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19.06.2015 11:53:46

INTERVIEW/Merck hält trotz EU-Auflagen an Synergieziel bei Life-Science fest

   Von Heide Oberhauser-Aslan

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Übernahme des US-Unternehmens Sigma-Aldrich für gut 13 Milliarden Euro, der größte Firmenzukauf in der Unternehmensgeschichte des deutschen Merck-Konzerns, steht kurz vor dem Abschluss. Noch muss Merck auf Geheiß der EU-Kommission einige Aktivitäten aus dem gemeinsamen Geschäft verkaufen. Auch kartellrechtliche Genehmigungen in Brasilien und Korea stehen noch aus. Doch Bernd Reckmann, der im Merck-Vorstand unter anderem für den Bereich Life Sciences verantwortlich ist, hält am Ziel fest, im dritten Jahr nach der Übernahme Synergien in Höhe von 260 Millionen Euro zu erzielen.

   Reckmann wollte nicht ausschließen, dass sich das Potenzial sogar noch erhöhen könnte. "Ob wir noch ein bisschen mehr liefern können, wird die Zeit zeigen", sagte der Manager im Interview mit Dow Jones. Die Synergien sollen aus allen Geschäftsfunktionen und Regionen stammen.

   Wie viele Arbeitsplätze das weltweit kosten wird, wollte Reckmann nicht beziffern. Es handele sich dabei aber nicht nur um Einsparungen bei den Personalkoste, meinte er. Einen erheblichen Einspareffekt werde Merck etwa auch erzielen, wenn Sigma-Aldrich nicht mehr gelistet sei. "Das sind schon Millionen-Beträge, die da eingespart werden", sagte Reckmann.

   Mit der in dieser Woche erteilten Freigabe der EU-Kommission hat Merck die letzte große Hürde nach der Zustimmung der US-Behörden genommen. Allerdings muss Merck auf Geheiß der EU unter anderem Teile des europäischen Geschäfts für Lösungsmittel und anorganische Stoffe von Sigma-Aldrich verkaufen. Zum Wert der Aktivitäten, die nun veräußert werden müssen, machte Reckmann keine Angaben. Er stellte aber klar, dass die Auflagen die Übernahme nicht wesentlich tangieren werden. "Die Auflagen führen zu keiner erheblichen Änderung des Deals oder des Volumens", sagte er.

   "Sie sind aber jetzt eine zusätzliche Hürde, die wir nehmen müssen und die auch Ressourcen bindet", räumte er ein. Ein Closing könne Merck erst dann vornehmen, wenn ein entsprechender Käufer gefunden sei. Interessenten für die zum Verkauf stehenden Assets gebe es, sagte er ohne Namen zu nennen.

   Mit der Übernahme von Sigma-Aldrich wird das Life-Science-Geschäft von Merck vor allem in den USA kräftig wachsen und sich der Umsatz dort mehr als verdoppeln. Weltweit wird Merck dann im klassischen Laborgeschäft nach dem deutlich größeren Branchenprimus Thermo Fisher auf Platz 2 liegen. Weitere Wettbewerber sind GE Healthcare und Pall, in Teilbereichen Sartorius, BioMerieux, Perkin Elmer und VWR.

   Auch die Profitabilität des Life-Science-Geschäfts wird sich mit der Übernahme von Sigma-Aldrich verbessern. Die bereinigte EBITDA-Marge ist bei Sigma-Aldrich mit 30 Prozent schon heute höher als bei Millipore, dem heutigen Life-Science-Geschäft von Merck mit knapp 25 Prozent. Das liegt vor allem an der sehr effizienten E-Commerce-Plattform von Sigma-Aldrich. Zudem wendet der Neuerwerb derzeit mit 2 bis 3 Prozent der Erlöse deutlich weniger für Forschung und Entwicklung auf als Millipore mit 6 Prozent der Erlöse.

   Reckmann sieht bei der Marge im Life-Science-Geschäft noch Potenzial nach oben: "Die Anfangsmarge der beiden kombinierten Geschäfte wird höher sein als bei Millipore allein, wir erwarten dass sie sich mit der Zeit dank der Synergien und weiterer Geschäftsoptimierungen oder möglicherweise anderen zusätzlichen Wachstumsmöglichkeiten weiter verbessern wird", sagte er.

   Dabei helfen wird unter anderem die attraktive E-Commerce-Plattform von Sigma-Aldrich, die auch für Produkte von Millipore über die Zeit verfügbar gemacht werden soll.

