Nachhaltiger Handel |
15.06.2022 23:00:00
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Nachhaltige Anlagen: Warum 2021 ein Erfolgsjahr für ESG-Investments war
• Nachhaltige Aktien mit starker Performance
• Signal für stabiles Unternehmen?
ESG-Kriterien gewinnen auch am Aktienmarkt zunehmend an Bedeutung
Der ESG-Trend hat die Börsen längst erreicht. So werden Anlegern immer mehr Finanzprodukte angeboten, durch die ein nachhaltiges Investieren ermöglicht werden soll. Die Abkürzung deckt die Faktoren Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensleitung (Governance) ab und soll sicherstellen, dass Unternehmen, die diese Grundsätze befolgen, nachhaltig agieren. Zuletzt machte der US-amerikanische E-Autobauer Tesla von sich reden, nachdem der Betreiber des S&P 500 ESG den Konzern von Unternehmer Elon Musk kurzerhand aus dem Nachhaltigkeitsindex schmiss. Bei einer Neugewichtung der Zusammenstellung von ESG-Konzernen habe man Tesla aufgrund seines CO2-Ausstoßs, Berichten über schlechte Arbeitsbedingungen sowie der fehlenden Aufarbeitung der "Autopilot"-Unfälle nicht mehr berücksichtigen können, erklärte S&P Dow Jones Mitte Mai.
Interesse an ESG-Investments steigt
Und auch wenn der Tesla-Rausschmiss nicht nur bei CEO Elon Musk zu Kritik führte, so findet das Thema doch immer mehr Unterstützer. Nach Angaben des Finanzdienstleisters Refinitiv Lipper erhielten ESG-Fonds zwischen Januar und November 2021 weltweit Zuflüsse über 649 Milliarden US-Dollar. In den Gesamtjahren 2019 und 2020 betrugen die Investitionen jeweils 285 Milliarden US-Dollar bzw. 542 Milliarden US-Dollar. Damit sollen die nachhaltigen Fonds im vergangenen Jahr zehn Prozent des weltweiten Fondsvermögens ausgemacht haben.
Auch der Vermögensverwalter AXA Investment Managers, ein Tochterunternehmen des französischen Versicherungskonzerns AXA, beobachtet diesen Trend zu nachhaltigen Investments. Im Rahmen einer Studie untersuchten die Strategen die Performance von ESG-Anlagen im vergangenen Jahr.
Vermeidung von ESG-Risiken
"Beim verantwortlichen Investieren geht es ganz wesentlich darum, Aktien mit hohen ESG-Risiken zu meiden", heißt es von Analystin Hina Varsani aus den Studienergebnissen. Daher sollten Unternehmen in einer Vorauswahl auf ihren ökologischen Fußabdruck untersucht werden. Dabei können einige Branchen gänzlich ausgeschlossen werden, gibt die Strategin zu bedenken. "Dazu zählen Emittenten mit hohen Klimarisiken, Hersteller und Händler umstrittener Waffen sowie Unternehmen, die zur Entwaldung und der Zerstörung von Ökosystemen beitragen. Ausgeschlossen wird aber auch die Soft-Commodity-Branche, weil kurzlaufende Finanzinstrumente etwa bei Weizen und Sojabohnen für Preisauftrieb sorgen können." Auch werden Unternehmen ausgeschlossen, die etwa in der Tabakproduktion tätig sind oder deren Geschäfte weißen Phosphor involvieren.
Allgemeingültige und spezifische ESG-Kriterien
Die Performance der ESG-Aktien berechnete das Institut anhand des MSCI All Country World Index (ACWI), der unterschiedlich große Unternehmen aus entwickelten Ländern sowie Schwellenländen beinhaltet, entfernte daraus jedoch Aktien, die nicht den allgemeinen sowie den spezifischen Nachhaltigkeitsstandards des Finanzdienstleisters entsprechen. Dies habe den Index in den Berechnungen 4,1 Prozent an Marktkapitalisierung gekostet.
Im vergangenen Jahr lag der Gesamtertrag des Index vor Abzug laut AXA-Analysten bei 18,54 Prozent, nachdem man die ESG-kritischen Werte aber herausgerechnet hatte, stieg der Ertrag auf 19,1 Prozent und lag damit 57 Basispunkte höher. Vor allem die ESG-Richtlinien der AXA Investment Managers hätten laut Bericht zu einem Anstieg geführt. "Der Mehrertrag durch die Ausschlüsse bestätigt uns aber darin, dass eine ESG-Vorauswahl nicht unbedingt schadet und darüber hinaus vor ESG-Extremrisiken schützt", so Varsani.
