28.08.2015 20:40:40

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Börsen-Zeitung: Vor dem Realitäts-Check, Marktkommentar von

Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots) - In mehrfacher Hinsicht haben die zurückliegenden

Handelstage deutlich gemacht, wie hoch die Risiken für die

Aktienmärkte sind. Im Zentrum steht China, das erneut deutlich

gemacht hat, dass ein neuer großer Spieler im weltweiten

Wirtschaftsgefüge mitspielt und ein neues Zeitalter eingeleitet hat.

Erstmals in der Geschichte war das Reich der Mitte Ausgangspunkt

eines globalen Börsen-Crashs und brachte sogar die Wall Street ins

Taumeln. In New York machte sich allerdings noch eine weitere neue

Macht bemerkbar. Der bislang einmalige Einsturz des Dow Jones

Industrial Average in den Eröffnungsminuten war nicht nur und

wahrscheinlich auch nicht in erster Linie darauf zurückzuführen, dass

den amerikanischen Marktteilnehmern angesichts der Vorgänge die Knie

geschlottert hätten.

Denn zu einem Großteil haben sie keine Knie. Computerprogramme

waren dafür verantwortlich, dass die Erstreaktion des Dow so heftig

ausfiel. Ein immer größerer Teil des Handels wird von superschnellen

Computern bestritten. Da sie mit Algorithmen gefüttert sind, die sich

vielfach einander ähneln, entstehen immer häufiger Situationen, in

denen in kürzester Zeit extrem hochvolumige gleichgerichtete

Transaktionen zu explosionsartigen Marktbewegungen führen, deren

Ausmaß in keiner Weise mit den die Bewegungen auslösenden Ursachen

erklärt werden kann. Besonders drastisch wurde dies im

zurückliegenden Jahr bereits vor Augen geführt, als die Rendite der

zehnjährigen US-Staatsanleihen innerhalb weniger Minuten um 34

Basispunkte fiel. Erhöht werden diese Risiken dadurch, dass die

Finanzbranche aufgrund regulatorischer Belastungen ihre Handelsbücher

zusammengestrichen hat und somit die von ihr bereits gestellte

Liquidität stark zurückgegangen ist.

Gewinnprognosen sinken

Am Schwarzen Montag des Jahres 2015 wurde Letzteres noch durch die

Urlaubssaison verstärkt, durch die viele Marktteilnehmer abwesend

sind. Jenseits eher technischer Faktoren spielten allerdings auch

fundamentale Faktoren eine Rolle. Die Wachstumsverlangsamung und der

Börsencrash in China sowie die Abwertung des Yuan, die Schwäche der

Emerging Markets insgesamt, die Baisse der Rohstoffpreise und die

Unsicherheit über die US-Leitzinswende verstärkten die latenten

Rezessionsängste. Nach den deutlichen Kurssteigerungen der

zurückliegenden Jahre wurde damit die Frage aufgeworfen, ob die

erreichten Bewertungsniveaus an den Aktienmärkten in einem solchen

Umfeld angemessen sein können, zumal die den Bewertungen zugrunde

liegenden Schätzungen für die Unternehmensgewinne gefährdet

erscheinen. In der Tat sind etwa die Gewinnprognosen für die

Dax-Firmen für das laufende Jahr, die Anfang des Jahres nach oben

gedreht hatten, in den zurückliegenden Wochen wieder ein wenig

abgebröckelt. Zudem sinken die Erwartungen für das Wachstum der

Weltwirtschaft. So hat am Freitag Moody's ihre Prognose für das

Wachstum der G20-Staaten im kommenden Jahr von 3,1% auf 2,8% gesenkt.

Mit einer globalen Rezession hat dies allerdings nichts zu tun.

Zwar schwächeln die Schwellenländer, in den nach wie vor

gewichtigeren Industrieländern wird die Wirtschaft nach derzeitigem

Stand jedoch auch im kommenden Jahr weiter wachsen. Trotz einer

rapiden Zunahme in den zurückliegenden Jahren hält sich der Handel

zwischen China und den USA sowie Europa immer noch insgesamt in

Grenzen, konstatierte Moody's, die für die führende Wirtschaftsmacht

USA im nächsten Jahr ein Wachstum von 2,6% (nach zuvor 2,8%)

prognostiziert.

Die Rezessionsängste vieler Marktteilnehmer halten der Realität

derzeit einfach nicht Stand, wie in der abgelaufenen Woche deutlich

wurde. Reihenweise haben die in den Industrieländern veröffentlichten

Daten nach oben überrascht, darunter die deutliche Aufwärtsrevision

des US-BIP vom zweiten Quartal und der überraschend gestiegene

Ifo-Index. Nachdem zwei US-Notenbanker erklärt hatten, dass aufgrund

der aktuellen Unsicherheiten eine Leitzinserhöhung im September keine

Priorität habe, erklärte der Präsident der St. Louis Fed, James

Bullard, am Freitag, dass die Aussichten der amerikanischen

Wirtschaft weiter gut aussähen und er eine Zinserhöhung in der

Sitzung des Offenmarktausschusses Mitte September bevorzuge.

Damit steht mit den wichtigen Daten in der neuen Woche, darunter

insbesondere mit dem US-Arbeitsmarktbericht, der große

Realitäts-Check an - sowohl für die derzeitigen Rezessionsängste der

Marktteilnehmer als auch für die Erwartungen für den Zeitpunkt des

"Liftoff" des amerikanischen Leitzinses.

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