06.10.2015 20:46:40

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Börsen-Zeitung: Unsafe Harbor, Kommentar zum Datenschutz-Urteil des

EuGH von Stephan Lorz

Frankfurt (ots) - Eigentlich hätte Brüssel bereits unmittelbar

nach den Enthüllungen von Edward Snowden das Safe-Harbor-Abkommen mit

den USA auf Eis legen müssen. Bei der allgegenwärtigen

Digitalschnüffelei der US-Geheimdienste konnte von einem "Safe

Harbor" nicht mehr die Rede sein. Aber die Politik in Berlin und

Brüssel nahm das offenbar aus falsch verstandener Partnerschaft mit

den USA hin. Womöglich auch, weil in den analogen Regierungszentralen

Europas ein großes Unverständnis herrscht über die tektonischen

Machtverschiebungen, die der digitale Wandel bei falschen

Weichenstellungen mit sich bringt. Insofern sind die

Beifallsbekundungen, die den Richtern am Europäischen Gerichtshof

(EuGH) nach ihrem "Facebook-Urteil" nun von politischer Seite

zugehen, heuchlerisch.

Es ist von einem "Meilenstein" oder einem "Paukenschlag" für den

Datenschutz die Rede. Doch ändert das Urteil wirklich alles zum

Besseren? Zwar machte es das Safe-Harbor-Abkommen den Konzernen (zu)

einfach, das europäische Informationssubstrat aus Regionen mit hohen

Datenschutzstandards in die USA zu ziehen und nach allen Regeln der

Kunst zu verarbeiten. Das wird jetzt etwas komplizierter - vor allem

aber für die Nutzer. Künftig müssen sie wohl eine weitere Zustimmung

geben zu neuen bibeldicken "AGB". Aber selbst wenn das nicht genügt

und die Rechner nach Europa umziehen müssen, schützt das ja nicht vor

Schnüffelei: Der britische Geheimdienst GCHQ steht der amerikanischen

NSA in nichts nach - und gibt die Daten von sich aus weiter. Zudem

haben US-Gerichte klargestellt, dass nichtamerikanische Bürger

ohnehin keinen Datenschutz für sich reklamieren können - auch nicht

jenseits der US-Grenzen. US-Konzerne müssen hier kooperieren. Nur

eine bewusste Entscheidung der Konsumenten gegen die US-Platzhirsche

im Netz würde die Lage verändern. Aber ist es realistisch, dass dies

passiert?

Probleme mit dem Urteil dürften zudem weniger die großen Konzerne

dies- und jenseits des Atlantiks haben, sondern eher die vielen

kleineren Unternehmen, die digitale Serviceleistungen in die USA

ausgelagert oder dort Tochterfirmen haben. Das dürfte die

gefährlichen oligopolistischen Tendenzen in der Internetökonomie

weiter verstärken. Daher sollte die Politik jetzt schnellstens vom

Beifalls- in den Arbeitsmodus wechseln zur Ausarbeitung eines neuen -

realistischeren - Abkommens. Das Urteil sollte die europäische

Verhandlungsposition zur Durchsetzung eigener Vorstellungen von

Datenschutz dabei gestärkt haben.

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