ESG-Aktien mit stärkerer Performance
Erneut haben sich die Experten den MSCI All Country World Index genauer angeschaut, allerdings nicht im Hinblick auf die Marktkapitalisierung der Unternehmen, sondern in gleicher Gewichtung. Anschließend wurde eine Einteilung in Sektoren vorgenommen, innerhalb derer die Unternehmen dann nach Börsenwert zugeordnet wurden. Mögliche Zweitnotierungen wurden jedoch nicht berücksichtigt. "Anschließend haben wir die Aktien anhand der regional bereinigten ESG-Punktzahlen in Quartile eingeteilt", erklärt Varsani weiter. "Um Sektor- und Stilverzerrungen auszuschließen, geschah das innerhalb der Untergruppen aus dem Schritt zuvor." Das erste Quartil umfasst damit die Unternehmen mit dem besten ESG-Score, das vierte diejenigen mit der niedrigsten ESG-Bewertung. Im Vergleich mit Werten aus schwachen Quartilen, performte das Top-Quartil deutlich besser. Die AXA-Analysten konnte hier einen Mehrertrag über 540 Basispunkte feststellen, im Vergleich zum ACWI schnitten die ESG-Gewinner um 260 Basispunkte besser ab. Konzerne aus dem vierten Quartil lagen jedoch 300 Basispunkte hinter dem Index.
Geringer Unterschied bei ESG-Anleihen
Anders sieht es jedoch bei den Anleihen aus. Hierzu zogen die Experten den ICE BofA Global Corporate Index (G0BC) heran und wendeten dieselben ESG-Richtlinien, wie sie bereits beim ACQI zum Tragen kamen, an. Dadurch wurden etwa zehn Prozent des Index herausgestrichen, wie Analyst William Mahoney erklärt. Dennoch habe sich an der Performance nicht viel getan. So haben sich der Index und das ESG-Modell der AXA-Strategen im Jahresschnitt für 2021 nur um weniger als einen Basispunkt unterschieden. "Dies könnte darauf hindeuten, dass die Anwendung des ESG- und RI-Screenings den Anlegern die Möglichkeit eröffnet, mit dem breiten Markt Schritt zu halten oder ihn leicht zu übertreffen und gleichzeitig einen gewissen Schutz gegen ESG/RI-bezogene Tail-Risiken zu bieten", heißt es dazu von Seiten der Analysten.
ESG-Filter können Anlegern als Orientierungshilfe dienen
Anschließend filterten die AXA-Experten die Berechnungen aber noch nach Positionen, die einen ESG-Score von fünf oder mehr Punkten aufweisen können - was den Index um etwa 35 bis 40 Prozent schmälerte. "Dies sollte dazu beitragen, die mit ESG-Faktoren verbundenen Tail-Risiken zu mindern, hat aber auch den Effekt, dass unser Portfolio auf Unternehmen ausgerichtet ist, die im Vergleich zum Index typischerweise höhere Werte erzielen." Hier konnten die Strategen erkennen, dass die Top-ESG-Papiere den Index um fünf Basispunkte schlugen. "Die Anwendung solcher Filter und ESG-Bewertungen kann dazu beitragen, positive Kriterien für die Kreditauswahl zu liefern, die potenziell zur Gesamtperformance beitragen können." Darüber hinaus könne ein hoher ESG-Score bei Unternehmen auch über den Umweltaspekt hinaus ein Signal für eine effektive Konzernleitung und langfristige Geschäftsstrategien sein.
Regulierung von ESG-Kriterien gefordert
Kritiker des ESG-Sektors bemängeln hingegen, dass der Begriff häufig für Greenwashing missbraucht werde. Damit geben Unternehmen vor, nachhaltiger zu agieren, als dies tatsächlich der Fall ist. Aus diesem Grund will nun die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gegen die Täuschung von Anlegern durch scheinbar nachhaltige Investments vorgehen - und die Kriterien regulieren. Auch der ESG-Dienstleister Novata forderte zuletzt eine Anpassung der Bewertungsstrategie, die auf Unternehmen zur Ermittlung eines ESG-Scores angewendet wird.
Redaktion finanzen.at
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