12.01.2017 20:46:41

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Börsen-Zeitung: Abschreckungspolitik, Kommentar zur Türkei von

Dietegen Müller

Frankfurt (ots) - Die Lage in der Türkei spitzt sich immer mehr zu

- nicht nur politisch, auch ökonomisch. Die Stimmen werden lauter,

die das Land am Bosporus bereits auf dem Weg in eine gefährliche

Abwärtsspirale sehen. Ablesbar ist dieser voranschreitende

Vertrauensverlust am drastischen Kursverfall der türkischen Lira. Die

Entscheidung der türkischen Währungshüter, die Liquidität in der

Landeswährung nun durch den Ausfall einer Ein-Wochen-Repo-Auktion zu

verknappen, hat den Wechselkurs am Donnerstag kurzfristig zwar

deutlich gestärkt - wobei hier auch der zur Schwäche neigende Dollar

hineinspielte. Doch spricht derzeit nichts dafür, dass diese Erholung

in eine Phase der Stabilisierung führt.

Durch die Verteuerung der inländischen Nachfrage nach

ausländischen Devisen verlangsamt sich der Kapitalabfluss aus dem

"Hot Money"-Land wohl. Ökonomen sind sich aber einig: Statt

Liquiditätsverknappung wäre eine markante Zinserhöhung angesagt. Doch

dazu scheint die türkische Zentralbank (CBT) offenbar nicht mehr

fähig zu sein, da dies kurzfristig die Wirtschaft belasten würde und

von Präsident Recep Tayyip Erdogan kategorisch abgelehnt wird. Damit

verliert die CBT ihre Glaubwürdigkeit, die sie mit ihren Reaktionen

auf Lira-Schwächen zuletzt 2014 bewiesen hatte. Sie kann

Stützungskäufe vornehmen, doch ihre Fremdwährungsreserven sind

endlich und nur einige Tropfen im Feuer.

Der Aufruf Erdogans, die Notenbank müsse jetzt einen Abwehrkampf

gegen angeblich substanzlose Devisenspekulationen führen - die er

noch dazu gleichauf stellt mit bewaffneten Angriffen auf sein Land -

lassen Schlimmeres befürchten. Von einem tumultuösen Parlament will

sich der Autokrat das Regieren per Dekret absegnen lassen, dabei

blendet er aus, was die ökonomischen Gründe für den Lira-Verfall

sind. Sein Land weist ein hohes Leistungsbilanzdefizit aus, das sich

über die vergangenen zwölf Monate bis November auf 33,6 Mrd. Dollar

summierte, rund 4,5% des Bruttoinlandprodukts. Ohne permanente

Investitionen und Mittelzuflüsse aus dem Ausland kann das Land sein

Niveau nicht halten. Seit dem gescheiterten Putsch 2016 greift die

Regierung Erdogan tiefer und tiefer in Freiheits- und Besitzrechte

ein, was auch Investoren abschreckt. Die Sicherheitslage ist prekär.

Die Aussicht auf höhere US-Zinsen macht es der Türkei schwer,

frisches Geld anzulocken. Mit seiner politischen Verhärtung macht

dies Erdogan ganz unmöglich. Die Lira wird gemessen am Potenzial des

80-Millionen-Staates viel zu schwach bleiben, die Wirtschaft weiter

unter Druck geraten. Eine Wende zum Besseren ist nicht in Sicht.

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