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26.11.2025 12:30:00
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Industrie: Bei der Lehre ist die Bildungspolitik gefragt
Im Schnitt entscheiden sich 38 Prozent der Jugendlichen für eine Lehre. Allerdings gelte es, auch künftig das Interesse an den 230 Lehrberufen zu wecken. Absolvierten vor zwei Jahren 108.200 Lehrlinge eine Ausbildung, so waren es im Vorjahr um 1,7 Prozent weniger. Rund 1.200 Industriebetriebe bilden im Schnitt 13,8 Lehrlinge pro Betrieb aus, sagte IV-Präsident Georg Knill vor Journalisten. Im Durchschnitt aller Branchen sind es 3,7 Lehrlinge. Die Industrie investiere zudem rund 140.000 Euro in jeden Lehrling. Die Facharbeiter von morgen seien dringend nötig, so Knill. Denn aufgrund des demografischen Wandels drohe in den nächsten zehn bis zwölf Jahren eine Lücke von 540.000 Arbeitskräften.
Berufsorientierung und Bildungspflicht
Damit die Lehre den entsprechenden Stellenwert in der Gesellschaft bekomme, sei aber auch die Bildungspolitik gefragt: Die Reformvorschläge der Lehrlingsinitiative und der Industriellenvereinigung sehen unter anderem eine durchgängige Berufsorientierung an allen Schulen sowie eine "Bildungspflicht" bis zum Alter von 14 Jahren vor. "Bildungs- und Berufsorientierung ist eine Kernaufgabe des Bildungssystems", so Knill, "sie kann nicht nur vom individuellen Engagement von Lehrkräften und Schulleitungen abhängig sein." Rund 20 Prozent der Pflichtschulabsolventen hätten nur rudimentäre Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen, merkte Knill zum Thema Bildungspflicht an.
Die Berufsschulen sollten zudem modernisiert werden. Auch die Vernetzung mit den Unternehmen sollte forciert werden. Quereinsteiger aus der Industrie und Wirtschaft müssten leichter an Berufsschulen unterrichten können, so ein weiterer Vorschlag der beiden Interessensvertretungen. Derzeit seien 54 Prozent der Berufsschul-Lehrerinnen und -Lehrer über 50 Jahre alt. In den AHS ist der Anteil der Lehrer über 50 derzeit bei 35 Prozent.
Zentrale Anlaufstelle
Zudem bedürfe es einer zentralen politischen Anlaufstelle. Daher fordern z.l.ö. und IV im Rahmen einer Fachkräftestrategie eine eigene Stabsstelle im zuständigen Ministerium. Derzeit seien vier Ministerien für die Lehrausbildung verantwortlich: Neben dem Wirtschaftsministerium auch jenes für Bildung, für Arbeit und für Wissenschaft.
Robert Machtlinger, FACC-CEO und Präsident des z.l.ö., warnte zudem vor einer drohenden Finanzierungslücke bei der staatlichen Basisförderung. Einerseits würden Unternehmen die Ausbildung von 38 Prozent der Jugendlichen übernehmen, andererseits seien diese bereits Teil des Sozialsystems. "Deshalb müssen auch jene Betriebe, die ausbilden, gezielt unterstützt werden", sagte Machtlinger. Die Basisförderung deckt derzeit 2 Lehrlingseinkommen im ersten Lehrjahr und jeweils eines in den folgenden Jahren.
Mit der Lehre zum Firmenchef
Machtlinger sieht sich selbst als bestes Beispiel dafür, dass die Lehre eine gute Basis für die spätere Karriere sein kann: Er machte bei Fischer Ski eine Lehre als technischer Zeichner - und ist heute Chef des Zulieferers der Luftfahrtindustrie und der früheren Tochter des Skiherstellers. Generell seien auch die Verdienstmöglichkeiten nicht geringer als bei anderen Ausbildungen. Vom Lebenseinkommen her gebe es zu akademischen Ausbildungen keinen Unterschied, betonten Knill und Machtlinger.
fel/tpo
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