12.06.2015 14:30:46

KONJUNKTUR IM BLICK/Die Woche der Zentralbanken

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--Während in Europa die griechische Krise unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank (EZB) einer Entscheidung zutreibt, können sich andere Zentralbanken auf klassische Geldpolitik konzentrieren. US-Notenbank, Schweizerische Nationalbank (SNB) und Bank of Japan (BoJ) entscheiden am Mittwoch, Donnerstag und Freitag über ihren geldpolitischen Kurs. Konjunkturdaten sind in der nächsten Woche dünn gesät.

   Von besonderem Interesse ist die Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der Fed. Zwar wird für Mittwoch (20.15 Uhr) noch keine Leitzinserhöhung erwartet, doch veröffentlicht das Gremium seine Prognosen für die Leitzinsentwicklung. Beobachter hoffen auf entscheidende Hinweise zu der Frage, ob die Fed ihre Zinsen noch in diesem Jahr anheben wird. Zudem kommen Prognosen zu Wachstums- und Inflationsentwicklung.

   Die Lage in den USA ist von der Papierform her klar: Der Arbeitsmarkt läuft schon seit längerem sehr gut. In letzter Zeit mehren sich auch die Anzeichen dafür, dass die Konjunkturschwäche im ersten Quartal wohl ein Ausrutscher gewesen ist. Zudem deutet die Lohnentwicklung auf einen perspektivisch zunehmenden Inflationsdruck hin. Die Zutaten für eine Zinserhöhung in diesem Jahr sind also beisammen.

   So hatten das im März auch noch die FOMC-Mitglieder gesehen: Für 2015 rechneten sie überwiegend mit einer Zinsanhebung von derzeit 0 bis 0,25 Prozent auf 0,50 Prozent. 2016 soll die Fed Funds Rate dann schon bei 1,50 Prozent liegen und 2017 bei mindestens 3,00 Prozent. Die Finanzmärkte kaufen dem FOMC diese Geschichte aber offenkundig nicht ab. Sie preisen einen weitaus flacheren Zinspfad ein und warten sicherlich mit Spannung darauf, welche neuen Prognosen ihnen die FOMC-Mitglieder präsentieren werden.

   Das Hauptproblem der SNB besteht in der Stärke des Franken. Bis Januar war folgerichtig die Fixierung des Franken gegenüber dem Euro ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument, um dem allgegenwärtigen Deflationsdruck zu begegnen. Seit sie diese Fixierung aufgegeben hat, interveniert die SNB zwar noch sporadisch am Devisenmarkt, muss aber insgesamt mit einem deutlich stärkeren Franken leben. Statt 1,20 müssen für einen Euro gegenwärtig nur knapp 1,05 Franken gezahlt werden.

   Die Auswirkungen blieben bisher im Rahmen des Erwarteten. Die Exporte sanken im ersten Quartal leicht, während die Importe kräftig zulegten. Dank der guten Binnennachfrage hielt sich der Rückgang der Wirtschaftsleistung (minus 0,2 Prozent) in Grenzen.

   Wichtigstes geldpolitischen Instrument ist nun wieder der Leitzins. Der Zielsatz für den Franken-Libor liegt zwischen minus 1,25 und minus 0,25 Prozent, für Einlagen bei der Zentralbank müssen 0,75 Prozent Zinsen gezahlt werden. Im April hat die SNB die Kriterien für eine Befreiung von diesem Zins noch einmal verschärft. Eine weitere Senkung der Zinsen ist vorerst nicht zu erwarten. Die geldpolitischen Beschlüsse werden am Mittwoch um 9.30 Uhr mitgeteilt.

   Auch die Bank of Japan (BoJ) dürfte zunächst keine weiteren Lockerungsschritte unternehmen. Zwar hat die BoJ wie auch andere Zentralbanken mit den inflationsdämpfenden Effekten niedriger Ölpreis zu kämpfen, doch sprechen die zu erwartenden Basiseffekte beim Ölpreis für eine baldige Erholung der Inflationsrate. Zudem bessert sich die Lage am Arbeitsmarkt.

   Sollte die Inflationsrate in den kommenden Monaten allerdings weiter sinken, könnte sich die BoJ zu neuen Maßnahmen entschließen. Kurzfristig spricht gegen eine weitere Lockerung jedoch die Einschätzung von BoJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda, dass der handelsgewichtete Außenwert des Yen nicht mehr sehr viel weiter sinken könne. Die BoJ wird ihre geldpolitischen Beschlüsse am frühen Freitagmorgen (MESZ) bekannt geben.

   Obwohl die EZB in der nächsten Woche nicht über ihre Geldpolitik entscheidet, bleibt sie nicht untätig. Am Montagnachmittag um 15.45 Uhr teilt sie mit, wie viele Staatsanleihen die Eurosystem-Zentralbanken in der vergangenen Woche gekauft haben. Seit EZB-Direktor Benoit Coeure ein leichtes Vorziehen von Käufen aus den umsatzschwachen Sommermonaten angekündigt hat, warten Beobachter vergeblich, dass sich dieser Plan auch in konkreten Ankaufzahlen zeigt. In der Vorwoche war davon nichts zu sehen.

   Am Mittwoch entscheidet der EZB-Rat erneut über die Notkreditversorgung griechischer Banken, am Donnerstag tagt die EZB-Generalversammlung, und das vierte langfristige und gezielte Refinanzierungsgeschäft (TLTRO) wird zugeteilt. Im Zusammenhang mit dem Griechen-Drama ist zudem die Sitzung der Euro-Finanzminister am gleichen Abend von Interesse.

   Konjunkturdaten sind in dieser Woche relativ dünn gesät. Lediglich die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland stehen auf dem Programm (Dienstag 11.00 Uhr). Erwartet wird ein kräftiger Rückgang.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   June 12, 2015 08:00 ET (12:00 GMT)

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