge ein - das treibt die Investoren in Aktien, auch in neue. Zugleich

ist die Volatilität - gemessen am "Angstindex" Vix - gegenüber dem Vorjahr

deutlich zurückgegangen. Es gibt eine starke Nachfrage internationaler

Investoren, aktivere Privatanleger und eine volle Pipeline von Börsenkandidaten

- darunter so große Namen wie der Sportwagenhersteller Porsche, die

Daimler-Lastwagensparte oder der Ölkonzern Dea Wintershall. Der Dax hat ein

Allzeithoch erreicht und liegt 2021 mit etwa 15 % im Plus.

Es gibt jedoch auch Abkühlungstendenzen der im ersten Quartal überbordenden

Begeisterung. Die Absage des Börsengangs des Online-Neuwagenanbieters Meinauto

und die schlechte Kursperformance einiger Neuzugänge sind erste Anzeichen dafür,

dass die Investoren wählerischer werden.

Besonders die Rolle der Ankerinvestoren bei IPOs rückt in ein neues Licht.

Früher wurden die Namen von "Cornerstones" wie etwa der Capital Group, die

derzeit besonders häufig als solcher auftaucht, typischerweise zu Beginn des

Bookbuildings zusammen mit einer Preisspanne bekannt gegeben, um den Preis ans

obere Ende zu treiben.

Die Ankerinvestoren waren mit einer Haltefrist versehen, um Vertrauen zu bilden.

Ungefähr seit Beginn der Pandemie werden sie noch früher ins Boot geholt -

zugleich sind die Haltefristen aber nicht mehr üblich. Das hat in einigen Fällen

Kursabstürzen am ersten Handelstag den Boden bereitet. Die enttäuschende

Performance des kanadischen Chipdesigners Alphawave IP Group gilt als Wendepunkt

für die Investorenstimmung gegenüber Cornerstones - hin zur Skepsis. Der Kurs

stürzte um ein Viertel, obwohl 40 % vom IPO-Volumen bei BlackRock und Janus

Henderson lagen.

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OTS: Börsen-Zeitung

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