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20.06.2016 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Chance vertan, Kommentar zur Erbschaftsteuer von Claus

Döring

Frankfurt (ots) - Reformen sehen anders aus. Aber nach der Vorlage

von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war am Ende der

Verhandlungen zwischen den Koalitionären nichts anderes zu erwarten

als ein fauler, weil bequemer Kompromiss. Wieder sind

Partikularinteressen bedient worden. Ein bisschen Erleichterungen für

Familienbetriebe hier, ein bisschen Mehrbelastung für reiche

Firmenerben dort. Und für alle deutlich mehr Bürokratie.

Ob das neue Gesetz zur Erbschaftsteuer nicht nur Bundestag und

Bundesrat passieren, sondern auch einer wahrscheinlichen abermaligen

Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhalten wird, ist

nach den eher kosmetischen Änderungen fraglich. Denn der

Hauptkritikpunkt der Verfassungsrichter, nämlich die

unverhältnismäßigen Begünstigungen beim Vererben großer

Unternehmensvermögen, ist nur halbherzig angegangen worden. Warum

beginnen große Betriebsvermögen im Sinne des Gesetzes erst bei 26

Mill. Euro? Und ist es in einer Welt des immer schnelleren

wirtschaftlichen Wandels wirklich sinnvoll, via Steuergesetzgebung

Kapital für die Dauer von sieben Jahren in einem Betrieb zu binden?

Jede Menge Ausnahmeregelungen verwässern auch dieses noch vor der

Sommerpause vom Bundestag zu beschließende Erbschaftsteuergesetz und

schaffen Gestaltungsspielräume. Das ist für Steueranwälte ein

wunderbares Betätigungsfeld und in deren Interesse, nicht aber im

Sinne der übrigen Steuerzahler und der deutschen Wirtschaft.

Gewiss, jede Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen ist eine

Gratwanderung zwischen Wirtschaftsinteressen und

Gerechtigkeitszielen. Unter dem Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit des

Investitionsstandortes, der Sicherung von Arbeitsplätzen und auch der

Steuergerechtigkeit wäre es besser, den zur Steuervermeidung

treibenden hohen Erbschaftsteuersatz auf betriebliche Vermögen

deutlich zu senken und im Gegenzug die vielen Ausnahmen abzuschaffen.

Denn die schon bisher geltenden und weiterhin vorgesehenen

Verschonungsregeln sind für den einen Teil der Betriebserben zu

großzügig und führen zur Steuervermeidung - allein 19 Mrd. Euro in

den Jahren 2009 bis 2012. Für den anderen Teil aber sind sie zu

rigide, und die Steuerlast bedroht dann die Existenz der Unternehmen.

Ein tatsächlicher Erbschaftsteuersatz von 10 oder 15%, dessen

Zahlung in bestimmten Fällen zinslos gestreckt werden könnte, würde

weder Erben überfordern noch Familienunternehmen ins Ausland treiben.

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