08.02.2021 20:30:38

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Das Bauernopfer, ein Kommentar von Thomas Spengler zu Grenke

Frankfurt (ots) - Jetzt also doch! Nachdem die von der Grenke AG selbst

beauftragten Prüfer eine Mängelliste bei Compliance und interner Revision

zusammengetragen haben, muss mit Mark Kindermann der zuständige Vorstand den

Leasingspezialisten verlassen. Fraser Perring, der mit seiner Investorentruppe

Viceroy das Unternehmen in Baden-Baden massiv unter Druck gesetzt hat, kann

jubilieren. Sollte er mit der Grenke-Aktie noch short ge­wesen sein, konnte er

nach dem gestrigen Börsentag seine Marge abschöpfen. Keine Frage, Perring geht

als Sieger aus dem Scharmützel hervor. Und auch wenn Grenke kein zweites

Wirecard werden sollte, drohen sonst nur Verlierer übrig zu bleiben.

Da ist der Firmengründer Wolfgang Grenke. Kindermann ist nicht irgendwer im

Hause Grenke. Bereits seit 1990 im Unternehmen und seit 2006 Mitglied des

Leitungsgremiums ist er einer, den der Firmengründer lange genug kennen müsste,

um seine möglichen Schwächen zu kennen. Konnte der Selfmademan also tatsächlich

jahrzehntelang seine Governance vernachlässigen, ohne dass ihn so richtig jemand

kontrolliert hätte?

Da ist auch Ernst-Moritz Lipp, der als ehemaliges Vorstandsmitglied der Dresdner

Bank einen Ruf zu verlieren hat - bringt er doch genügend Expertise mit, um den

Aufsichtsrat der Grenke AG erfolgreich zu führen. Ihm dürfte sehr daran gelegen

sein, dass die jüngsten Rochaden im Vorstand des Leasingspezialisten eine neue

Unternehmenskultur einziehen lassen, die von klaren Strukturen und hoher

Transparenz geprägt sein mag.

Und da sind schließlich die Aktionäre, die größte Gruppe der Verlierer. Nachdem

der Aktienkurs von Grenke gestern unter das Niveau vom September, der Zeit nach

der Leerverkaufsattacke von Perring, gefallen ist, müssen sie sich auf einen

langen Atem einstellen. Vor dem Hintergrund ist Kindermann zu­nächst nur ein

Bauernopfer, mit dem man Zeit gewinnen kann. Sollten die Gutachter im Hause

Grenke aber weiter Unerfreuliches zutage fördern, müsste sich auch der

Firmengründer fragen lassen, ob er denn sein Aufsichtsratsmandat, das er derzeit

ruhen lässt, tatsächlich wieder aufnehmen will.

Für Beobachter war die Demission von Kindermann überfällig. Zu lange hatten sie

fehlende Transparenz moniert. Am Ende bleibt zu hoffen, dass das Vertrauen der

Kunden und Aktionäre des Unternehmens nicht in seinen Grundfesten erschüttert

ist, sondern zurückgewonnen werden kann. Mit dem neu aufgestellten Vorstand ist

zu­mindest ein wichtiger Schritt für einen Neubeginn gemacht.

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