   Mit der Erfüllung der EU-Auflagen will der Manager jetzt rasch vorankommen. "Wir haben das Ziel, das möglichst schnell zu machen, damit wir möglichst schnell zum Closing kommen. Das wird nicht am 30. Juni sein aber auch nicht erst Ende Oktober", sagte er.

   Derzeit ist Merck schon dabei die Integration vorzubereiten. "Das Team mit den wichtigsten Know-how- und Funktionsträgern beider Unternehmen, das den Integrationsprozess steuern soll, ist nach Angaben von Reckmann bereits gebildet worden. " Jetzt müssen wir - sobald wir dürfen - tiefer in die Themen einsteigen".

   Der Manager rechnet mit einer raschen und reibungslosen Integration des US-Konzerns. "Ich erwarte eine arbeitsintensive, aber insgesamt zielführende und geräuschlose Integration", sagte er. "Dank Millipore haben wir eine hohe Expertise im Life-Science-Geschäft und sind zu einem wichtigen Spieler in der Branche geworden. Wir verstehen den Markt und die Kunden und haben von daher jetzt eine bessere Ausgangsposition bei der Integration als seinerzeit bei Millipore, sagte der Manager. Zudem habe Merck von der Integration der beiden Unternehmen Millipore und AZ Electronic Materials viel gelernt.

   Den US-Laborausrüster Millipore hatte Merck 2010 für 5,3 Milliarden Euro geschluckt und damit sein Laborgeschäft stark ausgebaut. 2014 gelang die Übernahme der britischen Spezialchemiefirma AZ Electronic Materials für zwei Milliarden Euro mit der Merck die Chemiesparte Performance Materials stärkte. "Wir haben nun einen Schatz an Erfahrungen, die wir hier anwenden werden", sagte Reckmann.

   Aus den vorangegangen Deals habe Merck gelernt, die Zeit der Unsicherheit für die Mitarbeiter möglichst kurz zu halten, erklärte der Manager. "Zudem sollte man versuchen, die Mitarbeiter einzubeziehen und mitzunehmen", meinte er. Reckmann ist sich sicher, dass Merck den Prozess erfolgreich abschließen wird.

   "Merck und Sigma haben ähnliche Werte, das wird uns helfen störungsfrei durch den Prozess zu kommen", meinte er.

   Reckmann geht davon aus dass es nach dem Abschluss der Übernahme noch kein Jahr dauern wird, bis die grobe Richtung klar sein wird. "Bis jeder weiß wo er hingehört, an wen er berichtet und wie wir in einer kombinierten Organisation arbeiten, brauchen wir einige Monate", meinte er. Die Ausbildung einer gemeinsamen Identität das haben die Integration von Millipore und Serono gezeigt, werde aber deutlich länger, - Jahre dauern.

   Was aus den Namen Millipore und Sigma-Aldrich werden wird, ist noch nicht endgültig entschieden. "Aktuell arbeiten wir an einer Lösung, mit diesen bewährten Marken weiter im Markt erfolgreich zu sein und gleichzeitig unsere Dachmarke Merck zu stärken", sagte Reckmann. Für weitere Details sei es aber noch zu früh, meinte er.

   Zu Anfang des Jahres hatte Merck seine Unternehmensbereiche mit Healthcare, Life Science und Performance Materials neu aufgestellt und damit gleichzeitig Wachstumsplattformen festgelegt, auf die sich das Unternehmen künftig konzentrieren will. Die Geschäfte von Millipore und Sigma-Aldrich sollen dabei in "Life Science" zusammengefasst werden.

   Reckmann rechnet mit einer weiteren Konsolidierung in der Life-Science Branche deren Marktvolumen auf 130 Milliarden Dollar geschätzt wird. Weitere größere Übernahmen will Merck auf absehbare Zeit aber nicht stemmen. Für größere Akquisitionen sehen wir derzeit keine Notwendigkeit. "Wir sind momentan als Nummer 2 sehr gut aufgestellt und haben extrem viel zu tun. Wir wollen sobald alle ausstehenden Kartellgenehmigungen erteilt sind, die Übernahme von Sigma-Aldrich rasch zum Abschluss bringen und das Unternehmen erfolgreich integrieren". Vorrang habe bei Merck nun die Rückführung der Verschuldung. Kleinere Zukäufe schloss der Manager aber nicht aus. "Im Einzelfall, wenn es eine tolle Technologie wäre sind wir aber immer bereit zu handeln", sagte er.

   Kontakt zum Autor: heide.oberhauser@wsj.com

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   June 19, 2015 05:23 ET (09:23 GMT)

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