22.07.2016 14:25:00
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Nowotny sieht "erhöhte Nervosität" im türkischen Markt nach Putschversuch
"Die türkische Notenbank ist aber bereit, entsprechend zu helfen", sagte der österreichische Notenbankchef am Freitag im APA-Interview. Die EZB-Banker haben bei ihrer gestrigen Ratssitzung in Frankfurt laut Nowotny auch die Situation in der Türkei und das Brexit-Votum diskutiert. "Es ist eine Verunsicherung gegeben, speziell im Fall der Türkei, mit möglichen Auswirkungen auf Europa." Der Firmensektor in der Türkei habe erhebliche Fremdwährungskredite und sei dadurch von der Währungsabwertung der türkischen Lira betroffen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat kürzlich vor allem wegen des Brexit-Votums die Wachstumsprognose für das Jahr 2017 von Deutschland um 0,4 Prozentpunkte auf 1,2 Prozent und für die Eurozone um 0,2 Prozentpunkte auf 1,4 Prozent gesenkt. Nowotny erwartet "nicht so einen starken Effekt", der IWF sei "eher auf der pessimistischen Seite". Die Märkte hätten auf den Ausgang des EU-Referendums "vergleichsweise gering" reagiert.
"Es ist wichtig, möglichst rasch eine Lösung zu finden, und nicht die zwei Jahre Verhandlungszeit auszuschöpfen", betonte Nowotny. Über die Zukunft der wichtigen Euro-Clearing-Häuser in London wollte der EZB-Rat nicht spekulieren. Nur Rosinenpicken werde es für die City of London aber nicht geben.
Die Lage der italienischen Banken will Nowotny "nicht überdramatisieren". "Bei der drittgrößten italienischen Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS) gibt es ein aktuelles Problem". Es sei "notwendig, in sehr rascher Zeit eine konkrete Lösung zu finden". Bei den anderen Banken seien die notleidenden Kredite (NPLs) "ein lösbares Problem, etwa mit dem bewährten Modell einer Bad Bank."
Insgesamt sieht Nowotny den europäischen Bankensektor heute im Vergleich zur Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 "deutlich stabiler". Die EZB und Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) veröffentlichen am 29. Juli die Ergebnisse ihres Bankenstresstests. "Wir gehen davon aus, dass sich die erhebliche Verstärkung der Kapitalausstattung in den letzten Jahren auch positiv zeigen wird", so Nowotny.
Den österreichischen Bankensektor sieht der OeNB-Gouverneur nun deutlich besser aufgestellt als vor der Wirtschaftskrise. "Der Volksbanken-, Sparkassen-, und Raiffeisen-Sektor haben bereits erhebliche Restrukturierungsschritte gesetzt." Auf der Kostenstrukturseite werde man aber weitere Schritte setzen müssen. Im internationalen Vergleich würden die österreichischen Banken noch immer über eine hohe Geschäftsstellendichte verfügen. Das grüne Licht für die Abspaltung des Osteuropa-Geschäfts der Bank Austria erwartet der Notenbanker noch im Sommer. Zu möglichen Bedingungen sagte er: "Es gibt ein Interesse, dass die Bank Austria entsprechend mit Kapital ausgestattet ist". Nowotny geht "davon aus, dass das auch erreicht wird".
In die Kontroverse um die Einführung von Bankomatgebühren in Österreich will sich die OeNB nicht einmischen. "Das ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung der Banken und kein Thema der Notenbank." Bei der Diskussion um die Abschaffung des Bargeld beruhigt der Notenbanker: Im EZB-Rat hat Nowotny gegen die Abschaffung der 500-Euro-Scheins gestimmt, weil er "aus psychologischen Gründen" nicht der Bargeld-Diskussion Vorschub leisten wollte. "Es wird sicher kein anderer Schein abgeschafft."
(Schluss) cri/rf
WEB http://www.oenb.at/
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