DAX
23.11.2018 13:40:43
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MARKT-AUSBLICK/Mehr als eine technische Erholung ist nicht drin
Von Manuel Priego Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Zeiten an den Börsen bleiben schwierig. Positive Nachrichten vom EU-Gipfel am kommenden Wochenende zwischen London und Brüssel oder vom G20-Treffen am Wochenende darauf haben sicherlich das Zeug, eine lange überfällige Gegenbewegung im DAX auszulösen. Einen Befreiungsschlag für die Märkte werden sie nicht liefern. Denn selbst wenn sich die Beteiligten auf dem EU-Gipfel auf einen Kompromiss einigen sollten, ist eine Zustimmung durch das britische Parlament mehr als ungewiss. Mit Blick auf das G20-Treffen scheinen die Gräben zwischen den USA und China zu tief, als dass eine echte Lösung des Konflikts möglich scheint.
Nach dem jüngsten Ausverkauf ist der DAX reif für eine Gegenbewegung. Den Grund hierfür könnte der EU-Gipfel an diesem Wochenende liefern. Nach den jüngsten Annäherungen sind die Chancen nicht schlecht, dass sich London und die EU-Länder auf die Brexit-Austrittsmodalitäten einigen werden. Allerdings ist es mehr als ungewiss, ob das britische Parlament einem Kompromiss zustimmen wird. Die Commerzbank setzt die Wahrscheinlichkeit dafür gerade einmal mit 45 Prozent an. Sollte das Parlament tatsächlich "Nein" sagen, könnten Nachverhandlungen, Neuwahlen oder gar ein neues Referendum zum Verbleib Großbritanniens in der EU die Folge sein.
Einigung beim Brexit-Gipfel droht zum Kurs-Strohfeuer zu werden
Für die Börsen würde dies vor allem neue Unsicherheiten bedeuten. Sollte es am Wochenende in Brüssel also zu einer Einigung auf Regierungsebene kommen und der DAX darauf am Montag mit Kursgewinnen reagieren, könnten sich diese als kurzfristiges Strohfeuer erweisen. Ähnlich gelagert erscheinen die Risiken beim G20-Treffen am Wochenende darauf. Mögliche positive Tweets von US-Präsident Donald Trump haben sicherlich das Zeug, eine Erholungsrally an den weltweiten Börsen auszulösen. Die Anleger sollten aber vorsichtig sein, denn die Gräben zwischen den USA und China sind in der Zwischenzeit so tief, dass ein schnelles Überwinden des Konflikts unwahrscheinlich ist.
Der gescheiterte APEC-Gipfel hat bereits einen Vorgeschmack geliefert. Wie die Commerzbank ausführt, ist das Grundübel aus US-Sicht der unvollständige Übergang Chinas zu einer Marktwirtschaft. So werfen die USA China forcierten Technologietransfer vor. Auch werde intellektuelles Eigentum nicht ausreichend geschützt und die heimischen Industrien durch Subventionen und Handelsbarrieren bevorzugt. Diese Vorwürfe werden auch in Europa von vielen Politikern und Unternehmenslenkern geteilt. Das wird die Chinesen aber kaum zu einem Einlenken bewegen, denn die Ursachen liegen tiefer.
Eine wirkliche Marktwirtschaft ist laut der Commerzbank kaum mit dem Selbstverständnis der chinesischen Führung vereinbar und würde an den Grundfesten des chinesischen Staates rütteln. Schließlich gehöre es zu den obersten Zielen, die politische und wirtschaftliche Stabilität des Landes unter Führung der kommunistischen Partei sicherzustellen. Und hierfür seien nach ihrer Auffassung eine starke Zentralregierung, mächtige Staatsunternehmen und eine weitsichtige Industriepolitik und damit umfangreiche staatliche Eingriffe notwendig, die deutlich über das hinausgehen, was in den westlichen Ländern üblich sei.
Keine Aufhellung der Wirtschaftsaussichten in Europa
Von politischer Seite zeichnet sich somit keine nachhaltige Unterstützung für die Börsen ab. Aber auch von wirtschaftlicher Seite sind die Perspektiven eher mau. Die europäischen Einkaufsmanagerindizes sind im November weiter gefallen und sprechen für eine andauernde Konjunkturflaute in der Eurozone. In den USA läuft es zwar weiter rund, einige Beobachter befürchten allerdings, dass sich die dortige Wirtschaft mit dem Auslaufen des positiven Steuereffekts im kommenden Jahr merklich abkühlen wird. Sie sehen den jüngsten Verfall des Ölpreises weniger technisch begründet, sondern vielmehr als Ausdruck eines nahenden weltweiten Wirtschaftsabschwungs.
Für die Börsen heißt das, dass die Aussichten übergeordnet schwierig bleiben dürften. Technisch ist der DAX überverkauft, eine Gegenbewegung jederzeit möglich. Charttechnisch ist Luft bis zur 38-Tagelinie bei 11.513 Punkten. Nach unten gilt es die 11.000 Punkte-Marke zu halten. Sollte diese brechen, droht zunächst ein Rückfall in den Bereich von 10.500 Punkten. Dies hätte auch durchaus symbolischen Charakter, wäre doch damit die Trump-Rally, die mit der Übernahme des US-Präsidentenamtes durch Donald Trump begann, wieder vollständig ausgepreist.
Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com
DJG/mpt/cln
(END) Dow Jones Newswires
November 23, 2018 07:40 ET (12:40 GMT)
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