10.04.2015 19:46:39

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Börsen-Zeitung: Die tägliche Rekordjagd, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Fast kein Tag vergeht derzeit an den

europäischen Finanzmärkten, an dem nicht ein Rekord vermeldet werden

kann. Da ist zunächst der Zinsbereich. Die zehnjährige Bundrendite

fiel in der abgelaufenen Woche bis auf 0,14%. Die Zinsexperten der

Commerzbank titelten hierzu am Freitag: "Der,Null'-Wasserpegel

erreicht den Vorgarten zehnjähriger Bundesanleihen." Ganz recht. Um

im Bild zu bleiben: Da die Bundkurve insgesamt immer weiter fällt,

schwappt die Welle negativer Renditen immer höher. Am Donnerstag war

zu beobachten, dass bis hin zu acht Jahren Fälligkeit alles im roten

Bereich ist, also eine negative Rendite aufweist. Es ist nur noch

eine Frage der Zeit, bis neun Jahre und dann auch zehn Jahre Laufzeit

den Nullpunkt erreichen bzw. darunter fallen.

Rekorde gibt es damit auch am kurzen Ende: Bei der Versteigerung

zweijähriger Bundesschatzanweisungen konnte Vater Staat wieder beim

Schuldenmachen Geld verdienen. Zu minus 0,28% gingen die Papiere an

die Anleger, so viel bekam er zuvor in einer Auktion noch nie. Aber

nicht nur bei sicheren Papieren sind Negativzinsen zu beobachten,

mittlerweile ist auch Spanien - ehemals ein Krisenland - beim

Minuszeichen vor der Rendite angekommen, verständlicherweise erst bei

den Kurzläufern.

100 Jahre aus Mexiko

Solche niedrige Zinsen bleiben den Emittenten rund um den Globus

natürlich nicht verborgen. In Scharen werden sie vom

Niedrigrenditeumfeld der Eurozone und damit der Jagd der Anleger nach

einigen Basispunkten Ertrag angelockt. Mexiko brachte in den

vergangenen Tagen den ersten 100-jährigen Bond des Landes in der

Gemeinschaftswährung. Mehr als 6 Mrd. Euro an Ordervolumen sollen

vorgelegen haben; da waren 1,5 Mrd. Euro Bondvolumen keine

Schwierigkeit. Und was zahlte Mexiko? 4,2% gab's noch, nachdem der

Titel zuvor mit Renditevorgaben von 4,5% und anschließend 4,25%

vermarktet worden war. Solche Zinsen ließen sich auch mal mit

Bundesanleihen verdienen, ist aber schon ein wenig her. Beim Ausbruch

der Subprime-Krise im Juli 2007 waren es rund 4,70%. Allerdings war

das bei den zehnjährigen Bundesanleihen mit Top-Bonität Triple-A.

Heute sind es 55 Basispunkte weniger beim Triple-B-Emittenten Mexiko

und zehn Mal längerer Laufzeit wohlgemerkt.

Noch eine Rekordmarke gefällig? Im vergangenen Monat wurde die

Rekordsumme von 60 Mrd. Euro an Investment-Grade-Unternehmensbonds

emittiert. 65% davon kamen von Firmen aus Übersee, so eine Studie von

Bank of America/Merrill Lynch. Angelockt werden US-Unternehmen von

den niedrigen Anleiherenditen. Im Schnitt müssen Investment-Grade-

und Ramsch-Adressen hier rund zwei Prozentpunkte weniger als am

US-Markt bezahlen. Das lohnt sich.

Das sind alles Auswirkungen des Quantitative Easing (QE) der

Europäischen Zentralbank (EZB). Dieses QE hat schon vor Beginn der

effektiven Käufe Wirkung gezeigt, hinterlässt aber auch jetzt tiefe

Spuren am Markt. Und dabei ist zu berücksichtigen, dass QE erst einen

Monat tatsächlich läuft. Angetrieben werden nicht nur die

Rentenmärkte, sondern auch die Aktien. Der Dax zeigt eine enorme

Performance in diesem Jahr. Am Freitag kletterte er auf das

Rekordhoch von 12.391 Zählern.

Und diese Rekordjagd an den Märkten könnte durchaus noch ein wenig

befeuert werden. Zum einen durch das laufende QE der EZB, das ja

nicht morgen zu Ende sein wird, sondern laut Plan bis September 2016

geht. Die Liquiditätsschwemme, die Aktien und Bonds auf Rekordwerte

treibt, könnte auch durch die US-Notenbank Fed noch einmal stimuliert

werden, nämlich dann, wenn die Fed vom Monat Juni als ersten

Zinsanhebungszeitpunkt Abstand nehmen muss. Darauf deutet zumindest

der schwache Arbeitsmarktbericht für März. Lediglich in etwa halb so

viele neue Arbeitsplätze wie von Volkswirten erwartet wurden im

Quartalsendmonat geschaffen. Das ist alles andere als robust. Nun

wird die Fed wahrscheinlich erst einmal wieder abwarten wollen, bis

sich hier wieder kräftigere Signale in Sachen Beschäftigtenaufbau

einstellen.

Und auch innerhalb der Fed werden die Stimmen lauter, es mit der

Straffung der geldpolitischen Zügel langsam angehen zu lassen. Manch

einer - wie etwa Narayana Kocherlakota von der Fed von Minneapolis -

vertritt die Meinung, es für dieses Jahr komplett sein zu lassen.

Dazu könnte es durchaus kommen, nämlich dann, wenn der starke Dollar

(gut 12% Aufwertung gegenüber dem Euro in diesem Jahr) den Exporten

der US-Unternehmen zu schaffen macht. Er wirkt ohnehin schon wie

Zinsanhebung. Dem will mancher Fed-Vertreter nicht noch eine oben

draufsetzen.

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