29.09.2017 20:36:40

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Börsen-Zeitung: Richtung Gleichgewicht, Ölmarktkommentar von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Vor wenigen Tagen ist der Preis der weltweit

wichtigsten Benchmark-Sorte Brent Crude bis auf fast 60 Dollar je

Barrel gestiegen. In der Spitze trennte ihn nur noch ein halber

US-Cent von dieser stark beachteten Marke. Es handelte sich dabei um

den höchsten Stand seit 26 Monaten.

Die insofern beeindruckende Stabilisierung des Marktes können sich

die Mitglieder des Kartells Organisation Erdöl exportierender Länder

(Opec) sowie befreundete Förderstaaten wie Russland auf die Fahnen

schreiben. Sie halten sich derzeit in einem für die Opec höchst

ungewöhnlichen Ausmaß an die Ende 2016 geschlossen Förderkürzungen um

1,8 Mill. Barrel pro Tag (bpd). Das Kartell selbst hat vor wenigen

Tagen sogar davon gesprochen, dass es aktuell eine Übererfüllung der

Vereinbarung gebe.

Dies hat dazu geführt, dass das globale Ölangebot im August um

720.000 bpd gefallen ist, während die Internationale Energieagentur

IEA ihre Prognose für den Anstieg des Verbrauchs im laufenden Jahr

von 1,5 Mill. bpd auf 1,6 Mill. bpd angehoben hat. In der Folge bauen

sich die bislang sehr hohen Rohöl-Lagerbestände in den

Industrieländern rapide ab. Nach den Schätzungen der IEA lagen die

Vorräte in den Ländern der OECD im August gerade noch um 35 Mill.

Barrel über ihrem Fünfjahresdurchschnitt. Am Jahresanfang hatte es

noch ein Übersteigen dieses Niveaus um 103 Mill. Barrel gegeben.

Allerdings hat die Marktreaktion gezeigt, dass viele Akteure nicht

so recht darauf vertrauen, dass die Veränderungen nachhaltig sind. So

setzten am Dienstag, als sich der Ölpreis zunächst forsch in Richtung

der Marke von 60 Dollar bewegte, Gewinnmitnahmen ein, die die

Brent-Notierung um rund 1 US-Dollar nach unten trieben. Es gibt in

der Tat aktuelle Einflussfaktoren auf dem Ölmarkt, die wenig

nachhaltig sind. Zu nennen ist der zeitweilige Ausfall der

Ölförderung im Golf von Mexiko aufgrund der Wirbelstürme, der zu

einem Lagerabbau an Rohöl und verarbeiteten Produkten wie Benzin

geführt hat, der sich nicht wiederholen wird.

Ferner wird damit gerechnet, dass die zunehmenden Spannungen

zwischen der Türkei und der kurdischen Selbstverwaltung im Norden des

Irak Einfluss auf das Ölangebot nehmen könnten. Der türkische

Präsident Erdogan hat damit gedroht, bei einer Entscheidung der

Kurden für eine Unabhängigkeit vom Irak die Pipeline, die Öl von den

kurdischen Ölfeldern in den türkischen Ölhafen Ceyhan transportiert,

abzuschalten. Diese Pipeline befördert immerhin 500.000 bis 600.000

bpd, bei deren Ausfall sich der Abbau der weltweiten Lagervorräte in

der Tat beschleunigen würde.

Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass in dem Streit nichts so

heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. So hat die kurdische

Regionalverwaltung bereits betont, die Abstimmung stelle den

Startpunkt für Verhandlungen mit Bagdad dar, so dass mit einer

einseitigen abrupten Unabhängigkeitserklärung wohl vorerst nicht zu

rechnen ist.

Zu denken gibt auch, dass derzeit wieder einmal die spekulativen

Marktteilnehmer auf Teufel komm raus auf einen weiter steigenden

Ölpreis wetten. Nach den letzten bekannten Zahlen der amerikanischen

Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC)

befand sich die Zahl der Netto-Long-Positionen, mit denen Investoren

auf einen weiter steigenden Ölpreis setzen, schon fast auf

Rekordniveau. Die Rohstoffanalysten der Commerzbank gehen davon aus,

dass die bisherige Rekordmarke inzwischen übertroffen sein könnte.

Bei einer so extremen Marktpositionierung reichen schon wenige

negative Nachrichten aus, um für einen Ausverkauf zu sorgen.

Nicht unterschätzt werden sollte auch der Einfluss der

US-Schieferölbranche, die sich bei stark reduzierten Kosten zuletzt

als fähig erwiesen hat, die Förderung rasch hochzuschrauben. Außerdem

ist eine Verlängerung der Opec-Förderkürzungen ab April 2018 noch

keine beschlossene Sache. Angesichts des momentan zügig

voranschreitenden Abbaus der Lagerbestände könnten einige

Opec-Mitglieder querschießen. Und auch Russland hat sich gemäß den

Worten des russischen Ölministers Alexander Nowak noch nicht

endgültig festgelegt.

Insofern spricht vieles dafür, dass der Ölpreis knapp unter 60

Dollar verharren, zumindest aber nicht deutlich darüber klettern

wird. Erst 2018 könnte der Ölpreis bei einem einvernehmlichen Agieren

aller großen Ölproduzenten innerhalb und außerhalb der Opec weiter

steigen.

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