15.07.2016 19:49:39

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Börsen-Zeitung: Immer weiter nach unten, Marktkommentar zu den

Anleiherenditen von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - An den europäischen Rentenmärkten - allen voran

bei den Bundesanleihen - geht es mit den Renditen immer weiter

bergab. An manchen Tagen erreicht dieser Abstieg ein Tempo, dass

einem fast schon schwindelig werden kann.

In der gerade abgelaufenen Woche wurden bei den Bundespapieren

gleich zwei Meilensteine gesetzt. Zum einen wurde eine neue

zehnjährige Bundesanleihe mit einem Zinskupon von 0,00 Prozent

ausgestattet, so dass im Standardlaufzeitenband der

Kapitalmarktpapiere von zwei bis zehn Jahren die

Bundesschatzanweisungen (zwei Jahre), die Bundesobligationen (fünf

Jahre) und somit nun auch die zehnjährigen Bundesanleihen allesamt

einen Nullkupon haben. Die Analysten der Commerzbank sprechen in

Anspielung auf die unverzinslichen Geldmarktpapiere des Bundes

(Bubills) etwas scherzhaft von der "neuen zehnjährigen Bubill".

Zum anderen ging das Benchmarkpapier der Eurozone erstmals in

einer Auktion zu einer negativen Rendite an die Anleger.

Durchschnittlich zahlten die Anleger dem Bund eine Parkgebühr für die

zehnjährige Geldanlage bei Vater Staat von 0,05 Prozent. Deutschland

ist damit nach Japan der zweite G7-Staat, der eine zehnjährige

Anleihe in einer Auktion zu einem negativen Satz an den Mann oder die

Frau gebracht hat. Am Sekundärmarkt sind die Renditen schon sehr viel

niedriger gewesen. Bis auf minus 0,20 Prozent ging es im

Laufzeitensegment von zehn Jahren schon nach unten.

Bei den kürzeren Laufzeiten sind die Sätze noch sehr viel tiefer

im roten Bereich. Die zweijährigen Bundestitel fielen am 24. Juni

dieses Jahres schon bis auf minus 0,721 Prozent. So langsam kommt die

eins vor dem Komma in diesem Laufzeitenbereich in greifbare Nähe. Wer

das vor ein oder zwei Jahren prognostiziert hätte, wäre als

inkompetent eingestuft worden. Aber auch am langen Ende der Kurve

gibt es für die Anleger im wahrsten Sinne des Wortes nur noch wenig

bis gar nichts zu holen. Wer sein Geld für 30 Jahre beim Bund anlegt,

bekommt dafür aktuell noch knapp unter 0,5 Prozent. Dieser Satz ist

noch positiv. Aber bei der Hälfte der Laufzeit, also bei 15-jährigen

Bundesanleihen, sollte man sich beeilen, wenn man noch eine positive

Rendite haben will. Am Freitag lag das Tief bei 0,072 Prozent.

Ein Blick zu den Nachbarn in der Schweiz zeigt, wo die Reise noch

hingehen kann. Sie brachten in der abgelaufenen Woche einen Bond mit

der Laufzeit 2058 erstmals zu einer negativen Rendite unter, und zwar

zu minus 0,023 Prozent. Bei der Emission im Mai bekamen die Anleger

noch um die 0,25 Prozent. Man sollte sich also darauf einstellen,

dass die 30-jährigen Bundesanleihen noch weiter sinken und ihr

Rekordtief vom 6. Juli dieses Jahres von 0,293 Prozent einstellen.

Hinter dem Renditeabstieg steht die Flucht in den sicheren Hafen

Bund angesichts diverser Unsicherheitsfaktoren. Brexit-Sorgen,

Konjunkturängste, Nervosität hinsichtlich der weiteren Entwicklung

des Bankensektors sind dabei nur einige Faktoren. Hinzu kommen

geopolitische Risiken und nicht zuletzt die Käufe der Zentralbanken.

Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird es immer schwieriger zu

kaufen. Denn sie hat sich zur Bedingung gemacht, Anleihen nur dann zu

kaufen, wenn die Rendite nicht unterhalb des Einlagensatzes liegt,

also nicht tiefer als minus 0,4 Prozent. Bei sieben bzw. acht Jahren

- je nach "Tagesform", d.h. Schwankungsintensität - ist für die

europäischen Währungshüter damit bei den Käufen Schluss. Die

Notenbanker sind also geradezu dazu gezwungen, in die längeren

Laufzeiten zu gehen. Das befördert die Renditen in diesen

Laufzeitenbereichen dann noch weiter nach unten. Die Kurve rutscht

immer weiter ins Minus ab.

Und demnächst bekommt der Markt einen weiteren Schub nach unten.

Viele Marktteilnehmer hatten sich darauf eingestellt, dass die Bank

of England (BoE) in der abgelaufenen Woche wegen der Gefahren für die

Konjunktur des Landes, die aus dem Brexit resultieren, die Zinsen

senkt. Das ist erst mal ausgeblieben, wird aber noch kommen. Die

Notenbank hat durchblicken lassen, dass es im August so weit sein

wird und dann der Schritt nach unten erfolgt.

Aber wird das reichen? Mitnichten! Mit 0,5 Prozent beim

Schlüsselsatz hat die BoE ohnehin nicht viel Pulver zum Verschießen,

bis auch sie im Minus angekommen ist. Zwei Schritte um 25

Basispunkte, dann ist die Nulllinie Realität. Auch hier sollte man

also das Minus einkalkulieren und auch eine Ausweitung der Bondkäufe.

Das hat Signalwirkung und treibt die Renditen in Europa weiter nach

unten. Und mal ehrlich: Bis die ganze Tragweite des Brexit in

wirtschaftlicher Hinsicht klar ist, vergeht noch eine lange Zeit. Und

in dieser Unsicherheit steuern die Anleger weiter den sicheren Hafen

Bund an.

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